Vor einigen Wochen hat Stefan Kühl, Organisationssoziologe an der Universität Bielefeld, via Twitter auf seinen Artikel „Wie gehen Leitungen mit Illegalität um?“ aufmerksam gemacht. Er thematisiert darin die alltäglichen Regelverstöße von Mitarbeiter*innen in Hochschulen und betrachtet es unter dem Aspekt der brauchbaren Illegalität, ein Begriff, der auf Niklas Luhmann zurückgeht. Folgender Satz ist mir beim Lesen hängen geblieben: „Letztlich stellt erst die alltäglich praktizierte Illegalität sicher, dass Organisationen überhaupt funktionieren.“ Mein erster Impuls hierauf: Das darf doch so nicht sein! Weiterlesen „Gedanken zur brauchbaren Illegalität in Hochschulen“
Monat: November 2020
Agil unterwegs sein. Ein Gespräch über ausgetretene und neue Wege, Stand- und Fluchtpunkte und Freiheit als unsere Notwendigkeit
Wolf:
Liebe Veronika, wir haben uns hier gemeinsam an den virtuellen Tisch gesetzt, um uns über Freiheit zu unterhalten. Was bedeutet für uns Freiheit? Wie ist sie privat und persönlich konnotiert? Wie beruflich und im Team?
Ich denke meistens in der Unterscheidung “Freiheit von” und “Freiheit zu”.
Eine große Energie bringt mir immer der Gedanke der “Freiheit von”: mich befreien von den Zwängen der all-verwalteten Welt. Ausbrechen. Losfahren. Aufsteigen. Von hohen Schwimmtürmen springen. Wellenreiten. Kein Ziel vor Augen, nur den Weg entdecken und bahnen.
Und dann gehts nicht lang, und ich merke, dass ich den gebahnten Weg vermisse. Dass nach der ersten Stunde des Losfahrens der Zauber verfliegt

Vero:
Lieber Wolf. Der Aufschlag zu diesem Dialog war ja meine Mitteilung, dass ich meine Wohnung auflöse und ins Wohnmobil ziehe. Ganz nomadisch und ambulant unterwegs. Wände abbauen und Grenzen ignorieren. (OK, arbeiten muss ich trotzdem noch). Wie die meisten hast auch du mit offenem Mund reagiert. Viele Reaktionen mündeten rasch in die Nachfrage, ob ich keine Angst habe, wie mutig das denn sei und ob ich wirklich die Sicherheit meiner vier Wände einfach aufs Spiel zu setzen bereit wäre.
Für mich ist Freiheit, dass ich nicht mehr als irgend nötig in fixen Wegen, Wänden, Orten, Routinen und Gegebenem stecke.
Damit mir eins möglich bleibt: Gelegenheiten wahrnehmen. Merken, wenn sich ganz spontan und neu und neugierig etwas auftut und mich zum überrascht werden einlädt.
Und für diesen Teil der inneren und äusseren Freiheit sind mir Sicherheit und Geborgenheit im Bekannten weniger wichtig als das Entdecken und Erforschen. Das gibt mir Freiheit in mir. Und die schätze ich hoch.
Wolf:
Oh, liebe Veronika, das mit der Freiheit in mir kann ich sehr gut nachvollziehen. Das Loslaufen, das mir so wichtig ist, bedeutet ja zuerst einmal: sich freizugeben. (Selbst wenn es so etwas Ritualisiertes wie “Urlaub” ist, muss ich mir den ja erstmal “nehmen”.) Aber die Freiheit “in mir” drängt ja nach aussen, sie kann nicht in sich bleiben. Sie muss in die Welt gehen – das ist der westliche Weg, denke ich.
Das Scrum-Rollenmodell: Drei Rollen, eine Verantwortung

Scrum ist einer der agilen Managementrahmenwerke, die sich sehr gut für die Projektarbeit eignen. Gerade und insbesondere dann, wenn komplexe Fragen- und Themenstellungen entwickelt werden müsen, ist Scrum ein gute Wahl.
Der Scrum-Leitfaden (die Ausführungen beziehen sich auf die deutschsprachige Fassung vom November 2017) sieht drei Rollen vor. Folgende Rollen werden definiert:
- Product Owner
- Entwicklungsteam
- Scrum Master
Die Rolle des Product Owners hat ihren Fokus auf das „Mehrwert“ und das „Was“, das im Rahmen des Scrum-Projektes geschaffen werden soll. Die Rolle repräsentiert die Bedürfnisse und Wünsche der Auftraggeber im Projekt und achtet darauf, dass diese auch gewürdigt und berücksichtigt werden. Hinzu kommt das Entwicklungsteam, wir sprechen im Forum Agile Verwaltung gerne auch vom Umsetzungsteam. Hierbei handelt es sich um die Fachleute, die die Lösung „entwickeln“ und umsetzen. Dieses Umsetzungsteam besteht aus den Experten unterschiedlichster Fachrichtungen, die erforderlich sind, um gute Ergebnisse zu erzielen (Crossfunktionalität). Das Team der Experten organisiert sich selbst, weil sie als Fachleute am besten wissen, was sie benötigen, um ein gesetztes Ziel zu erfüllen. Idealerweise sind alle Mitglieder des Umsetzungsteams in der Lage, sich gegenseitig in ihren Aufgaben zu unterstützen, weshalb es innerhalb des Umsetzungsteams keine weitere Rollenunterteilung mehr gibt. Die Fachexperten haben ihren Fokus auf der Umsetzung und der Qualität der Umsetzung und arbeiten Hand in Hand mit dem Product Owner zusammen. Damit das Ganze funktioniert und zum Fliegen kommen kann, gibt es die Rolle des Scrum Masters als „Unterstützung“, die ihren Fokus auf der Produktivität des Scrum-Teams hat. Die wohl einzige Rolle innerhalb eines Scrum Teams, die darauf ausgelegt ist, sich in ferner Zukunft überflüssig zu machen.
Aus unserer Sicht ist wichtig zu verstehen, dass es innerhalb eines Scrum-Teams keine „echte“ Hierarchie gibt. Jede der drei Rollen ist gleichberechtigt, auch wenn jede der Rollen einen speziellen Fokus aufweist. Die Verantwortungsbereiche der verschiedenen Rollen überlappen sich bewusst. Das „zwingt“ die Mitglieder eines Scrum-Teams zur Zusammenarbeit und zum ständigen Dialog und soll sicherstellen, dass am Ende das Scrum-Team sich als ein Team versteht, das eine gemeinsame Verantwortung für das Ergebnis trägt. Es lässt sich sehr schön mit der Formel zusammenfassen: Drei Rollen, eine Verantwortung.
Zentral für das Verständnis von Scrum ist daher: Jede dieser drei Rollen hat einen Fokus im Sinne von „Führung“, und zugleich sind alle drei Rollen gleichermaßen für das Endergebnis verantwortlich. Ein deutlicher Bruch mit der tradierten Vorstellung, nach der eine Führungskraft die Verantwortung trägt. Zum besseren Verständnis werden wir uns die drei Rollen näher anschauen.
Blogpost: Experimentelle Entscheidungen – agil aus der Projektsackgasse.
20.000 Entscheidungen treffen wir täglich – sagen zumindest die Hirnforscher. Wären also über 7 Millionen Entscheidungen in einem Jahr. Wen wundert es da, wenn ein paar schlechte Entscheidungen dabei sind? Würden ja schon rein statistisch kaum ins Gewicht fallen…
Wobei: Natürlich beschäftigen uns die wenigsten der 20.000 Entscheidungen länger. Die, über die wir wochenlang grübeln, sind da wohl die Ausnahme – also wieder statistisch gesehen. Aber wenn dort eine falsche Entscheidung dabei ist, hängt sie uns manchmal ziemlich lange nach… Weiterlesen „Blogpost: Experimentelle Entscheidungen – agil aus der Projektsackgasse.“
Agile Methoden in der öffentlichen Verwaltung: Ja, das geht! Auch (und gerade) in der Schweiz.
Andreas Kurt und Dr. Marc Wülser, November 2020
Véro:
Lieber Andreas, lieber Marc. Hallo und willkommen hier bei uns am Forumstisch. Ihr beschäftigt Euch mit Agilität und mit Schweizer Verwaltungsbetrieben. Und mit der Kombination beider. Wie kommt’s?
Marc:
Schweizer Verwaltungsbetriebe leisten bereits heute hervorragende Arbeit. In vielen Fällen. Erfahrungen zeigen aber auch, dass Probleme und Unsicherheiten auftauchen, wenn die Umwelt unruhig wird, Ungeplantes auftaucht oder komplexe Themen im Raum stehen. Der herkömmliche Weg über detaillierte Analyse, Planung und Zielsetzungen stösst hier immer öfter an die Grenzen. Parallel dazu haben mich Fragen der Selbstorganisation und des Potenzials verstärkter Kollaboration zunehmend interessiert und fasziniert. Nicht nur, aber auch in Verwaltungen finde ich, dass diese Konzepte erhebliches Potenzial haben.
Andreas:
Ich war in den 90er Jahren als Patentchef der Schweiz (IGE) eine Gallionsfigur des New Public Managements und habe in der Praxis erlebt, wozu die Schweizer Verwaltung fähig sind. Ich denke, dass diese heute weltweit zu den besten gehört. Nun stehen neue Herausforderungen an und ich bin überzeugt, dass auch die Entwicklung zu selbstorganisierten Teams und kollegialer Führung ein Wandel ist, dem sich unsere Verwaltung stellen wird.
Véro:
Was macht ihr anders als andere? Wo liegen Möglichkeiten und wo Grenzen der Thematiken Agilität und Selbstorganisation in Verwaltungsumgebungen?
Andreas:
Wir arbeiten wenig instrumentell, applizieren nicht einfach bestehende Regeln oder Texte. Wir versuchen mit Kopf und Bauch ein System zu erfassen und zu erarbeiten, welches das passende agile Instrumentarium ist und bauen es gemeinsam mit dem Kundensystem auf. Manchmal heisst es dann nicht einmal mehr agil.
Marc:
Wir schauen zunächst, was ist, versuchen das System und seine grundsätzlichen Fragestellungen zu verstehen. Dann arbeiten wir aber von der Gegenwart in die Zukunft und nehmen nicht wie üblich das gewünschte Ergebnis vorweg. Das ist verbunden mit der Überzeugung, dass kollektives Ausprobieren, Anpassen und Lernen enorm viel Potenzial hat. Auch wenn ich hier und heute noch nicht genau sagen kann, was das “Endprodukt” sein wird.
Véro:
Herzlichen Dank, Marc und Andreas.
Die beiden haben ihr Vorgehen und ihre Erfahrungen in einen Artikel gegossen. Sie schreiben über
- Grenzen des New Public Management
- Grundprinzipien der Agilität
- Anpassung der agilen Konzepte auf den Verwaltungskontext
- Erfahrungen in Verwaltungsbetrieben
und ziehen daraus ein - Fazit.
Konferenz Agile Verwaltung – Willkommen in Agilhausen – Nachlese
Der 4. und 5. November 2020 waren zwei ganz besondere Tage. Warum? Weil viele tolle, neugierige, aufgeschlossene, kreative und mutige Menschen unser neues Konferenzformat angenommen haben. Unsere Herbstkonferenz Agile Verwaltung – Willkommen in Agilhausen war unsere erste virtuelle Konferenz und wir sind dankbar, dass wir so unsere 6. Auflage durchführen konnten.
Damit haben alle gezeigt, dass die Verwaltung in Bewegung ist, die digitale Teilhabe einfach dazugehört und Agilität sehr gut passt. Das Netzwerk der Agilisten in der Verwaltung ist wieder ein Stück gewachsen.
Das zeigt auch das Ergebnis unserer Umfrage auf der Konferenz:
Weiterlesen „Konferenz Agile Verwaltung – Willkommen in Agilhausen – Nachlese“Gute Teams sorgen für good Housekeeping
Gibt es vielleicht Erfolgsrezepte für Teamarbeit? Erfolgreiche Teams räumen jeden Tag auf. Sie halten das Haus in Ordnung. Aber warum sorgt das für Erfolg?
Der Scrum Guide beschreibt die Spielregeln für agile Teams. Das Scrum Book beschreibt Erfolgsmuster für agile Teams. Das ist eine tolle Sammlung, in die ich regelmäßig schaue.
Weiterlesen „Gute Teams sorgen für good Housekeeping“Die Arbeitsgruppe „Hochschulaktenplan“ ist gestartet
Anfang August hatten wir hier eine Einladung ausgesprochen zur Gründung einer Arbeitsgruppe „Hochschulaktenplan“ (bit.ly/31X4XAz). An einem ersten Kennenlerntreffen hatten sich 16 Teilnehmer:innen aus 12 Hochschulen beteiligt. Jetzt hat das erste Arbeitstreffen stattgefunden und eine Vorgehensweise beschlossen.
Weiterlesen „Die Arbeitsgruppe „Hochschulaktenplan“ ist gestartet“