Strategiearbeit, die Spaß macht – OKR in der Verwaltung

Die Verwaltung steht im Zentrum der aktuellen Umwälzungen der Arbeitswelt, Migrationsdruck, demografischen Entwicklung und Digitalisierung. Um weiterhin als Stütze der Gesellschaft für Zuverlässigkeit zu gelten, muss sie sich tiefgreifend verändern, um den künftigen Herausforderungen gewachsen zu sein.

Im Großen wie im Kleinen fehlt in vielen Organisationen die dafür erforderliche Fokussierung, Zusammenarbeit, Klarheit und Motivation. Strategien sowie Ideen, wie diese Strategien zum Leben erweckt werden können, sind selten zu finden. Bei all diesen Fragen kann die Methode Objectives & Key Results (OKR) helfen. Denn OKR ist Strategiearbeit, die Spaß macht.

Was ist OKR?

Aber was ist OKR eigentlich? Objectives & Key Results ist ein Framework für holistische (ganzheitliche) Strategiearbeit und moderne Mitarbeiterführung. Die Grundlage bilden Etappenziele (Objectives) und messbare Kernergebnisse (Key Results)

Objectives & Key Results zeichnen sich aus

  • durch kurzfristige Planungszyklen,
  • Fokussierung auf wenige Ziele sowie
  • eigenständige Zielbildung auf Teamebene und dessen
  • Ausrichtung auf gemeinsame Verwaltungsziele.

Dabei setzen sich OKRs aus zwei Komponenten zusammen:

  • Objectives (Zielbeschreibungen) sind inspirierende Beschreibungen eines gewünschten Zielzustandes.
  • Key Results (Kernergebnisse) sind Metriken, die sowohl Fortschritt als auch die Zielerreichung messbar machen. Pro Objective werden in der Regel zwischen 1 und 3 Key Results formuliert.

Was unterscheidet OKR von klassischen Zielsystemen?

Auch in klassischen Zielsystemen wird gemessen. Hier sind ein paar Beispiele für klassische Ziele:

  • Die Einführung eines neuen Fachverfahrens ist bis zum 31.12.2024 abzuschließen.
  • Das Sachgebiet S arbeitet bis zum 30.6.2024 mit dem neuen Dokumentenmanagementsystem.
  • Bis zum 31.12.2022 sind 576 Lebensleistungen online zu beantragen (OZG).

Alle den oberen Zielen ist gemein, dass diese konkrete Arbeitsergebnisse beschreiben. Sie beschreiben nicht – und messen auch nicht – welche positive Wirkung diese Ziele entfalten sollen.

Fragen Sie sich selbst: Welche Ihnen bekannte positive Wirkung ist eigentlich mit dem Onlinezugangsgesetz verbunden? Und wenn ja, für wen eigentlich?

Bei OKR gilt ein Merksatz: Eine Arbeit, die keine Wirkung erzielt, ist Verschwendung oder ein fehlgeschlagenes Experiment. Unnütze Arbeit ist nicht nur Verschwendung, sondern kann auch demotivierend sein. Wollen wir denn nicht alle mit unserer Arbeit eine nützliche Wirkung erzielen?

Bei OKR geht es bei der Zielformulierung ausschließlich um Arbeitsergebnisse mit Wirkung.

Was sind Wirkungsziele?

Bei OKR werden Wirkungsziele auch Outcomes genannt. Ein Outcome ist die positive Wirkung, die ein Arbeitsergebnis entfalten soll. Nehmen wir dazu das Beispiel des Onlinezugangsgesetzes. Die positive Wirkung, die mit dem Onlinegesetz verbunden sein könnte, wäre, dass die Bürger und Unternehmen das Angebot nutzen. Sie ändern ihr Verhalten. Statt zum Amt zu gehen oder einen Antrag per Brief und Formular zu schreiben, nutzen sie den Onlineantrag.

Messbar wäre das folgendermaßen:

Objective: Bürger und Unternehmen nutzen die Onlinebeantragung
Key Result: Die Nutzung der Onlinebeantragung steigt von 3 % auf 20 %.

Interessant ist, dass die Anzahl der Lebensleistungen zunächst gar nicht relevant ist. Wir wollen, dass Bürger und Unternehmen online gehen. Vielleicht reichen 20 richtig fantastische Onlinezugänge, statt 576 mittelmäßige?

Definition von Wirkung:

Das ist Wirkung: Eine Wirkung oder ein Outcome ist eine Verhaltensänderung von Menschen (Bürger, Mitarbeiter, Führungskräfte, andere Behörden etc.), die zu positiven und guten Ergebnissen führen.

Es gibt weitere Unterschiede. Da wäre die Sache mit dem Fokus.

Fokus, Fokus, Fokus und immer an die Menschen denken …

Die Methode OKR legt Wert auf Fokussierung im Sinne der Festlegung auf wenige bedeutende Ziele. Auf der oberen Verwaltungsebene sollten es sogar nur ein oder zwei Ziele sein, die eine klare Entwicklungsrichtung anzeigen.

Fokussierung erfordert in der Praxis, zu ganz vielen Ideen und Themen erst einmal „nein“ zu sagen. Nur so haben die wirklich wichtigen Veränderungen eine realistische Chance zur Umsetzung.

Fokussierung funktioniert unserer Erfahrung dann am besten, wenn bereits eine klare Vision, Mission oder Leitbild vorliegt. Das schafft Orientierung und vereinfacht Entscheidungen.

OKR-Zyklus – ein kontinuierlicher Ablauf

Der OKR-Zyklus ist ein kontinuierlicher Ablauf und unterscheidet zwischen der Strategieentwicklung (links) und dem eigentlichen Zyklus (rechts), der üblicherweise mit einer Frequenz von drei bis vier Monaten läuft.

OKR Zyklus – Quelle André Claaßen

Die wichtigsten Elemente des OKR-Zyklus sind die folgenden:

  • Leitbildentwicklung – Streng genommen kein Bestandteil der OKR-Methode, aber ein klares Leitbild ist eine wesentliche Voraussetzung für OKR. (Alle 5–10 Jahre)
  • MOAL Planung – Das Mid-Term Goal (MOAL) ist das Bindeglied zwischen der langfristigen Vision der Organisation und den kurzfristigen, operativen OKR (meist 3–4 Monate).
  • OKR Planung – Die gemeinsame Erarbeitung der Ziele für den nächsten Zyklus. Die Planung wird zunächst auf Verwaltungsebene und danach auf der Bereichs- oder Teamebene durchgeführt.
  • OKR Alignment – Abgleich aller Ziele der Organisation. Hier gibt es, je nach Größe und Anzahl der Beteiligten, unterschiedliche Formate.
  • OKR Check-in – Regelmäßige Bewertung des Fortschritts auf der Verwaltungs- und Teamebene, üblicherweise einmal pro Woche.
  • OKR Review – Gemeinsame Besprechung aller Ziele und Zielerreichungen als Basis für gemeinsames Lernen in der Arbeit mit OKR.
  • OKR Retrospektive – Reflexion der Arbeitsweise des Teams im abgeschlossenen Zyklus.

Der OKR-Prozess wird durch eine:n Mitarbeiter:in unterstützt, der das Team in der Nutzung der Methode unterstützt.

OKR in der Verwaltung? Na sicher!

Lange Zeit tat sich die öffentliche Verwaltung schwer, agile Methoden und Prinzipien zu nutzen. Sie denken nun vielleicht, dass Verwaltungsarbeit klaren Regularien unterliegt und nicht agil sein kann. Wir sehen keinen Widerspruch zwischen einem regulierten Umfeld und der Notwendigkeit des Lernens und Adaptierens – und falls Sie von agiler Arbeit bereits überzeugt sind, umso besser.

Weitergehende Informationen zu OKR in der öffentlichen Verwaltung

Konkrete Beispiele in der Praxis zum Thema OKR

Sessions zu OKR

Online-Session am 29. März

Am 29. März 2023 von 12-13 Uhr findet im Rahmen unserer Reihe „Impulse in der Mittagspause“ eine kostenlose Session mit dem Autor statt. Anmeldung auf Eventbrite.

Session auf der Konferenz Agile Verwaltung am 11. Mai 2023

Auf unserer Konferenz in Ettlingen wird der Autor auf einer Session das Thema OKR vorstellen und zur Diskussion einladen. Das Konferenzprogramm findet ihr hier und den Link zur Anmeldung hier.

Autor: André Claaßen

A entrepreneur taking his first baby steps.

2 Kommentare zu „Strategiearbeit, die Spaß macht – OKR in der Verwaltung“

  1. Lieber André,
    vielen Dank für deinen spannenden Beitrag! Insbesondere die Wirkungsziele sind für Verwaltungen sehr wichtig; zu oft noch werden in Verwaltungen „Abarbeitungs-Erfüllungsziele“ wie „Einführung des DMS zum xx.xx.20xx“ verwendet.
    Beim genaueren Lesen sind mir aber auch zu deinem Beispiel Fragen aufgetaucht. Du nennst das Ziel „Bürger und Unternehmen nutzen die Onlinebeantragung“. Dieses Ziel wird z.B. auch von der Regierung in UK verwendet, um den Grad der Verwaltungsdigitalisierung zu messen. Aber wird damit ein Nutzen für die Bürger adressiert? Das Steuerprogramm ELSTER z.B. wird uns aufgezwungen. Du kannst de facto keine Einkommensteuererklärung mehr machen, ohne ELSTER zu verwenden. Aber viele Leute kommen damit nicht klar und geben gar keine Erklärung ab (bei meiner Mutter war das z.B. der Fall) oder müssen einen kostspieligen Steuerberater hinzuziehen. Quote 100%, Nutzen bei vielen im Minusbereich.
    Wie könnte man als Wirkungsziele eher Nutzenziele definieren? Und damit wirklich die Bürger und sonstigen „Verwaltungskunden“ in den Mittelpunkt stellen und nicht die Optimierung der eigenen Prozesse durch die Finanzverwaltung?
    Das würde ich gerne auf der Session der FAV-Konferenz diskutieren.

    Gefällt 1 Person

    1. Hallo Wolf, das wäre ein schönes Thema für die FAV-Konferenz. Mir ging es in meinem Beispiel darum, eine positive Wirkung anhand von einem Beispiel zu beschreiben. In meinem Szenario habe ich unterstellt, dass das Onlinezugangsgesetz einen weiten digitalen Kanal zum normalen Behördengang anbietet.

      In früheren Beispielen hatte ich immer mehrere Key Results. Ein Key Result für den Nutzen von Unternehmen und Bürgen, ein weiteres Key-Result für den Nutzen aus Sicht der Binnenverwaltung. Hier reichen aus meiner Sicht subjektive Bewertungen aus. Wenn ich mich recht entsinne, hat die EU im Zuge des digitalen Binnenmarktes vorgeschlagen, dass jede Behördenleistungen einen Feedback-Kanal bekommt, ähnlich wie die Sterne und Kommentare bei Amazon. Das wäre eine einfache Möglichkeit, den Nutzen zu erheben.

      Aber das Thema Nutzen und Wirkung ist vielschichtiger. Ich freue mich auf die Konferenz.

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