Stärker als die Angst: Bewältigungsstrategien für Veränderungen und Verlust im Arbeitskontext

„Hilfe, es verändert sich alles!“ – Wie der Abschied von Bewährtem in Veränderungsprozessen leichter wird. Mit Praxisbeispiel.

Jede Veränderung in Organisationen bedeutet auch einen Verlust, ein Abschiednehmen von Vertrautem. Auch wenn wir es uns im beruflichen Kontext kaum eingestehen wollen: Wo Verlust ist, findet sich Trauer. Ich verstehe Trauer als eine natürliche Reaktion.

Quelle: per KI-Bildgenerator erstellt

Veränderungen und Trauer: Eine unterdrückte Herausforderung im Berufsleben?

Der Verlust von Vorbildern, vom Systemverständnis, von Glaubwürdigkeit des einst Gewussten, des eigenen Selbstverständnisses, von Prozessen, von Kollegen und Vertrautem und so weiter.

Wo Trauer ist, sind Ängste nicht weit: Verlustangst, Versagensängste, Angst vor Enttäuschung. Die Optionen, wie Menschen in Momenten der Trauer und Angst reagieren, sind vielfältig.

Wut, Ohnmacht, Starre – es gibt viele Facetten. Alle Reaktionen dienen dazu, so schräg es auch klingen mag, überlebenswichtige Funktionen aufrechtzuerhalten:

  • Soziale Beziehungen aufrecht erhalten
  • Emotionales Gleichgewicht bewahren
  • Negative Einflüsse regulieren oder vermeiden
  • Perspektiven für Erholung sehen

„Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die einen Schutzmauern, die anderen bauen Windmühlen.“

(Chinesische Weisheit)

Der Umgang mit Verlust und Angst in Organisationen

Veränderungen fallen uns oft schwer. Für eine kurze Zeit des Übergangs bewegen wir uns in einem Schwellenzustand zwischen Altem und Neuem, obwohl wir eigentlich nach Sicherheit und Stabilität streben. Die Angst vor dem Unbekannten und die fehlende Weitsicht erschweren und belasten zusätzlich den Veränderungsprozess. Doch was bringt uns aus unserer Komfortzone heraus? Schmerz oder Gewinn sind die entscheidenden Faktoren, die Menschen zu einer nachhaltigen Verhaltensänderung bewegen.
Wenn Sie üble Kopfschmerzen haben, werden Sie sich einiges einfallen lassen, um sie loszuwerden. Das Gleiche gilt, wenn Sie für eine Idee brennen, die Ihr Leben zu verbessern verspricht.

Ich lade Sie ein, über folgende Fragen nachzudenken:

  • Wer verliert oder gewinnt, wenn die Veränderung kommt?
  • Wer, wenn die Veränderung nicht kommt?
  • Was brauche ich, um die Veränderung (mit)tragen zu können?
  • Was soll bleiben?
  • Wovon kann ich leicht Abschied nehmen?

Vor kurzem hatte ich ein interessantes Gespräch mit einer Kollegin kurz vor dem Rentenalter.
Anfang der 90er Jahre verlor sie ihren Arbeitsplatz in der ehemaligen DDR. Sie war Mitte 30 und hatte 3 kleine Kinder. Ihre bisherige Karriere wurde offiziell infrage gestellt. Mit viel bürokratischem Aufwand sollte sie nachweisen, welchen Wert ihre beruflichen Abschlüsse und Berufserfahrungen haben.

In den darauffolgenden Jahren durchlebte sie tiefe Phasen der Depression. Ich fragte sie, was das Schwerste war, das sie in dieser Zeit zu überwinden hatten.

Sie antwortete: „Alles, was ich bis dahin erreicht hatte alles, was ich gelernt, woran ich geglaubt und was ich an meine Kinder weitergegeben hatte, sollte von einem Tag auf den anderen falsch sein.
Diese selben Leute, die mich in Strukturen zwangen, wollten mir nun sagen, dass alles nicht mehr stimmte.“

Ich fragte, was ihr in dieser Zeit geholfen hätte. Sie sagte: „Was fehlte, war die Anerkennung dessen, was erreicht worden war. Nicht alles war schlecht. Einiges davon war es wert, bewahrt zu werden, und sei es in der Erinnerung. Das hätte mir geholfen.“

Rituale und Wertschätzung: Schlüssel zur erfolgreichen Veränderungsarbeit

Rituale, Gedenkfeiern: Erreichen solche Inszenierungen nicht genau das? Sich an das zu erinnern und zu schätzen, was uns wichtig war und ist?

  • Wir nehmen mit, was uns antreibt (Werte, Prinzipien, Ressourcen).
  • Wir lassen zurück, was uns belastet (z. B. alte Gewohnheiten).
  • Wir würdigen, was uns im Kern wichtig ist/war.
  • Wir erkennen an, was wir vermissen, um uns zu verabschieden.

Diese Anerkennung, diese Wertschätzung, könnte ein entscheidendes Element in der Veränderungsarbeit sein. Entscheidend ist hier die Grundintention, die vermittelt werden soll.

„Ich sehe Dich“

Vieles kann in diesen kleinen Satz vermittelt werden.
Ich sehe DICH als Individuum, als Teil MEINES Systems, als Teil des Systems, in dem WIR sind. Ich erkenne DICH an.
Was für ein wunderbarer Gedanke, dass eine kleine Botschaft so viel bewirken kann. Und es kostet nichts!

Die Ausgestaltung und Formulierung dieses Ereignisses oder Meeting kann an den organisationseigenem Stil angepasst werden. Direkt ausgesprochen, könnten sie im beruflichen Kontexten irritierend und grenzüberschreitend wirken. In welchen Bereichen im täglichen Berufsalltag kann der Raum für Abschied und Trauer eine Rolle spielen?

Hier einige Beispiele:

  • Ein Kollege verlässt das Unternehmen
  • Ein Projekt wird beendet
  • Prozesse verändern sich grundlegend
  • Eine neue Software wird eingesetzt, die eine grundlegende Einarbeitung nötig macht
Wie kann ein ritualisierter Abschied aussehen? Ein Praxisbeispiel

Ein Beispiel aus meiner Praxis:
Eine Kollegin hat sich für eine berufliche Neuausrichtung entschieden. Ihr Austritt hat innerhalb des Teams ziemlich viel Wind aufgewirbelt. Als geschätzter Teil des Teams kamen viele Fragen und Sorgen auf, die meistens in der Kaffeeküche besprochen wurden.

Um diesen Sorgen einen Raum zu geben und der Kollegin einen würdigen Abschied zu ermöglichen, haben wir ein Meeting angesetzt. In diesem Meeting standen folgende Fragen im Mittelpunkt:

Was verbinden Sie mit Sabine? Was hat sie für Sie einzigartig gemacht?
Welchen Schatz (Arbeitsergebnisse, übernommene Gewohnheiten …) lässt sie da?
Welchen Fähigkeiten und Kompetenzen möchten Sie in Ihre Arbeit einfließen lassen?
Die Kollegin wurde parallel eingeladen, folgende Fragen zu reflektieren:

  • Was möchten Sie dem Team mitgeben?
  • Welche Ressourcen haben Sie besonders an Ihren Kollegen geschätzt?
  • Wofür sind Sie dankbar?
  • Was wurde ermöglicht?

Sowohl das Team als auch Sabine haben Wertschätzung und Anerkennung empfangen. Dinge, die bis dahin selbstverständlich waren, wurden im Angesesicht des Abschieds präsenter. Die helfende Hand, das offene Ohr in schwierigen Situationen. Die perfektionistische Ader, die im Alltag auch mal nervig sein konnte, wurde in diesem Moment aus einer versöhnlichen Perspektive betrachtet.

Gleichzeitig stimmten die Fragen auf die Zukunft ein. Die entstehende Lücke im Team wurde kleiner: die Schätze, die sie hinterlässt, werden bleiben. Das Team wurde sich bewusster, über Dinge, die sie selbst tun können.

Die Integration des Vergangenen in die neue Teamsituation machte es den Teammitgliedern leichter, das Ausscheiden der Kollegin zu akzeptieren. Der Fokus auf die eigentliche Arbeit konnte schnell wieder hergestellt werden. Eine tolle Erfahrung für das Team und auch für mich in der Rolle als Prozessbegleiter.

Einladung zur „Agile Mittagspause‘: Netzwerken und Wachstum im digitalen Zeitalter

Sie sind auf der Suche nach Wegbegleiter:innen, frischen Wissens-Impulsen von Expert:innen und Erfahrungsaustausch mit anderen Organisationen?

In unserer „Agilen Mittagspause“ bieten wir regelmäßig spannende Themen an.
In interaktiven Formaten haben Sie Gelegenheit:

  • Impulse für Ihren Arbeitsalltag mitzunehmen
  • sich aktiv einzubringen
  • in den Austausch mit anderen Branchen zu kommen
  • neue Perspektiven und Blickwinkel kennenzulernen

jeweils Mittwochs

Zeitraum: 12:15 Uhr bis – 13:15 Uhr via Zoom.

Hier kostenfrei buchbar über Eventbrite.

Über die Autorin

Maria Kühn, systemische Organisationsentwicklerin

Systemische Organisationsentwicklerin mit systemisch agilen Kontexten Common Sense Team GmbH
Blogautorin & Speakerin

Haben Sie Fragen, Ideen oder Themen rund um Agilität und Organisationsentwicklung?
Vernetzen Sie sich gerne via LinkedIn.

Die Kraft der Selbstorganisation: Ein Praxisbeispiel aus der Berliner Kinder- und Jugendhilfe

Brücken bauen statt Mauern: Erfolg durch hierarchiefreie Zusammenarbeit. Ein Interview mit der Geschäftsführerin Cornelia Adolf über Verantwortung und Anpassung im laufenden Betrieb.

Eine hierarchiefreie Organisation mag in einem bürokratischen Umfeld wie eine Utopie erscheinen, doch ein freier Träger der Kinder- und Jugendhilfe in Berlin beweist das Gegenteil. In einem zweiteiligen Interview spricht Geschäftsführerin Cornelia Adolf über ihre Erfahrungen und die Umsetzung einer hierarchiefreien Führungsstruktur. Ein freier Träger der Kinder – und Jugendhilfe in Berlin hat es gewagt: Wir arbeiten selbstorganisiert! Eine Erfolgsgeschichte – mit knapp 40 Mitarbeiter:innen. In einem Interview erzählt die Geschäftsführerin Cornelia Adolf von ihren Erfahrungen.

Über Familienanlauf e.V. und die Einführung der hierarchiefreien Führung

Maria: Cornelia, worum geht es beim Familienanlauf e.V?

Cornelia: Unsere Arbeit beschäftigt sich mit Veränderungsprozessen in Familien, die höchst komplex sind. Um möglichst vielen Kindern einen guten Start ins Leben zu ermöglichen, bieten wir verschiedenste Angebote für Familien an. Dazu arbeiten wir eng mit Schulen, Jugendämtern und anderen Organisationen zusammen. Das Grundkonzept in allen Hilfen und Angeboten baut auf einem systemischen Verständnis auf. Wir haben das Grundprinzip der Familienarbeit auf unsere Organisation übertragen: Verantwortung da lassen, wo sie hingehört. Das Prinzip beruht auf der Annahme, dass Menschen grundsätzlich in der Lage sind, Verantwortung zu tragen und die einzigen sein sollten, die sie tragen für sich und ihre Kinder. Unsere Aufgabe besteht darin, Kontexte für Veränderung zu gestalten , dass Menschen diese Verantwortung in ausreichendem Umfang annehmen können.

Die Rolle der Geschäftsführung in einer hierarchiefreien Organisation

Maria: Du hast die Geschäftsführung 2015 übernommen. Bis vor wenigen Jahren wurde noch streng hierarchisch geführt? Was hat den Startschuss gegeben?

Cornelia: Diese stark hierarchisch geprägten Strukturen haben zu Phänomenen und Problemen geführt, die wir nicht gut lösen konnten . 2019 saß ich in einem Kongressvortrag über hierarchiefreie Führung. Das hat mich infiziert und ich habe mich intensiv damit beschäftigt und Schritte unternommen. Ich verstehe mich in meiner Rolle als Geschäftsführerin dafür verantwortlich, die Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. Ich organisiere, dass die Arbeitsbedingungen gut sind. Ich organisiere Ressourcen die notwendig sind. Ich schaffe Strukturen und begleite die Prozesse so, dass die Arbeit der Mitarbeiter:innen sinnvoll gestaltet werden kann. Das ist mein Job! Ich habe keinerlei Weisungsbefugnisse mehr. Die rechtsgeschäftliche Vertretung nach innen und außen gehört selbstverständlich immer noch zu meinen Aufgaben in meiner Rolle als Geschäftsführung. Diese Aufgaben sind nicht gekoppelt an hierarchisches Durchregieren.

Hierarchiefreiheit als Top-Down-Entscheidung und die Umsetzung

Maria: Das ist spannend! Wie bist du diese Veränderung angegangen?

Cornelia: Die Entscheidung für eine hierarchiefreie Organisation war eine Topdown-Entscheidung. Da gab es keine Mitarbeiter:innen-Beteiligung. Das mag komisch klingen, aber es war notwendig. Diskussionen in dieser grundsätzlichen Frage hätten mich möglicherweise ins Schwanken gebracht und am Ende Unsicherheit bei den Mitarbeitern:innen ausgelöst. Nachdem vom Vorstand grünes Licht für meine Idee kam, haben wir uns Hilfe geholt, einen systemischen Organisationsentwickler. Der Auftrag war, uns dabei zu unterstützen die anstrengenden hierarchisch geprägten Strukturen aufzuweichen und etwas Neues zu gestalten.

Im Grunde hat er mich als Geschäftsführerin gecoacht und geholfen, die Mitarbeiter:innen zu befähigen. Wir haben eine Veranstaltung für alle Mitarbeiter:innen organisiert, in der die Entscheidung offiziell an die Mitarbeiter:innen verkündet wurde. Wir wurden mit dem Know How ausgestattet, das wir brauchten, um die Veränderung selbst gestalten zu können. Zwei Workshops haben wir dazu durchgeführt. Wir haben nötige Methoden und Techniken gelernt. Wir haben gelernt, selbst organisiert Entscheidungen zu treffen. Wir haben gelernt strukturiert Konflikte zu lösen, ohne eine Führungskraft dazu ziehen zu müssen. Wir haben gelernt, wie wir unsere Prozesse gestalten können. Welche Leitungsaufgaben es zu verteilen gibt. Wir haben Rollen definiert – wer übernimmt wofür die Verantwortung.

Wir haben gelernt, WIE wir es machen können. Motto: „So tun als ob wir schon selbstorganisiert sind“ Ab dem Punkt galt: ab heute tun wir so, als ob wir keine Hierarchie mehr hätten und machen einfach das, was wir verabredet haben. Ein Experiment unter dem Motto: So tun als ob – eine klassische systemische Intervention aus der Familientherapie. Wir tun so, als ob die Lösung schon gefunden wäre , mal schauen was passiert. Das haben wir getan. Deshalb war der Prozess kein langer Übergang. Damit haben wir einen Weg gefunden, es einfach zu machen. Gnadenlos Ausmisten, was nicht hilfreich ist

Strukturanpassungen im laufenden Betrieb

Maria: Wie habt ihr es geschafft, Prozesse „im laufenden Betrieb“ anzupassen?

Cornelia: Wir haben gnadenlos ausgemistet. Dinge, die nicht gelebt werden, fliegen weg. Da sind viele Handbücher und Arbeitsanweisungen sind über Bord gegangen. Geblieben ist, was uns tatsächlich im Alltag und in der Kooperation nach Innen und Außen hilft. Aufgeschrieben wird nur, was nötig und hilfreich ist. Aufgeschriebene Dinge müssen mit Handlungen untersetzte werden. Alles andere ist Verschwendung.

Maria: Inwiefern passt euer hierarchiefreies, schlankes Konzept zu der bürokratischen Anforderung eures Umfeldes? Gerade in eurem Bereich der Familienhilfe gibt es sicher viele Vorgaben?

Cornelia: Ich war skeptisch, ob zuständige Aufsichtsbehörden mit einer hierarchiefreien Organisation einverstanden sein werden. Erstaunlicherweise gab es hier zwar Irritationen, aber es gibt kein Gesetz, das dir vorschreibt: „Du musst hierarchisch Führen“. Es gibt Vorgaben, Dokumentationspflichten und Informationsketten, die wir klar einhalten. Die organisatorische Gestaltung ist uns überlassen.

Hierarchiefreies Arbeiten in einem bürokratischen Umfeld

Maria: Inwiefern hat sich die Umstrukturierung auf eure Kooperationspartner ausgewirkt? Woran haben sie gemerkt, das sich etwas verändert hat?

Cornelia: Eine Steigerung der Motivation, Flexibilität, Schnelligkeit und Zuverlässigkeit war deutlich für alle spürbar. Entscheidungen werden wesentlich schneller getroffen. Die Mitarbeiter:innen haben eine hohe Arbeitszufriedenheit, trotz allen Belastungen, die es im Arbeitsalltag so gibt. Gerade während der Pandemie. Unser Umfeld hat wahrgenommen, das es den Mitarbeiter:innenn gut geht.

Auswirkungen der Umstrukturierung auf Mitarbeiter und Kooperationspartner

Maria: Wenn ich einzelne Mitarbeiter:innen frage, woran für sie eine positive Entwicklung sichtbar wurde, was könnt die Antwort sein?

Cornelia: Wir hatten natürlich ein paar Skeptiker dabei. Sie haben vor allem gesehen – es passiert nichts Schlimmes. Die Sorge ist ja: wer trägt die Verantwortung, wenn Führung wegfällt. Wer hält den Kopf hin. Mitarbeiter:innen haben es daran gemerkt, dass wir nicht pleite gegangen sind, um es banal auszudrücken. Wir können angemessene Gehälter zahlen, sie können Entscheidungen treffen. Sie bekommen positives Feedback von außen für ihre Arbeit. Wir veranstalten jedes Jahr gemeinsam eine Teamklausur in einem Tagungshotel, bei der wir anliegende Themen bearbeiten, gemeinsam zu Abendessen und Zeit verbringen. Das war früher ein Leitungsluxus.

Selbstorganisation – Ein messbarer Erfolg

Maria: Woran messt ihr den Erfolg eurer Arbeit?

Cornelia: Unser Auftrag ist es, Familien darin zu unterstützen, dass Kinder bei ihren Eltern leben können, ohne Gefahren ausgesetzt zu sein. Das Kinder partizipativ an der Gesellschaft teilhaben können und zur Schule gehen. Hier haben wir eine Erfolgsquote von 90%. Eine Quote, die beziffert, inwieweit die investierte Hilfe zur gewünschten Veränderung geführt hat. Der Schnitt sonst liegt eher bei 60-70%. Dieser Erfolg ist nicht direkt auf die Organisationsstruktur zurückzuführen. Die geschaffene Organisationstruktur hat wesentlich dabei unterstützt, das sich Mitarbeiter:innen auf die fachliche Arbeit mit den Familien fokussieren konnte.

Zwischenfazit

Eine hierarchiefreie Organisation in einem bürokratischen Umfeld muss keine reine Utopie sein. Familienanlauf e.V., ein freier Träger der Kinder- und Jugendhilfe in Berlin, hat es geschafft, eine erfolgreiche Umstrukturierung hin zu einer hierarchiefreien Arbeitsweise durchzuführen. Der zielgerichtete Know How Aufbau und eine klare Entscheidung FÜR die Veränderung waren elementare Schlüssel zum Erfolg. Verantwortung und Entscheidungsbefugnisse wurden auf Mitarbeitenden übertragen. Die Anwendung systemischen Wissens und einer Haltung „So tun als ob …“ hat es den Beteiligten erleichtert, sich von hinderlichen Prozesses zu lösen und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: Die Unterstützung von Kindern und Familien.

Erfahren Sie im zweiten Teil des Interviews, wie

  • Entscheidungen getroffen
  • Konflikte geklärt und
  • starre Regeln durch klare Prinzipien ersetzte wurden
  • Handlungsempfehlungen

HIER gehts zum 2. Teil des Interviews.

Interesse geweckt?

Stellen Sie Ihre Fragen an Cornelia Adolf in unserer Agilen Mittagspause! 

In einem interaktiven Format hast Du Gelegenheit, Impulse und Erfolgsfaktoren für deinen Arbeitsalltag mitzunehmen und dich aktiv einzubringen.

Anmeldung über Eventbrite 

zur kostenfreien Session

Datum: Mittwoch, 03.05.2023

Zeitraum: 12:15 Uhr bis – 13:15 Uhr via Zoom.

Über die Interviewpartner 

Conny Adolf, Geschäftsführerin des Familienanlaufs e.V. , 

Das Interview wurde erstmals am 17.02.2023 auf dem Teamworkblog veröffentlicht. Hier finden sie den Link.

Wie man ein neues Leitbild agil erarbeitet – das Beispiel Coesfeld

Heute gibt es für euch eine echte Erfolgsstory, denn wenn innovative Ideen auf ein dynamisches Team und aufgeschlossene Führungspersönlichkeiten treffen, dann ist in der Verwaltungsarbeit vieles möglich. Wie man neue Impulse setzen und welche Tools man nutzen kann, um Arbeitsprozesse agiler zu machen, erfahrt ihr in diesem Erfahrungsbericht zu unserem Consulting der Stadtverwaltung Coesfeld.

Weiterlesen lohnt sich also, versprochen!

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Was wird aus den Digitallotsen? Das Konzept eines „Digitalmanagers“

Mit Peter Bauer und Wolf Steinbrecher

Die Digitalisierung unserer Verwaltungen wird häufig noch innerhalb der Hierarchien geplant: Top-down, als Wasserfallprojekte. Parallel dazu wurden aber schon Konzepte angedacht, wie man dezentral – in den einzelnen Ämtern, Abteilungen und Sachgebieten – Energien für die Digitalisierung freisetzen könnte. Das wohl bekannteste dieser Konzepte ist der „Digitallotse“. Dafür wurden bundesweit Fortbildungen angeboten und auch gut angenommen. Viele Mitarbeiter:innen haben sich dabei engagiert.

Wir hören aus vielen Kommunalverwaltungen, dass das Ergebnis dürftig sei: Die Digitallots:innen seien da – aber sie kämen nicht ins doing. Es fehlt an Vielem: an einem klaren Auftrag; an einer Ausbildung, die nicht nur Gesetze umfasst, sondern Handlungsanleitungen, an praktischem Wissen und Methoden für den reellen Verwaltungsalltag usw.

Deshalb haben wir uns in einer Arbeitsgruppe Gedanken gemacht, wie man weiterkommen könnte. Und dabei haben wir ein erstes, grobes Konzept entwickelt und es „Digitalmanager“ genannt. Das stellen wir hier vor und laden zu drei kostenlosen Events ein, bei denen wir es mit euch weiter diskutieren wollen.

Weiterlesen „Was wird aus den Digitallotsen? Das Konzept eines „Digitalmanagers““

Berufseinsteigende oder Vorgesetzte: Wer ist ‚fauler‘?

Über Menschen und Arbeitswelten.
Insbesondere junge Erstere und hergebrachte Zweitere …

In diesem Blogartikel denke ich – wie hier versprochen – laut und öffentlich nach über junge Menschen frisch in der Arbeitswelt und die Reaktionen eben dieser Arbeitswelt auf sie.

  • Über ihre Werte.
  • Über das, was sie können und die Betriebe nicht und
    über das, was sie noch nicht können, die Betriebe aber schon.
  • Über die teilweise erschreckenden Missachtungen ihrer Motivation und ihrer dargebotenen mitgebrachten Möglichkeiten durch die Realitäten der «empfangenden» Organisationen bzw. Betriebe.
  • Über mögliche Gründe für das Phänomen, das mir gerade so oft begegnet,
  • und über Lösungsangebote dafür.

Zwei Beispiele aus der erfundenen Praxis sollen helfen, das Thema greifbarer zu machen:(‘erfundene Praxis’ heisst, die Beispiele sind ungefähr so tatsächlich passiert, aber so verfremdet, dass sie nicht auf echte Personen oder Fälle zurückgeführt werden können.)

Situation 1:
Ein Kunde rief mich an und sagte: «Wir brauchen deine Unterstützung, wir haben ein Problem, müssen etwas angehen, das uns vor Rätsel stellt.

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Drei Vorgehensweisen bei der DMS-Einführung: Philosophien, Erfolgskriterien, Risiken

1.   Vom Ende her denken

Der folgende Beitrag ist die leicht geänderte Version eines Kapitels aus dem Implementierungsleitfaden DMS – Teil 1 Begeisterung für das Projekt wecken. Schon ganz zu Beginn eines E-Akten-Projekts muss der:die Projektleiter:in daran denken, wie später eine konkrete Einführung in einem begrenzten Sachgebiet stattfinden soll. Je nachdem, welche Vorstellungen man davon hat, wird der Projektplan ganz unterschiedlich ausfallen.

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Start eines Projekts zur Einführung der E-Akte: Fragen an die Führungskräfte bei Projektstart

Vorbemerkung: Der folgende Beitrag ist dem „Implementierungsleitfaden für Dokumentenmanagement-Systeme“ entnommen, von dem der Teil 1 gerade erschienen ist. Er ist Ergebnis einer Arbeitsgruppe des FAV, die sich seit Herbst letzten Jahres alle zwei Wochen online getroffen und gemeinsam gearbeitet hat. Teil 1 steht unter dem Motto „Begeisterung für das Projekt erzeugen“. Einen Link zu diesem Teil findet ihr am Ende dieses Beitrags.

Folgende Fragen stellen eine unvollständige Liste dar, die die Projektgruppe ganz am Anfang erst einmal sich selber stellen kann. Und dann kann sie mit den Fragen und ihren Antworten auf die Führungskräfte = hoffentlich zukünftige Auftraggeber des Projektes zugehen und sie bitten, die Antworten aus ihrer Sicht zu ergänzen. So erhalten wir möglicherweise einen Einstieg in einen Dialog auf Augenhöhe.  

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Aus der agilen Methodenkiste: Die Wirkungsanalyse macht aus Anwendern der E-Akte Projektbeteiligte

Wenn eine Verwaltung ein DMS („E-Akte“) oder auch eine andere große Software („Campus-Management“) einführen will, dann steht sie vor der Aufgabe, die künftigen Anwender:innen – die „Projektkunden“ – kontinuierlich in das Projekt einzubinden. Das gilt für die Beschaffungsphase, noch mehr aber für die anschließende Implementierungsphase. Die klassischen Wasserfall-Methoden haben dafür kein richtiges Konzept. Wie packen wir in agilen Projekten diese Aufgabe an?

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Ideenwerkstatt zum Thema LOB: Schwarmintelligenz und Basisdemokratie

Oder einfacher: Wenn Rahmenbedingungen von den Kolleginnen und Kollegen festgelegt werden

Unsere „Arbeitswelt im Wandel“ macht ständige Veränderungen und Anpassungen unseres Verständnisses als Arbeitgeber des öffentlichen Dienst notwendig. Wer wollen wir als Arbeitgeber sein und wie leben wir dieses? Schorndorf ist eine Große Kreisstadt vor den Toren Stuttgarts mit rund 40.000 Einwohnern und 600 Beschäftigten bei der Stadtverwaltung – 900 Beschäftigte mit Eigenbetrieben und Töchtern.

In der Stadtverwaltung Schorndorf wurden 2018 Ideenwerkstätten ins Leben gerufen. Ein Puzzlestein im Kulturwandel zum „besten Arbeitgeber“ in Schorndorf. Mitbestimmung der Kolleginnen und Kollegen bei Themen, die alle oder zumindest Viele betreffen.

Was ist eine Ideenwerkstatt?

Ein Thema, maximal 12 Teilnehmer/innen, Leitplanken die von der Verwaltungsspitze vorgegeben werden und ansonsten viel Freiheit und Zeithorizonte.

Und jetzt mal ganz konkret?

Wir haben 2018 eine Ideenwerkstatt zum Thema leistungsorientierte Bezahlung ins Leben gerufen. LOB war bei uns seit nunmehr über 20 Jahren immer auch mit Demotivation, Frust, dem Gefühl der Ungleichbehandlung und der fehlenden Objektivität verbunden. Egal, wie oft wir das System verändert oder angepasst haben. Es war immer eine BeURTEILung – per se schon negativ behaftet.
Dies wollten wir ändern und zwar mit Hilfe unserer Kolleginnen und Kollegen. Daher wurde eine „Ideenwerkstatt LOB“ intern ausgeschrieben und es konnte sich Jede/r* auf eine Teilnahme bewerben. Immer mit dabei war jemand vom Personalrat und jemand vom Personal. Unser OB gab dann ganz klar vor, was NICHT dabei rauskommen durfte. Einzige Vorgabe bei der „Ideenwerkstatt LOB“ war: keine Verteilung mit der Gießkanne.

Die Teilnehmenden der Ideenwerkstatt haben dann alles Weitere selbst bestimmt. Wie oft treffen wir uns, wer hat den Hut auf und leitet die Ideenwerkstatt, oder wechseln wir uns da immer wieder ab? Welche Facetten hat das Thema, wie teilen wir uns auf? Wer klärt den rechtlichen Rahmen und nimmt alle anderen mit? Wichtig war uns auch, dass die Teilnehmenden sich als Multiplikatoren sahen und Anregungen aus ihren jeweiligen Bereichen mit in die Ideenwerkstätten mit reinbrachten, aber auch entstandene Ideen mit ihren Teams dann wieder teilten.

Sobald das Ergebnis der Ideenwerkstatt feststand, wurde dieses in einem ersten Termin den Dezernenten vorgestellt und dafür geworben. Die „Ideenwerkstatt LOB“ hatte sogar einen eigenen „Erklär-Film“ gedreht (Erklärfilm zum Vorschlag der Ideenwerkstatt LOB). Das Ergebnis war mutig, aber wir haben uns in Schorndorf ja vorgenommen, mutig zu sein und zu experimentieren. Daher gingen die Dezernenten diesen Weg mit.

Danach erfolgte eine Vorstellung bei den Führungskräften, es fanden Workshops statt und die neuen Regelungen wurden in einer zweijährigen Testphase umgesetzt. Eineinhalb Jahre leben wir unser neues LOB-System nun, das eine 50%- Ausschüttung der Mittel an alle vorsieht und das zu 50% auf einem rein positivem Feedback beruht. Die Erfahrungen sind wie das neue System selbst – durchweg positiv 😊.

Die Nebeneffekte der Ideenwerkstätten sind, neben der viel größeren Akzeptanz, enorm. Die Auseinandersetzung mit einem meist unbekanntem Thema, es müssen Kompromisse gefunden und über den Tellerrand geblickt werden, ein Netzwerk entsteht und die Verbindungen bleiben, Dienstvereinbarungen müssen formuliert werden, Überzeugungsarbeit geleistet und Vorträge gehalten werden. Alle Teilnehmenden stehen während der Testphase als Paten zur Verfügung und evaluieren das System am Ende.

In Schorndorf haben wir mit unseren Ideenwerkstätten bislang die Themen „Mobiles Arbeiten“ (zum Glück schon vor Corona), Flexible Arbeitszeiten und LOB erfolgreich durchgeführt und mit super Ergebnissen abgeschlossen.

Ein Kompetenzprofil für Führungskräfte haben wir, allerdings mit einem auf Führungskräfte begrenzten Teilnehmerkreis, so erarbeitet. Eine der aktuellen Ideenwerkstätten befasst sich mit dem Thema „Gesundheitsförderung“ und weitere werden folgen.

Als Ergebnisse sind bisher hauptsächlich Leitplanken entstanden, die viel Freiheiten zulassen und keine Regelungen mehr bis ins kleinste Detail. Wir orientieren uns an der „Koalition der Willigen“ und nicht an denjenigen, die Schlupflöcher zu ihrem Vorteil suchen. Vertrauen ist notwendig, einer unserer Werte, die wir auch sichtbar leben wollen.

Auch im Hinblick auf die Ideenwerkstätten, haben wir 2018 eine Kreativschmiede eingerichtet. Die „normale“ Bürolandschaft animiert nicht gerade dazu kreativ und „out oft the box“ zu denken. Und so sieht es da aus: Eine lange Wand ist ein Whiteboard, es finden dort auch Vorstellungsgespräche statt, es gibt Plätze zum mobilen Arbeiten, …..

Verankert sind viele unserer Puzzlesteine in unseren Personalberichten 2018 und 2021.

Wir sind überzeugt, dass wir uns an Vorbildern wie den Unternehmen des Gelingens oder den Musterbrechern auch als Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes viel an Anregungen holen können und vor allem „den Mensch“ in den Mittelpunkt stellen müssen. Sowohl unsere Bürgerinnen und Bürger, aber auch unsere Kolleginnen und Kollegen.

Und hier unsere neue LOB-Dienstvereinbarung zum Download: