Stärker als die Angst: Bewältigungsstrategien für Veränderungen und Verlust im Arbeitskontext

„Hilfe, es verändert sich alles!“ – Wie der Abschied von Bewährtem in Veränderungsprozessen leichter wird. Mit Praxisbeispiel.

Jede Veränderung in Organisationen bedeutet auch einen Verlust, ein Abschiednehmen von Vertrautem. Auch wenn wir es uns im beruflichen Kontext kaum eingestehen wollen: Wo Verlust ist, findet sich Trauer. Ich verstehe Trauer als eine natürliche Reaktion.

Quelle: per KI-Bildgenerator erstellt

Veränderungen und Trauer: Eine unterdrückte Herausforderung im Berufsleben?

Der Verlust von Vorbildern, vom Systemverständnis, von Glaubwürdigkeit des einst Gewussten, des eigenen Selbstverständnisses, von Prozessen, von Kollegen und Vertrautem und so weiter.

Wo Trauer ist, sind Ängste nicht weit: Verlustangst, Versagensängste, Angst vor Enttäuschung. Die Optionen, wie Menschen in Momenten der Trauer und Angst reagieren, sind vielfältig.

Wut, Ohnmacht, Starre – es gibt viele Facetten. Alle Reaktionen dienen dazu, so schräg es auch klingen mag, überlebenswichtige Funktionen aufrechtzuerhalten:

  • Soziale Beziehungen aufrecht erhalten
  • Emotionales Gleichgewicht bewahren
  • Negative Einflüsse regulieren oder vermeiden
  • Perspektiven für Erholung sehen

„Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die einen Schutzmauern, die anderen bauen Windmühlen.“

(Chinesische Weisheit)

Der Umgang mit Verlust und Angst in Organisationen

Veränderungen fallen uns oft schwer. Für eine kurze Zeit des Übergangs bewegen wir uns in einem Schwellenzustand zwischen Altem und Neuem, obwohl wir eigentlich nach Sicherheit und Stabilität streben. Die Angst vor dem Unbekannten und die fehlende Weitsicht erschweren und belasten zusätzlich den Veränderungsprozess. Doch was bringt uns aus unserer Komfortzone heraus? Schmerz oder Gewinn sind die entscheidenden Faktoren, die Menschen zu einer nachhaltigen Verhaltensänderung bewegen.
Wenn Sie üble Kopfschmerzen haben, werden Sie sich einiges einfallen lassen, um sie loszuwerden. Das Gleiche gilt, wenn Sie für eine Idee brennen, die Ihr Leben zu verbessern verspricht.

Ich lade Sie ein, über folgende Fragen nachzudenken:

  • Wer verliert oder gewinnt, wenn die Veränderung kommt?
  • Wer, wenn die Veränderung nicht kommt?
  • Was brauche ich, um die Veränderung (mit)tragen zu können?
  • Was soll bleiben?
  • Wovon kann ich leicht Abschied nehmen?

Vor kurzem hatte ich ein interessantes Gespräch mit einer Kollegin kurz vor dem Rentenalter.
Anfang der 90er Jahre verlor sie ihren Arbeitsplatz in der ehemaligen DDR. Sie war Mitte 30 und hatte 3 kleine Kinder. Ihre bisherige Karriere wurde offiziell infrage gestellt. Mit viel bürokratischem Aufwand sollte sie nachweisen, welchen Wert ihre beruflichen Abschlüsse und Berufserfahrungen haben.

In den darauffolgenden Jahren durchlebte sie tiefe Phasen der Depression. Ich fragte sie, was das Schwerste war, das sie in dieser Zeit zu überwinden hatten.

Sie antwortete: „Alles, was ich bis dahin erreicht hatte alles, was ich gelernt, woran ich geglaubt und was ich an meine Kinder weitergegeben hatte, sollte von einem Tag auf den anderen falsch sein.
Diese selben Leute, die mich in Strukturen zwangen, wollten mir nun sagen, dass alles nicht mehr stimmte.“

Ich fragte, was ihr in dieser Zeit geholfen hätte. Sie sagte: „Was fehlte, war die Anerkennung dessen, was erreicht worden war. Nicht alles war schlecht. Einiges davon war es wert, bewahrt zu werden, und sei es in der Erinnerung. Das hätte mir geholfen.“

Rituale und Wertschätzung: Schlüssel zur erfolgreichen Veränderungsarbeit

Rituale, Gedenkfeiern: Erreichen solche Inszenierungen nicht genau das? Sich an das zu erinnern und zu schätzen, was uns wichtig war und ist?

  • Wir nehmen mit, was uns antreibt (Werte, Prinzipien, Ressourcen).
  • Wir lassen zurück, was uns belastet (z. B. alte Gewohnheiten).
  • Wir würdigen, was uns im Kern wichtig ist/war.
  • Wir erkennen an, was wir vermissen, um uns zu verabschieden.

Diese Anerkennung, diese Wertschätzung, könnte ein entscheidendes Element in der Veränderungsarbeit sein. Entscheidend ist hier die Grundintention, die vermittelt werden soll.

„Ich sehe Dich“

Vieles kann in diesen kleinen Satz vermittelt werden.
Ich sehe DICH als Individuum, als Teil MEINES Systems, als Teil des Systems, in dem WIR sind. Ich erkenne DICH an.
Was für ein wunderbarer Gedanke, dass eine kleine Botschaft so viel bewirken kann. Und es kostet nichts!

Die Ausgestaltung und Formulierung dieses Ereignisses oder Meeting kann an den organisationseigenem Stil angepasst werden. Direkt ausgesprochen, könnten sie im beruflichen Kontexten irritierend und grenzüberschreitend wirken. In welchen Bereichen im täglichen Berufsalltag kann der Raum für Abschied und Trauer eine Rolle spielen?

Hier einige Beispiele:

  • Ein Kollege verlässt das Unternehmen
  • Ein Projekt wird beendet
  • Prozesse verändern sich grundlegend
  • Eine neue Software wird eingesetzt, die eine grundlegende Einarbeitung nötig macht
Wie kann ein ritualisierter Abschied aussehen? Ein Praxisbeispiel

Ein Beispiel aus meiner Praxis:
Eine Kollegin hat sich für eine berufliche Neuausrichtung entschieden. Ihr Austritt hat innerhalb des Teams ziemlich viel Wind aufgewirbelt. Als geschätzter Teil des Teams kamen viele Fragen und Sorgen auf, die meistens in der Kaffeeküche besprochen wurden.

Um diesen Sorgen einen Raum zu geben und der Kollegin einen würdigen Abschied zu ermöglichen, haben wir ein Meeting angesetzt. In diesem Meeting standen folgende Fragen im Mittelpunkt:

Was verbinden Sie mit Sabine? Was hat sie für Sie einzigartig gemacht?
Welchen Schatz (Arbeitsergebnisse, übernommene Gewohnheiten …) lässt sie da?
Welchen Fähigkeiten und Kompetenzen möchten Sie in Ihre Arbeit einfließen lassen?
Die Kollegin wurde parallel eingeladen, folgende Fragen zu reflektieren:

  • Was möchten Sie dem Team mitgeben?
  • Welche Ressourcen haben Sie besonders an Ihren Kollegen geschätzt?
  • Wofür sind Sie dankbar?
  • Was wurde ermöglicht?

Sowohl das Team als auch Sabine haben Wertschätzung und Anerkennung empfangen. Dinge, die bis dahin selbstverständlich waren, wurden im Angesesicht des Abschieds präsenter. Die helfende Hand, das offene Ohr in schwierigen Situationen. Die perfektionistische Ader, die im Alltag auch mal nervig sein konnte, wurde in diesem Moment aus einer versöhnlichen Perspektive betrachtet.

Gleichzeitig stimmten die Fragen auf die Zukunft ein. Die entstehende Lücke im Team wurde kleiner: die Schätze, die sie hinterlässt, werden bleiben. Das Team wurde sich bewusster, über Dinge, die sie selbst tun können.

Die Integration des Vergangenen in die neue Teamsituation machte es den Teammitgliedern leichter, das Ausscheiden der Kollegin zu akzeptieren. Der Fokus auf die eigentliche Arbeit konnte schnell wieder hergestellt werden. Eine tolle Erfahrung für das Team und auch für mich in der Rolle als Prozessbegleiter.

Einladung zur „Agile Mittagspause‘: Netzwerken und Wachstum im digitalen Zeitalter

Sie sind auf der Suche nach Wegbegleiter:innen, frischen Wissens-Impulsen von Expert:innen und Erfahrungsaustausch mit anderen Organisationen?

In unserer „Agilen Mittagspause“ bieten wir regelmäßig spannende Themen an.
In interaktiven Formaten haben Sie Gelegenheit:

  • Impulse für Ihren Arbeitsalltag mitzunehmen
  • sich aktiv einzubringen
  • in den Austausch mit anderen Branchen zu kommen
  • neue Perspektiven und Blickwinkel kennenzulernen

jeweils Mittwochs

Zeitraum: 12:15 Uhr bis – 13:15 Uhr via Zoom.

Hier kostenfrei buchbar über Eventbrite.

Über die Autorin

Maria Kühn, systemische Organisationsentwicklerin

Systemische Organisationsentwicklerin mit systemisch agilen Kontexten Common Sense Team GmbH
Blogautorin & Speakerin

Haben Sie Fragen, Ideen oder Themen rund um Agilität und Organisationsentwicklung?
Vernetzen Sie sich gerne via LinkedIn.

Dilemma der zentralistischen Klimapolitik und agile Wege

Vielleicht werden wir das einmal im Rückblick auch als eine „Zeitenwende“ bezeichnen: Auf seiner Sitzung vom 26. bis 28. März 2023 hat sich der Koalitionsausschuss der Bundesregierung auf eine weitgehende Aufweichung des Klimaschutzgesetzes geeinigt. Damit, so die Meinung vieler Experten, verabschiedet sich die Regierung von der Umsetzung der Beschlüsse der Pariser Klimakonferenz und verstößt gegen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Dahinter steckt aber nicht nur Ignoranz gegenüber der Dringlichkeit der Klimafragen, sondern ein reales Dilemma: mit klassischen Planungsmethoden ist Klimapolitik nicht erfolgreich zu betreiben. Könnten wir von agiler Seite denn bessere Vorschläge machen?

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Agile Vorfrühlingshäppchen – Wie agile Elefanten Haltung und Verhalten beeinflussen…

In diesen Tagen lese ich wiederkehrend über den Zusammenhang von Mindset und Agilität.

«Agilität kann bekannten, aber oft „unterversorgten“ Aspekten einen strukturellen und systematischen Rahmen geben.
Agil ist weder neu noch originär noch total anders. Es ist auch nicht das Aufgeben aller Planung, Struktur und Rahmung zugunsten von spontan-willkürlichem Ausprobieren mit Fühl-mich-spür-mich-Groove, wie manchmal behauptet wird. 
Was agile Haltungen und Methoden leisten können, ist, dass sie wichtige Blickwinkel und Aspekte als faktische Bausteine oder Gefässe benennen und priorisieren und fest in Methoden und Prioritäten zu integrieren verstehen.»

[1] https://agile-verwaltung.org/2018/12/13/agilitat-alter-wein-nur-neue-schlauche-ist-das-kunst-oder-kann-das-weg/
Ganz kurz heisst das, dass Agilität Haltung, Verhalten und Handeln zu kombinieren versteht, anstatt sie als parallele, nur zufällig verwandte Prozesse zu behandeln, wie es im klassischen Arbeitsalltag oft passiert.

Das ist zum Beispiel eine Stärke der 6 Faustregelsätze zu agilem Vorgehen, welche das Forum Agile Verwaltung in seinen Anfangszeiten formuliert hat, um der Verwaltung zu beschreiben, was Agilität ist, was sie tut und was sie mit Verwaltung zu tun haben könnte.

Faustregeln zu „Agil“

mehr als Detaillösungen buchstabengetreu abzuarbeiten:
Ein „Grosses Ganzes“ in den Blick nehmen,

mehr als Zuständigkeiten aufrechtzuerhalten oder Silos zu schützen:
cross-funktionale übergreifende produktbezogene Teams bilden,

mehr als routinemässig Standards zu folgen:
mit überschaubaren Änderungen und Teilprodukten experimentieren.

mehr als es selbst allein besser zu wissen:
Die Anspruchsberechtigten früh einbeziehen und Volatiles früh benennen,

mehr als im altbekannten Eigenen zu bleiben und sich von Aussensicht abzuschirmen:
sich regelmäßiges Feedback von innen und außen verschaffen

und so die Organisation immer wieder stets angemessen machen.“

Forum Agile Verwaltung

Darin werden Handlungsweisen und Haltungen gleichermassen beschrieben, in jedem Satz ist jeweils beides enthalten.


Bild: V. Lévesque

Haltung, Verhalten und Handeln sind untrennbar miteinander kombiniert.

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Von Erziehung und über professionelle Führungspraxis

Viele Führungskräfte sind und wurden Führungskräfte, weil sie fachlich besonders gut sind oder waren. Und meist nicht, weil sie gerne oder gut führen, oder an der Entwicklung von Menschen oder von Organisationen besonders interessiert oder dazu befähigt wären. Was ist denn nun eigentlich heute diese „Führung“? Niemand weiss es mehr so genau…. Gedanken dazu aus dem Tagebuch einer Führungscoachin.

Aus dem Tagebuch eines Taugeni… … Führungscoachs.

Im Führungskräftecoaching höre ich erstaunlich oft: 
„Seit ich Mutter / Vater bin, weiß ich, wie man führt.“

…und dann kommen zumeist Bilder aus Zeiten, in denen die Kinder klein, allenfalls im Vorschulalter oder gar in der Trotzphase sind. Selten bis nie erscheint das Bild mit selbständigen erwachsenen Familienmitgliedern, die schon lang nicht mehr hilflos und abhängig sind.

Führung erinnert an die Erziehung von Kleinkindern? Ernsthaft?
Ich frage mich, wann das so gewesen sein könnte. Oder ob jemals.
OK, zum Priester sagte man mal Vater….
Aber heute, im 21. Jahrhundert?
Wir hatten inzwischen Aufklärung, Demokratie und noch ein paar andere Werte, die ein anderes Menschenbild befördern, oder?
Und am Arbeitsplatz gilt das alles auch. Oder?

„Ich würde ja gern Verantwortung an mein Team delegieren – aber die können / wollen ja nicht.“
Die Mitarbeitenden der gleichen Personen sagen:
„Wir würden gern mehr Gestalten und Verantwortung übernehmen – aber wenn’s nicht genau so aussieht wie die Chefin (Männer sind klaro immer mit gemeint) es selbst gemacht hätte, dann ist es halt falsch …“

Und irgendwie beschreiben beide ihre Situation durchaus zutreffend. Der Knopf liegt wohl auch und vielleicht noch mehr im System als bei einzelnen Personen. Denn diese Problemlage ist kein individueller Einzelfall, sie ist branchen- und organisationsübergreifend weit verbreitet und beschäftigte viele.

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Wie können wir in der Digitalisierung schneller werden? Der Front-line-Ansatz

Die Diskussion um das Thema „Wie kann die Verwaltung die Digitalisierung vorantreiben – und vor allem warum?“ spielt auf unserem Blog eine zunehmende Rolle. Einige Beiträge sind dazu erschienen. /Anmerkung 1/ Auf unserer Jubiläumskonferenz „Agile Verwaltung 2023“ wird es eine Rolle spielen.

Die praktische Frage, die sich viele engagierte Innovator:innen in den Verwaltungen stellen, lautet: „Wie können wir praktisch anfangen? Wir sind von Blockaden umgeben – wie können wir damit umgehen?“ – Eine mögliche Antwort darauf liefert der Front-Line-Ansatz.

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Ein Kompass für gute Entscheidungen – das Cynefin Framework im Alltag

Das Cynefin Framework ist mehr, als eine theoretische Grundlage um uns durch die komplexe Welt unserer Entscheidungen zu navigieren. Es ist ein Kompass für Führungskräfte. Wie es hilft, Wohnungsbrände zu löschen, lest Ihr im Artikel.

Niklas Hirsch und Maria Kühn

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Was macht Digitalisierung in Deutschland so langsam? Aus der Doktorarbeit ‚Digitization fast and slow‘

Im Sommer 2017 reiste ich im Auftrag des Deutschen Landkreistages ins europäische Ausland. Ich tat dies, weil es mir nicht gelungen war, für das Benchlearning der 103 kommunalen Jobcenter vorzeigbare Best-Practice-Beispiele für gelungene Digitalisierungsprojekte im Inland aufzutreiben. Ich fuhr nach Frankreich, zum Pôle Emploi in Paris, und entsandte Kolleginnen und Kollegen nach Dänemark, Belgien, Österreich und in die Niederlande. Beklommen kehrten wir zurück. Dass Deutschland in Sachen staatlicher Digitalisierung hinterherhinkte, war uns bewusst gewesen. Das Ausmaß unserer Rückständigkeit jedoch nicht.

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Das größte Festival im Öffentlichen Sektor kehrt zurück mit einem Live-Event am 15. Juni und einem digitalen Tag am 23. März

Am 23. März 2023 startet das Creative Bureaucracy Festival mit dem Digital Kick-Off Day in ein neues Jahr der Innovationen im öffentlichen Sektor. Das Programm des Tages umfasst mehr als 30 deutsche und internationale Sessions, die die Festival Jury aus über 200 Nominierungen aus 37 Ländern auswählen wird. Kostenloser Livestream auf der Homepage des Festivals unter: https://creativebureaucracy.org/digital-kick-off-day/

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«An einer Demokratie muss man arbeiten, denn sie ist kein Selbstläufer»

Quelle dieses Titels ist ein Artikel auf der Webseite des deutschsprachigen Schweizer Fernsehens SRF. /Anmerkung [1]/. Es lohnt sich sehr, ihn zu lesen. Es werden dort relevante Fragen gestellt. So wird dabei neben anderen Erkenntnissen auch deutlich, dass es sich nicht nur und hauptsächlich um geopolitische Fragen zum Thema handelt, sondern auch um systemimmanente vor der eigenen Haustür. Insbesondere in der Schweiz ist ja die Basisdemokratie und damit das das stetige Mitgestalten der eigenen Systemumgebung auch der Bürgerinnen und Bürger ein alltagspräsentes Thema.

«Studien haben gezeigt, dass die Demokratie in der Bevölkerung westlicher Länder nach wie vor beliebt ist. Die Unzufriedenheit nimmt aber zu. Denn die Art und Weise, wie gewisse Regierungen regieren, passt nicht allen.» /Anmerkung [2]/

Oder auch nicht regieren. Zu zahlreichen Themen wie Klimawandel, Digitalisierung, Globalisierung und andere. Staaten werden zu solchen Belangen zunehmend wahrgenommen als unfähig, die aktuellen und akuten Probleme zu lösen. Der Graben zwischen hergebrachtem, bewährtem Vorgehen einerseits und schneller Veränderung in Technik, Gesellschaft und Politik andererseits und die Suche einem aktuellen Umgang damit ist deutlich spürbar. Digitalisierung zum Beispiel wird also nicht nur als potenzielle Überwachungsmöglichkeit wahrgenommen, wie im wenig demokratischen China. Digitalisierung zeigt auch eine gewisse Hilflosigkeit der Staaten und ihrer Institutionen im Umgang mit Innovation und Moderne in westlichen Demokratien.

«Haben wir im Westen uns so sehr an Demokratie gewöhnt, dass wir vergessen haben, wie zerbrechlich sie ist?» /Anmerkung [3]/

Teilweise ja. Demokratie hat sowas hübsch Selbstverständliches, die meisten von uns kennen ja nichts anderes.
Und dann wieder auch nein – es gibt durchaus ein Bewusstsein dafür, dass wir unsere Demokratie nicht einfach verstauben lassen dürfen. Es gibt immer mehr Initiativen, Projekte und Labore, die sich damit auseinandersetzen, wie Demokratie gestärkt, modernisiert und weiterentwickelt werden könnte.

Das elsässische Kingersheim geht in Frankreich da selbstbewusst und erfolgreich Wege über lokale Partizipation in einem politisch ganz stark zentralistisch und von repräsentativen Berufspolitikern  geprägten Land.
Und es funktioniert.

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Was wird aus den Digitallotsen? Das Konzept eines „Digitalmanagers“

Mit Peter Bauer und Wolf Steinbrecher

Die Digitalisierung unserer Verwaltungen wird häufig noch innerhalb der Hierarchien geplant: Top-down, als Wasserfallprojekte. Parallel dazu wurden aber schon Konzepte angedacht, wie man dezentral – in den einzelnen Ämtern, Abteilungen und Sachgebieten – Energien für die Digitalisierung freisetzen könnte. Das wohl bekannteste dieser Konzepte ist der „Digitallotse“. Dafür wurden bundesweit Fortbildungen angeboten und auch gut angenommen. Viele Mitarbeiter:innen haben sich dabei engagiert.

Wir hören aus vielen Kommunalverwaltungen, dass das Ergebnis dürftig sei: Die Digitallots:innen seien da – aber sie kämen nicht ins doing. Es fehlt an Vielem: an einem klaren Auftrag; an einer Ausbildung, die nicht nur Gesetze umfasst, sondern Handlungsanleitungen, an praktischem Wissen und Methoden für den reellen Verwaltungsalltag usw.

Deshalb haben wir uns in einer Arbeitsgruppe Gedanken gemacht, wie man weiterkommen könnte. Und dabei haben wir ein erstes, grobes Konzept entwickelt und es „Digitalmanager“ genannt. Das stellen wir hier vor und laden zu drei kostenlosen Events ein, bei denen wir es mit euch weiter diskutieren wollen.

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