Die Vorgeschichte
Müde lässt sich Manfred in den Bürostuhl plumpsen. Die Fachbereichssitzung war mal wieder alles andere als berauschend. Immer wieder das gleiche Thema. Eine Vielzahl von Projekten und keiner hat den Überblick. Und immer wieder dieselbe Feststellung: Keiner weiß woran die anderen Teams gerade Arbeiten. Dazu kommen ständig neue Anforderungen aus den anderen Fachbereichen. Natürlich jede wichtiger als die anderen. Seine Truppe jammert ihm deshalb schon eine Weile die Ohren voll. Er müsse doch als Fachbereichsleiter etwas tun können. Als Manfred den Posten vor einem halben Jahr übernommen hatte, war er voller Elan durchgestartet. Aber die schiere Masse an laufenden Projekten und ständig neuen Anforderungen, die fast täglich auf seine Teams einprasselte – damit hatte auch er nicht gerechnet. „Irgendetwas müssen wir ändern. Nur was?“, murmelt er vor sich hin, als sein Blick zufällig auf einem Fachartikel auf seinem Schreibtisch kleben bleibt. Sein Freund Markus hatte ihm vor ein paar Wochen den Artikel mitgebracht und ihm etwas von Kanban erzählt. Wie war das noch mal …
Ein paar Monate später …
Im Besprechungszimmer des Fachbereichs hängt seit ein paar Monaten eine große Tafel. Ein Kanbanboard. Es hat Manfred erstaunlich wenig Mühe gekostet die Sachgebietsleiter von der Idee zu überzeugen. Die Einführung eines Portfoliomanagements auf Basis von Kanban fand erstaunlich schnell Anklang. Endlich eine Übersicht über die laufenden Projekte. Wissen, woran gerade in welchem Team gearbeitet wird. Das hatte überzeugt. Auch die Idee eine Begrenzung der Anzahl der laufenden Projekte (WIP) einzuführen, fand die Zustimmung aller Beteiligten. Schwierig war die Festlegung des WIP. Die einen wollten ihn niedrig ansetzen, die anderen höher und woran sollte sie die Grenze bemessen.
Einmal wöchentlich – zu Beginn der Fachbereichssitzung wird die Tafel gemeinsam aktualisiert und darüber gesprochen, wo es gerade in den Teams hängt. Ein größeres Problem stellte bisher die Frage nach der Priorisierung der einzelnen Projekte dar. Aber nach heftigen Diskussionen mit den Kollegen der anderen Fachbereiche, obwohl Einigkeit darüber bestand, dass nicht alle Projekte gleichzeitig gemeistert werden können. Jedes neue Projekt wird daher gemeinsam mit den „auftraggebenden“ Fachbereichen im Hinblick auf den Mehrwert für die Organisation und Aufwand bewertet. Je höher der Mehrwert und je geringer der Aufwand desto höher die Priorität. Das ist zwar nach wie vor nicht einfach, aber so langsam wird die Idee akzeptiert.
Die wöchentlichen Feedbackschleifen und die Transparenz der Darstellung hatte den Oberbürgermeister schnell überzeugt, nach dem er zweimal selbst bei einer der Fachbereichssitzungen dabei war. Zwischenzeitlich hatte Manfred es sogar geschafft, dass die einzelnen Teams sich selbst mit Kanbanboard organisieren. Wöchentliche Teamsitzungen, bei denen sich die Kollegen in einem festgelegten Zeitfenster darüber unterhalten, wie sei ihre Zusammenarbeit verbessern und weiterentwickeln können sowie gemeinsam planen habe bei einigen Kollegen sogar die Lust auf mehr geweckt. Seit ein paar Tagen war Manfreds Fachbereich daher offiziell mit Segen von oben ein „Leuchtturm“-Projekt und Manfred mit der Aufgabe betraut agile Methoden auf ihre Anwendbarkeit in der Stadtverwaltung zu prüfen und auszuprobieren
Zurück in der Realität
Das ist eine fiktive Geschichte. Frei erfunden. Ein Wunschtraum. In der Wirklichkeit wird es sicherlich nicht so einfach funktionieren, oder doch? Wir würden uns freuen, wenn Sie Ihre Erfolgsgeschichte(n) und auch Ihre Misserfolge beim Versuch agiler zu werden mit uns teilen. Gastbeiträge sind herzlich willkommen.