Aus der Praxis: Aktive Mitarbeiterbeteiligung als Resilienz-Booster
„Wie soll Mitarbeiterbeteiligung denn genau aussehen?“
Anhand eines konkreten Beispiels möchte ich Ihnen eine unkonventionelle Möglichkeit aufzeigen, wie Mitarbeiterbeteiligung gestaltet werden kann. Wie Sie lebendige Diskussionen und echten zwischenmenschlichen Austausch erreichen und ALLE mitnehmen. Erfahren Sie, wie Sie mit Leichtigkeit die Motivation und Beteiligung der Mitarbeiter wecken und die Resilienzfähigkeit stärken.
Die Ausgangssituation
Im Baudezernat einer Großstadt wurde eine Pilot-Abteilung ausgewählt, um ein Dokumentenmanagement Systems (DMS) zu etablieren. Mit diesem Anliegen kam die Projektleiterin des DMS-Zentralprojektes der Stadt auf uns zu. In einer ausführlichen Auftragsklärung wurde 3 Schwerpunkte deutlich:
- „Wir wollen eine DMS-Lösung, die von allen Mitarbeiter aktiv genutzt wird.“
- „Wir sind von der Wirksamkeit von Mitarbeiterbeteiligung überzeugt, wissen aber nicht, wie diese wirksam gestaltet werden kann. Uns fehlt das Handwerkszeug dazu.“
- Es gibt viele verschiedene Lösungsideen und auch Widerstände und Bedenken gegenüber Digitalisierungsvorhaben. Wir brauchen konkrete Ideen, wie wir die verschiedenen Perspektiven zusammenbringen.“

Der Auftakt
Den Startpunkt setzte ein eintägiger Auftaktworkshop. Alle Mitarbeiter der Abteilung wurden eingeladen, sich daran zu beteiligen.
Legitimation von „oben“
Den Start des Auftaktworkshops gab der Oberbürgermeister. In einer Videobotschaft brachte er den Teilnehmern nahe, welchen Stellenwert das DMS-Projekt für die Stadt einnimmt. Wieso gerade das Bauamt den Startpunkt setzen sollte und was ihm als Schirmherr besonders wichtig ist.
Es folgte der Leiter des Bauamtes mit einer kurzen Präsentation, die den Teilnehmenden Orientierungspunkte gab:
Im welchen Zusammenhang steht das Projekt zu anderen Digitalisierungsinitiativen der Stadt?
Welche Rolle übernimmt er im Gesamtprojekt?
Im Anschluss übergab er das Präsentationszepter der Projektleiterin, die weitere Orientierungspunkte setzte. Sie stellte für das Pilotprojekt klar:
- Wer gehört zum Team?
- Was ist unser Umfeld?
- Wer profitiert vom Erfolg des Projektes?
- Welche Ressourcen (Raum, Zeit, Ausstattung) werden benötigt?
- Welches Budget steht zur Verfügung?
- Welche Meilensteine sind bereits bekannt?
- Nicht zuletzt: Wie stellt sie sich die Zusammenarbeit mit der Pilotenabteilung vor?
Im Anschluss erhielten die Teilnehmenden die Möglichkeit, Verständnisfragen zu klären.
Orientierung geben durch Partizipation
Wo bleibt die Mitarbeiterbeteiligung, fragen Sie sich? Hier der Twist: Bevor die Vorstellung des DMS-Projektes begann, teilten sich die Mitarbeitenden selbstständig in 4 Kleingruppen auf. Menschen aus verschiedensten Erfahrungsbereichen und Arbeitsschwerpunkten kamen zusammen.
Jede Gruppe erhielt eine bestimmte „Rolle“ zugeteilt. Eine bestimmte Position mit der sie der Projektvorstellung folgen sollten:

Der Skeptiker – Was würde ein Skeptiker heraushören und darüber denken?
Der Traditionelle – Was würden sehr traditionell denkende Mitarbeiter verstehen und schlussfolgern?
Der Treiber – Was könnten die Treiber, die Digitalisierungsbefürworter verstehen?
Das NICHTS – Diese Gruppe übernahm die Aufgabe, darauf zu hören, was NICHT gesagt wurde. Sie bildeten die Gruppe des „Erwarteten, aber nicht Gehörten“.
Für die Teilnehmer war es entscheidend, sich jeder in fremde Rollen zu versetzen, um echtes Verständnis für andere Sichtweisen zu entwickeln.
Nach der Präsentation hatte jede Gruppe Zeit, Gedanken und Fragestellungen auf einem Plakat festzuhalten.
Im Plenum stellte jede Gruppe ihr Plakat und stellvertretende Sichtweise ihrer „Rolle“ vor. So bekamen alle einen Einblick in unterschiedliche Perspektiven.

Bewusstsein schaffen durch Reflexion
Anschließend diskutierten die Gruppen folgende Fragen:
- Was können wir von den anderen Rollen lernen, um das vorgestellte DMS Projekt erfolgreich umzusetzen?
- Welches „Geschenk“ kann unsere Rolle dem Projekt machen? In welcher Weise könnte euer „Rolle“ einen Beitrag zum Erfolg des DMS-Projektes leisten?
Spätestens ab diesem Punkt geschah etwas Magisches. Ein Teilnehmer beschrieb es so:
„Am Anfang war ich unsicher, welche Richtung du einschlagen wolltest. Es schien mir wie Zeitverschwendung. Ich sollte die Position des Kritikers einnehmen, obwohl ich fest hinter diesem Projekt stehe.
Mitarbeiter des Auftaktworkshops
Je mehr wir uns in die Rolle des „Skeptikers“ begeben haben, desto mehr wurde mir klar: Wow, diesen Aspekt trage auch ich in mir. Der Antrieb in mir verschließt sich oft vor der skeptischen Stimme.
Als wir darüber nachdachten, welche Lektionen wir aus den anderen Rollen ziehen können, wurde mir bewusst: Jede Rolle ist wichtig für das Projekt. Es ist gut, wenn uns das „NICHTS“ auf unsere blinden Flecken hinweist. Es ist gut, wenn uns der „Traditionelle“ auf Dinge aufmerksam macht, die uns als Abteilung einzigartig machen. Für die Rolle des „Kritikers“ war es bereichernd zu hören, dass die „Treiber“ von uns lernen möchten, Risiken zu erkennen, bevor sie unüberlegt ins nächste Abenteuer stürzen.
Es war eine faszinierende Erfahrung, andere Gedanken und Ideen zu hören, an die ich selbst nie gedacht hätte.“

Fazit
Führungskräfte setzen den Rahmen und geben Orientierung. Der einladende Charakter des Auftaktworkshops ermöglichte einen Raum der offenen Rückmeldung.
Verständnis für unterschiedliche Perspektiven und das Kultivieren gemeinsamen Engagements schafft die Grundlage für Veränderungen. Wenn man auch nur vorübergehend in die Schuhe anderer schlüpft, brechen Barrieren auf und ein gemeinsamer Nenner findet sich.
Wandel braucht Flexibilität auf allen Seiten. Traditionen verankern uns, doch Agilität lässt neue Möglichkeiten Wurzeln fassen.
Geschichten stärken die Gemeinschaft. Wer Menschen mit ihren Sorgen ernst nimmt, gewinnt sie für die Zukunft. Das Teilen von Erfahrungen, wie es jener Teilnehmer tat, nährt Empathie und Vertrauen – die Bande, die uns auch durch Schwierigkeiten miteinander verbindet.
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