Bei Hans Christian Andersen gibt es ein Märchen über ein armes missratenes Entenküken. Es ist viel hässlicher als seine Geschwister, sein Gang im Gras und am Flussstrand ist nur ein ungeschicktes Watscheln. Seine Eltern ermahnen es ständig, sich doch bitte schön ein Vorbild an den anderen Entlein zu nehmen und sich gefälligst ein bisschen anzustrengen. Doch so sehr es sich auch – es will ihm nicht glücken.
Der weitere Gang der Geschichte ist bekannt. Als die Entchen älter werden, werden die Unterschiede immer größer. Schließlich stellt sich heraus, dass das hässliche Entlein dem Drängen seiner Eltern gar nicht nachkommen konnte – es war einfach von einer anderen Art. Es war ein Schwan.
Autor: Wolf Steinbrecher
Dilemma der zentralistischen Klimapolitik und agile Wege
Vielleicht werden wir das einmal im Rückblick auch als eine „Zeitenwende“ bezeichnen: Auf seiner Sitzung vom 26. bis 28. März 2023 hat sich der Koalitionsausschuss der Bundesregierung auf eine weitgehende Aufweichung des Klimaschutzgesetzes geeinigt. Damit, so die Meinung vieler Experten, verabschiedet sich die Regierung von der Umsetzung der Beschlüsse der Pariser Klimakonferenz und verstößt gegen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Dahinter steckt aber nicht nur Ignoranz gegenüber der Dringlichkeit der Klimafragen, sondern ein reales Dilemma: mit klassischen Planungsmethoden ist Klimapolitik nicht erfolgreich zu betreiben. Könnten wir von agiler Seite denn bessere Vorschläge machen?
Weiterlesen „Dilemma der zentralistischen Klimapolitik und agile Wege“Algorithmen in der Verwaltung – Heilsversprechen oder ethisch riskant?
„Digitalisierung“ ist ein Containerwort. Wer sechs Leute befragt, was sie unter Digitalisierung verstehen, erhält mindestens sieben Antworten. Das OZG ist ein gutes Beispiel dafür: wenn ich als Bürger ein Formular von einer Plattform herunterladen und ausfüllen kann, ist das dann schon Digitalisierung? Oder beginnt Digitalisierung erst beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz bei der automatischen Bearbeitung von Bürgeranliegen?
Darüber hinaus gibt es aber zunehmend eine weitere Diskussion. Sie stellt die Frage nach dem WAS der Digitalisierung, nach den mit ihr verbundenen Zielen und Werten – zusätzlich zu den Fragen nach dem WIE, also dem Tempo und der Überwindung von Blockaden.
Weiterlesen „Algorithmen in der Verwaltung – Heilsversprechen oder ethisch riskant?“Agile Netzwerke zum Thema E-Akte: Wie erzielen wir den größten Nutzen?
Vor drei Monaten haben wir auf dieser Plattform eine Initiative zur Vernetzung gestartet. Dabei ging es um ein Nischenthema, nämlich „Austausch über Erfahrungen, die E-Akte mit der Software enaio zu implementieren“. Die ersten Treffen der Austauschgruppe haben stattgefunden und die ersten Ergebnisse liegen vor. Über das Nischenthema hinaus können die bisherigen Erfahrungen vielleicht für Projektleiter:innen mit anderen Digitalisierungsthemen oder anderen Softwareprodukten interessant sein. Denn bei solchen Vernetzungen stellen sich ja immer die gleichen Fragen: „Lohnt sich das für mich und meine Verwaltung? Wenn ich auf ein Treffen von einer Stunde gehe – bekomme ich dann eine Ersparnis von mindestens zwei Stunden heraus?“
Und auf diese Fragen haben wir jetzt erste, vorläufige Antworten.
Wie können wir in der Digitalisierung schneller werden? Der Front-line-Ansatz
Die Diskussion um das Thema „Wie kann die Verwaltung die Digitalisierung vorantreiben – und vor allem warum?“ spielt auf unserem Blog eine zunehmende Rolle. Einige Beiträge sind dazu erschienen. /Anmerkung 1/ Auf unserer Jubiläumskonferenz „Agile Verwaltung 2023“ wird es eine Rolle spielen.
Die praktische Frage, die sich viele engagierte Innovator:innen in den Verwaltungen stellen, lautet: „Wie können wir praktisch anfangen? Wir sind von Blockaden umgeben – wie können wir damit umgehen?“ – Eine mögliche Antwort darauf liefert der Front-Line-Ansatz.
Weiterlesen „Wie können wir in der Digitalisierung schneller werden? Der Front-line-Ansatz“Regeln sind nicht durchweg zu befolgen. Regeln regeln nur, was ein Verstoß ist
Stell dir vor, du seist Sachbearbeiter in einer öffentlichen Verwaltung und hast eine Entscheidung zu treffen. Die Entscheidung aber, die dir die gesetzlichen Regelungen vorschreiben, widerspricht deinem „gesunden Menschengefühl“: sei es, dass die Situation außergewöhnlich ist und die Vorschriften dem konkreten Fall nicht angemessen erscheinen; sei es, dass eine regelkonforme Entscheidung deiner Meinung nach eine unbillige Härte für den konkret Betroffenen darstellte – also moralisch nicht vertretbar.
Wie verhältst du dich? Passt du deinen Beschluss der Regel an, auch wenn sie deinem „Wertekanon“ widerspricht? Oder setzt du dich über die Vorschriften hinweg und folgst deinem eigenen Gefühl?
Digitalisierung als Dehumanisierung? Das Beispiel Dänemark
Die nordeuropäischen Länder werden häufig als Beispiele gelungener Digitalisierung der Verwaltung genannt. Neben Estland und Finnland gehört, quasi in zweiter Linie, auch Dänemark dazu. Schon seit 2014 haben alle Einwohner eine elektronische ID und einen elektronischen Briefkasten – Grundvoraussetzung jeden Übergangs ins digitale Zeitalter. Schaut man aber genauer hin, bekommt der Vorbildcharakter des dänischen Vorgehens den einen oder anderen Kratzer. Die Verwaltung hat sich völlig von den Bürgern abgekoppelt, ist de facto nicht mehr erreichbar und realisiert den „Obrigkeitsstaat 21“.
Wollen wir das in Deutschland? Oder sollten wir uns vielleicht erst einmal darüber verständigen, was unsere Zielvisionen bei der Digitalisierung sind, bevor wir einfach „schneller! schneller!“ rufen? Natürlich geht es nicht darum, die Notwendigkeit einer (auch gern raschen) Digitalisierung der Verwaltung zu verneinen. Aber ihre visionslose, rein technik-getriebene Vorgehensweise birgt Risiken. Es kann sein, dass stillschweigend Weichen gestellt werden, die Möglichkeiten hin zu einem künftigen autoritären Staat eröffnen.
Bericht über den Besuch in der Stadt Kingersheim (Elsass) am 10.11.2022
Am Donnerstag, 10. November 2022, fuhr auf Einladung des Forums Agile Verwaltung und der Initiative Bürgerrat Kirchplatz aus Bietigheim (Baden) ein gemischtes Grüppchen Interessierter in die elsässische Stadt Kingersheim. Wir waren vom dortigen Bürgermeister Laurent Riche und der Stadtverwaltung eingeladen, uns über ihre Erfahrung bei der Organisation von Bürgerräten zu informieren. Und über ihre Überzeugungen, die sie dabei unterstützen.
Es sind mehrere Handlungsachsen, die dem Vorgehen bei aller Offenheit einen klaren Fokus geben. Entwicklung von und mit Partizipation ist nur eine davon. Ökologische Verträglichkeit eine weitere.

Digitallotsen, Digitalmanager – wie stärken wir sie, damit sie ins Handeln kommen können?
In der Breite der Verwaltung – vor allem auf kommunaler Ebene – wurden sogenannte „Digitallotsen“ ausgebildet. Aber viele Erfahrungen zeigen: diese Lotsen wissen nicht, was sie tun sollen und dürfen. In der Seeschifffahrt bedeutet Lotse: „Umfassende Anweisungskompetenz. Auch der Kapitän eines Schiffes muss mir folgen, wenn ich sage ‚9 Uhr backbord!‘ steuern.“.
Aber die, die sich den Begriff „Lotsen“ ausgedacht haben, hatten mit so agilen (hierarchie-überschreitenden) Rollendefinitionen nichts im Sinn. Verwaltungslotsen haben in der Regel keinerlei Anweisungskompetenz. Und: sie haben in ihren Ausbildungen nur wenig praktisches Wissen vermittelt bekommen. Der Begriff „Lotse“ verspricht also etwas, was in der Praxis dauernd untergraben wird. Wie können wir damit umgehen?
Weiterlesen „Digitallotsen, Digitalmanager – wie stärken wir sie, damit sie ins Handeln kommen können?“Ideen aus der Welt der Bücher: Muss der Kapitalismus sterben, damit die Erde überlebt?
In den letzten Monaten sind mehrere Bücher auf den Markt gekommen, die sich ganz grundsätzlich mit der Frage beschäftigen: „Wie tief müssen die Einschnitte in unsere Lebensweise ausfallen, damit ein Stopp des Klimawandels möglich wird?“ Es seien hier nur die Bücher von Maja Göpel „Wir können auch anders. Aufbruch in die Welt von morgen“ oder von Moritz Schularick „Der entzauberte Staat“ genannt. Und nun ist Anfang September 2022 ein neues Buch herausgekommen, das diese Frage am tiefschürfendsten von allen Publikationen angeht: „Das Ende des Kapitalismus“ von Ulrike Herrmann. Die Autorin ist Wirtschaftsredakteurin bei der taz und damit nicht dem extrem linken Meinungsspektrum zuzuordnen. Wie kommt sie trotzdem zu radikalen Antworten? Und was hat das mit agiler Verwaltung zu tun?
Weiterlesen „Ideen aus der Welt der Bücher: Muss der Kapitalismus sterben, damit die Erde überlebt?“