Nun ist es soweit, alle Schulen und Kindertagesstätten werden geschlossen. Auch bei uns in Agilhausen haben wir einen Krisenstab eingerichtet und werden ab dieser Woche den Schulbetrieb und die Betreuung in den Kindertagesstätten gemäß den Handlungsanweisungen stark einschränken. Es ist insgesamt eine seltsame Situation. Doch diese aktuelle Situation ist auch hoch spannend. Zum einen, weil wir alle nicht wirklich wissen was, wann und wie kommen wird. Die Lage ist komplex und nicht wirklich prognostizierbar. Das ist VUCA in Reinform. Sollen wir experimentieren und mutig sein? Wenn es um die Gesundheit unserer Mitmenschen in Agilhausen geht, dann wagen wir keine Exeprimente, sondern gehen mit Ruhe und mit aus jetziger Sicht angemessenen Maßnahmen voran.
Wenn es jedoch um den Schulbetrieb geht, dann sind Exeprimente genau das Richtige, um die Schule 4.0 mit Leben zu erfüllen. Da war doch was mit Digitalisierung und so. Dann lauschen wir einfach mal einem Gespräch mit tollen Ideen.
Wir packen es an
„Ab Mittwoch werden wir unsere Schulen schließen müssen.“ sagt Alexander. Im Krisenstab haben sich alle zusammengefunden, um die aktuelle Situation zu bewerten und Ideen zu entwickeln. Dabei sind crossfunktionale Teams in Agilhausen standard.
„Wie soll das bei uns auf dem Gymnasium nun laufen?“ fragt die Direktorin. „Wir haben zwar eine Lernplattform, jedoch wie soll die Kommunikation zwischen Lehrenden und Lernenden laufen? Sind denn überhaupt alle Schüler in der Lage digital zu arbeiten?“
„Ich kann ihre Sorgen verstehen“ sagt Susanne. „Lassen Sie uns doch mal überlegen, wie wir die nächsten Wochen gestalten können. Ohne es wirklich einschätzen zu können, behaupte ich mal, dass unsere Kids den Umgang mit den digitalen Tools drauf haben. Zumindest sind sie sehr schnell es zu lernen. Und wenn sie es noch nicht können, dann lernen sie es. Eines der wichtigsten agilen Prinzipien ist die Förderung der fachlichen Excellenz. Ich finde, das gilt auch für unsere Kids an den Schulen. Digitale Kompetenzen entwickeln und fördern, gemeinsam mit Lernenden und Lehrenden. Sehen sie es als große Chance.“ führt Susanne weiter aus.
Bestandsanalyse
„Ok, dann lasst uns mal Nägel mit Köpfen machen.“ sagt Nick. „Wie ist denn Schule im Grunde aufgebaut? Es gibt Schulfächer, es gibt Aufgaben und es gibt Kommunikation. Stimmts?“
Die Direktorin nickt und sagt „So einfach ist das aber alles nicht.“
„Ja, da haben sie recht.“ antwortet Nick. „Ein weiteres Prinzip ist die Einfachheit. Lassen sie es uns ganz einfach machen. Wie die Stoffreduktion in der Didaktik.“
„Lernen ist wie Einatmen und Ausatmen, haben Prof. Döring und Harald Groß immer vermittelt.“ sagt Susanne. „Wie können wir nun diese Lernphasen gestalten?“
„Ich habs!“ sagen Nick und Alexander gleichzeitig und müssen lachen. „Du zu erst.“ sagt Nick. „Nein du.“ sagt Alexander. Wieder müssen beide lachen.
Der Plan
„Ok dann mach ich mal.“ sagt Alexander. „Bei uns im Verein und hier in der Verwaltung nutzen wir seit einiger Zeit eine Kommunikationsplattform und ein digitales Aufgabenboard. Das kann ich mir auch für den digitalen Schulunterricht vorstellen.“
„Wir haben die Schulfächer, wir haben die Klassen, wir haben die Lehrer und wir haben die Lernplattform in der Schule.“ sagt Nick. „Die Schulfächer sind die Themen, in denen die Aufgaben und das Lernmaterial stecken. Das ist unsere Struktur, die sich nun wie ein roter Faden durch unsere Tools ziehen wird. Wir wissen wer welche Fächer unterrichtet und wer in den Klassen ist. Damit haben wir ein weiteres wichtiges Element, unser virtuelles (Lern-)Team.“ Jetzt blüht Nick richtig auf. „Genial, wir haben alles, was wir brauchen. Ich mach das Mal schnell.“

Nick schließt seinen Laptop an den Beamer und startet die Kommunikationsplattform Slack.com. Er klickt hier und da und in wenigen Sekunden hat er die Plattform eingerichtet. „Und wie heißt das jetzt?“ fragt die Direktorin. „Ich habe es die Digitale Schule genannt.“ Nick grinst.
„Ich habe für jedes Fach einen Channel eingerichtet. So können die Lehrenden und die Lernenden ganz zielgerichtet zu dem jeweiligen Unterrichtsfach kommunizieren. Ich empfehle ihnen, es jeweils pro Klasse zu machen.“ erklärt Nick. „Wie sie es zeitlich gestalten wollen, das sollten ihre Lehrenden gemeinsam mit den Lernenden vereinbaren.“
„Und wie machen wir es mit den Aufgaben?“ fragt die Direktorin. Darauf hin antwortet Alexander „Während Nick die Kommunikationsplattform eingerichtet hat, habe ich ein Aufgabenboard über Trello.com eingerichtet. So sieht das aus.“

Alexander zeigt es ebenfalls über den Beamer. „Ich habe vier Spalten angelegt: Aufgaben, in Bearbeitung, zur Kontrolle und fertig. Die Lehrenden stellen hier die Aufgaben pro Klasse oder Schüler ein. Die Schüler ziehen sich ihre Aufgaben und schieben sie dann weiter zur Kontrolle. Lehrende und Lernende werden zu einem virtuellen Team. Die eigentlichen Lehrinhalte sind in den Büchern und auf ihrer Schullernplattform zu finden. Alle haben hier volle Transparenz, welche Aufgaben anstehen, in Bearbeitung und erledigt sind. Mit Terminen, Dokumenten und wer es macht oder eben auch nicht. Wir könnten den Eltern einen lesenden Zugriff geben. Dann sind sie etwas beruhigter. So können wir die Selbstorganisation und Eigenverantwortung unserer Kids fördern.“
„Wir haben die technischen Grundlagen sogar schon eingerichtet. Jetzt bringen wir es morgen an den Start. Lernende und Lehrende können partnerschaftlich erkunden, was Lernen und Schule 4.0 ausmacht. Macht Fehler, geht den nächsten Schritt, passt an und entwickelt euch jeden Tag weiter hat mein ehemaliger Lehrer immer gesagt.“ sagt Nick.
„Und das funktioniert?“ fragt die Direktorin. „Das ist ein super Plan, der die Möglichkeiten der Digitalisierung voll ausnutzt.“ sagt Susanne. „Damit bringen wir alle Menschen in der Schule auf ein neues Level der Zusammenarbeit. Denn das Ganze funktioniert nur, wenn alle sich einbringen. Am besten auf Augenhöhe. Wir werden schauen, wie es klappt. Ich melde mich jetzt schon als Digilotse und unterstütze euch dabei. Mein Chef hat bestimmt nichts dagegen. Oder Alexander?“ Susanne und Alexander schauen sich an und müssen beide lachen.
„Ich finde es erstaunlich, wie zuversichtlich und kreativ sie hier miteinander umgehen.“ sagt die Direktorin. „Ich dachte immer, bei euch in der Verwaltung geht es etwas nüchterner zu.“
„Ganz im Gegenteil, wir lieben Herausforderungen. Wir haben in den letzten Jahren gelernt, mit schwierigen Situationen umzugehen. Das war für uns nicht immer einfach, jedoch ein Weg voller lehrreicher Momente.“ sagt Alexander. „Lasst es uns angehen.“
Fazit
Der Schulbetrieb im Gymnasium ist für das erste abgesichert. Wie sieht es nun mit der Grundschule und der Betreuung von kleinen Kindern und älteren Menschen aus? Wir sind in Agilhausen zuversichtlich, dass wir hier eine weitere kreative Lösung finden werden. Darin sind wir mittlerweile Experten.
Hallo Falk, nanu, so eine Datenschutzbeauftragte würde ich auch gerne kennen. Safe Harbour oder FISA treibt denen doch Zornesröte ins Gesicht. Aber im Ernst: Hier könnten wir – kaum zu glauben – etwas besser machen als die ewigen Vorbilder Baltische Länder: Sehr genau hinschauen, wo unsere Daten landen und ob wir europäische Standards im Zweifel auch einklagen können. MeisterTask? Verwendet Google-Viewer APIs. MS Teams? Frag mal die niederländische Regierung.
Ich meine: Nicht die deutschen/europäischen Anbieter verschlafen die Tools (@martin), sondern wir schaden der europäischen Wirtschaft, weil wir uns gar nicht die Mühe machen, hier zu suchen.
Vorschlag: Macht die Suche zum Lerninhalt. Lasst die Schüler*innen unter diesen Prämissen im EU-Raum Produkte suchen. Wir hier bei https://digital.freiburg.de/ machen die Erfahrung, dass es die Mühe lohnt.
PS: Bevor ich das „Meckerer Tag“ verpassst bekomme: Die Agilhausen Posts lese ich mit größtem Vergnügen!
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Coole Übertragung in unsere Tools 🙂
Ich erinnere mich noch an Prof. Gunter Dueck, der mal fragte, warum wir uns noch so einen teuren Univeristätsbetrieb leisteten. Eigentlich könnte doch die beste Vorlesung ever aufgezeichnet und ins Netz gestellt werden. Da bräuchte es nich so viele Dozenten, die das Gleiche, nur eben schlechter machten. Und auch hier: wir hätten alle viel weniger zu arbeiten 😉
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Ich verstehe ja nicht, warum das Ganze nicht nachhaltiger und genauso kreativ-agil mit Tools aus Europa gehen soll.
Das sind ja alles US-Tools, keine Chance, Verletzungen der DGSVO einzuklagen, wenn schützenswerte Daten geleakt werden.
War da nicht mal ein Vorbild-Gedanke in der Pädagogik? In diesem Fall nicht unkritisch auch noch so coole Tools (WhatsApp! „haben doch alle“) einzusetzen? Zugegeben, früher war das echt schwer, weil es nix gab hierzulande.
Das ist glücklicherweise Geschichte.
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Na ja, der FISA Act reicht doch auch bis zu unseren Bundesnachrichtendiensten. D.h. wenn NSA was haben will, gehen auch die in Deutschland auf deutschen System gehosteten Daten nach Amerika. Ist in meinen Augen nur eine Schein- und Beruhigungsakt.
Aber ja, hier verschlafen deutsche Firmen entsprechende Tools …
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Hallo Rüdiger, vielen Dank für deinen Kommentar. Wir haben in Agilhausen das Glück, dass unsere Datenschutzbeauftrage 10 Jahre in Estland gearbeitet und die dortige Digitalisierung begleitet hat. Sie ist bei uns natürlich im Krisenstab und hat uns beraten. Für den Einsatz der Lernplattform in der Schule gibt es ein entsprechendes Sicherheitskonzept. Die Lernplattform läuft über nextcloud auf einen Server bei einer Partneruniversität. Alle Daten, insbesondere Leistungsdaten der Lernenden, sind dort sicher abgelegt. Jetzt ging es uns darum, eine Idee zu entwickeln, wie wir das Lernen schnell und unkompliziert organisieren können. Hier wollen wir mehrere Tools ausprobieren. Uns ist der Impuls wichtig, eine passende Lösung zu finden. Das eigentliche Tool ist für uns im Moment nachrangig. In einer anderen Klasse wird zum Beispiel gerade Meistertask oder MS Teams ausprobiert. Die Abiklassen sind gerade mit Zoom am werkeln und go-to-meeting wird auch gerade getestet. Für unsere Onlinebesprechungen nutzen wir zum Beispiel auch sehr intensiv Blackboard Collaborate. Für die Nutzung der Tools haben wir gemeinsam mit unseren Schülern einen Datenschutzcodex entwickelt. Daran halten sich die Kids. Hier haben wir uns von den Erfahrungen aus Finnland und Estland inspirieren lassen.
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