Strukturen sind wichtiger als Methoden
Warum sind einige Verwaltungen agiler oder leaner als andere? Der Schlüssel liegt nicht in den Methoden, sondern in anderen Strukturen.
Demings zwei Hebel
Ich habe auf LinkedIn und im Teamwork-Blog einen Artikel über einen alten Streit zwischen den Tayloristen und Mayoisten geschrieben. Es gibt ein sehr interessantes Kapitel von Kyle Bruce und Chris Nyland im Oxford Handbook of Management. Dort wird beschrieben, wie sich nach dem Zweiten Weltkrieg die Idee von Human Relations im Management durchgesetzt hat. Seither wird viel stärker auf die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeiter geachtet als auf sinnvolle Strukturen im Unternehmen.
Sicher ist es nicht falsch, AUCH auf die individuellen Bedürfnisse zu achten. Aber der Hebel ist sehr kurz. Es gibt ein Zitat von W. Edwards Deming aus seinem Buch „Out of the Crisis“: „Ich würde schätzen, dass nach meiner Erfahrung die meisten Probleme und die meisten Verbesserungsmöglichkeiten sich in etwa wie folgt aufteilen: 94% gehören zum System (Verantwortung des Managements), 6% sind speziell“ (Out of the Crisis, The MIT Press., Seite 270)
Das System der Zusammenarbeit bestimmt also viel stärker die Ergebnisse einer Organisation als die individuelle Leistungsfähigkeit. Agile und Lean Unternehmen haben das verstanden.
Viele Organisationseinheiten sind weder organisiert noch eine Einheit
Was würde herauskommen, wenn man Mitarbeiter und Führungskräfte in der Verwaltung oder in einem Unternehmen nach dem Zusammenhalt untereinander fragt? Meine Vermutungen: man schätzt sich vielleicht gegenseitig, aber es gibt selten eine echte Organisation. Bei einigen Menschen habe ich den Eindruck, dass sie aufgrund von Erfahrungen lieber ihre Ruhe haben wollen. Es gab einmal Zeiten, in denen sie an Teamarbeit wirklich interessiert waren. Aber irgendwann wurden sie enttäuscht, weil eine echte Zusammenarbeit irgendwie nicht möglich war.
Welche Strukturen hätten denn weitergeholfen?
Was sind Organisationsstrukturen?
Fachwissen, Methoden und Werkzeuge helfen einer Person dabei, ein Problem zu lösen oder einen Auftrag zu bearbeiten. Strukturen sind die Dinge drumherum, zum Beispiel:
- Werden Leute geregelt und systematisch ausgebildet und eingearbeitet?
- Gibt es funktionierende, vereinbarte Regeln, nach denen Arbeit angenommen und verteilt wird?
- Gibt es Mechanismen, die die Qualität der Ergebnisse prüfen?
Eine Struktur soll gute Arbeit einfach machen. In der Lean-Literatur werden Strukturen oft als ein Keil dargestellt, der verhindern soll, dass eine Kugel einen Berg zurückrollt.
Ich habe für mich Fragen gefunden, um auf Strukturen zu achten:
- Welche dauerhafte Struktur brauchen wir, damit alle Mitarbeiter und Führungskräfte auf die gleichen Ziele hinarbeiten?
- Welche dauerhafte Struktur brauchen wir, damit die erwarteten Ergebnisse in der gleichen Qualität zur rechten Zeit abgeliefert werden, auch wenn eine Schlüsselperson fehlt?
In der Welt von Lean und Agil hat man über die Zeit verschiedene Strukturelemente in das Repertoire aufgenommen:
- Routinen
- Sichtbarmachen von Dingen
- Festlegen von bestimmten Rollen
- Prüfmechanismen
- Selbstverpflichtungen
Nehmen wir das Beispiel „Daily Scrum“. Es gibt die Methode Daily Scrum, nach der ein Daily Scrum abläuft. Für ein gutes Daily brauchen wir ein paar Strukturen:
- Routinen: Neue Mitarbeitern wird erklärt, warum es ein Daily Scrum gibt und wie es abläuft.
- Routinen: Es gibt ein Daily Scrum.
- Sichtbarmachen von Dingen: Es gibt ein Scrum Board, auf dem die Arbeit und der aktuelle Stand leicht erkennbar ist.
- Festlegen von bestimmen Rollen: Eine Person übernimmt die Rolle Scrum Master und achtet darauf, dass die Dailys abgehalten werden.
- Selbstverpflichtungen: Die Arbeit ist so organisiert, dass es (nur) stabile Teams gibt und jeder Mensch nur in einem Team ist. Jeder muss damit nur an einem Daily Scrum teilnehmen.
- Selbstverpflichtungen: Es gibt ein Produkt-Ziel und ein Sprint-Ziel.
Was wäre der Nutzen eines Daily Scrums ohne stabile Teams und ohne Ziele?
Jeder kann für sich ja einmal eine Methode auswählen und sich dann überlegen, welche Strukturen da sein müssen, damit die Methode funktioniert.
Ergebnisse liefern macht Spaß und motiviert. Gute Ergebnisse hängen viel stärker von funktionierenden Strukturen ab, als von der individuellen Fähigkeit eines Mitarbeiters. Deswegen brauchen wir für jede Methode auch Strukturen.
