Community of Practice – informative Vernetzung mit der Weisheit der Vielen

Ein Beitrag mit Alexander Null aus Kassel.

Im Zusammenhang mit Agilität und agilen Organisationen taucht der Begriff der Community of Practice auf. In unserem Beitrag wollen wir zeigen, was CoPs sind, was zu einem gelingenden Austausch beiträgt und welche Erfahrungen wir in einer Community of Practice machen, in der wir seit 2020 Mitglied sind.

Bild: EME auf pixabay

Was ist eine Community of Practice?

In Organisationen mit agilen Strukturen oder Scrumprojekten gibt es selbstorganisierte Teams, die im besten Fall in Netzwerke eingebunden sind. In der Organisationsstruktur von spotify zum Beispiel sind sogenannte Trupps mit maximal acht Mitgliedern gebildet (Squads genannt, sie arbeiten gemeinsam an einem Teilprodukt oder an einer bestimmten Funktion) und Stämme (Tribes, sie bilden eine Gemeinschaft von Trupps und bestehen insgesamt aus maximal 100 Mitarbeitenden). Nähere Informationen zum Organisationsmodell von spotify findet ihr auf einer ganzen Reihe von Internetseiten. Eine Frage in solchen Organisationsstrukturen ist jedoch, wie die Vernetzung quer zu den Squads und Tribes erfolgt, um keine Organisations-Silos aufzubauen. Wie ist in dieser Struktur der Experten-Austausch und die fachliche Beratung mit Kolleginnen und Kollegen gleicher Fachkompetenz organisiert? Wie werden Unterstützung bei Problemen und der Wissenstransfer untereinander gewährleistet?

Die Lösung sind Communities of Practice (CoP). In agilen Organisationen dienen sie dazu, Experten quer über die Strukturen hinweg mit einander zu vernetzen. Das können Menschen mit gleicher Fachrichtung und mit ähnlichen Aufgaben sein, mit gleichen Themen und Interessen. Die CoPs sind damit zur übrigen Struktur querliegende Gruppen, sozusagen Business-Gilden der neuen Arbeitswelt…

Die Idee der CoP taugt auch, um sich über Organisationen hinweg zu vernetzen. Diese Variante möchten wir hier näher vorstellen. Bei der Vorbereitung eines Beitrags zu diesem Thema für die Konferenz des FAV am 15. Juni 2022 haben wir auch überlegt, was unsere CoP eigentlich aus- und so besonders macht. Lest hier, was unsere Gedanken dazu sind…

Wie kam unsere Community of Practice zustande?

Die Community ist einfach entstanden – man könnte sagen, unbeabsichtigt. Zwei Personalentwicklerinnen aus zwei Kommunen lernten sich auf einer Tagung kennen und luden anschließend die Kolleginnen und Kollegen aus der eigenen und einer weiteren Stadtverwaltung in ein Treffen ein. Die Gruppe mit Kommunen aus Baden-Württemberg und Hessen ist inzwischen um zwei Mitglieder aus Versorgungsbetrieben gewachsen. So fand während der Pandemie – online – ein erstes Treffen statt, um sich im größeren Kreis kennen zu lernen und Wünsche und Erwartungen abzugleichen. Es stellte sich heraus, dass alle mehr oder weniger die gleichen Themen hatten und jeweils die eine Kommune bei dem einen oder anderen Thema weiter war als die andere. Alle konnten Ideen, Erfahrungen und wertvolle Hinweise mitnehmen. Schnell war klar, dass wir weiter voneinander lernen, uns gegenseitig unterstützen, inspirieren und motivieren wollten. Insgesamt wird die CoP nun von rund 15 Personen getragen.

Unsere Treffen sind mit immer neuen Impulsen mittlerweile eine feste Größe in unserem Alltag geworden. Inzwischen sind wir dabei, neue Konzepte in Kooperation gemeinsam zu entwickeln. Dazu hat sich eine weitere Teilgruppe zum Thema WOL/LernOS gebildet, die seit rund einem Jahr zusammen arbeitet. Wir wollen im Folgenden darüber sprechen, warum wir so glücklich über die Kooperation sind.

Welche Themen haben wir schon bearbeitet?

Die gemeinsame Überschrift der Gruppe ist Personal- und Organisationsentwicklung. In den vergangenen Treffen haben wir uns unter anderem über Themen wie die Digitalisierung von PE-Angeboten, Erfahrungen mit agilem Arbeiten, Regelungen zum mobil-flexiblen Arbeiten, Führungskräfteentwicklung, Lernplattformen und Schlüsselqualifikationen ausgestauscht. Weitere stehen in unserem Backlog. Dabei sprechen wir über unsere Ideen, Aktivitäten, stellen Konzepte vor und diskutieren über offene Fragen und Erfahrungen.

Wie kam es zur Gründung des Ablegers zu WOL/LernOS?
Eine der Kommunen wurde von einer weiteren, vierten Stadtverwaltung für einen Austausch zu WOL angefragt. Es stellte sich heraus, dass dieser Austausch auch für andere Kommunen in der CoP von Interesse war, so dass jeweils eine Kollegin bzw. ein Kollege in die Teilgruppe zu WOL und lebenslangem Lernen mit einstiegen. In dieser Gruppe konnten wir schon John Stepper, den Gründer der WOL-Bewegung, persönlich kennenlernen. Die anderen werden auf dem Laufenden gehalten.

Was brauchen wir, um effektiv und gut in der CoP miteinander arbeiten zu können?
Eine wichtige Voraussetzung, um kollaborativ und online zusammenarbeiten zu können, sind gemeinsame digitale Plattformen und Werkzeuge. Hier stellten wir fest, dass jede Stadtverwaltung andere Konferenztools nutzte. Für Videokonferenzen nutzen wir Webex, Zoom, Teams und Bigbluebutton, je nach dem, wer einlädt. An virtuellen Whiteboards sind Conceptboard, Miro, Mural und Padlet im Einsatz. So lernten wir zu Beginn der Pandemie reihum auch gleich noch weitere Softwaretools kennen und sammelten im geschützten Raum Erfahrungen damit. Hier ein Beispiel aus einem Meeting:

Beispiel für die gemeinsame Arbeit auf einem Whiteboard

Wir treffen uns regelmäßig etwa alle drei Monate, rund 120 Minuten und jede/r kann vor oder während der Treffen Punkte einbringen.Wir starten dabei mit einem kurzen Check-In, was die Einzelnen gerade beschäftigt, und dann gibt es entweder bereits geplante Themen oder einen Lean Coffee, um das Meeting zu strukturieren und auch gleich zu dokumentieren. Die Treffen werden von einer Person moderiert und die Organisation und Moderation wechselt reihum. So wird die Organisation auf alle Schultern verteilt und gemeinsam getragen.

Wie gelingt es uns, Stetigkeit in den Austausch zu bringen?

Unsere Zusammenarbeit ist von viel Interesse und wichtigen Erfahrungen bestimmt, vom Nutzen und der Bereitschaft, regelmäßig dabei zu sein. Alle sind in irgendeiner Rolle aktiv. Jeder nimmt aus jedem Treffen etwas für seine Kommune mit, das ist unserer Einschätzung nach ein wichtiger Faktor. Offene Fragen in der eigenen Arbeit können eingebracht werden. Es lohnt sich also, dabei zu sein und die Zeit zu investieren. Durch unsere Größe mit nun fast 15 Mitgliedern finden die Treffen auch statt, wenn Einzelne nicht teilnehmen können. Und natürlich gehört etwas Diziplin dazu, die Treffen zu halten, auch wenn es grade so garnicht passt.

Was macht unsere Treffen so reich und wertvoll? Zum Gelingen der Treffen trägt der immer wieder sehr offene Austausch von Informationen, Sichtweisen und Konzepten bei. Dabei wird sehr viel auch miteinander geteilt, was die jeweiligen Kommunen an Erfahrungen und Programmen entwickelt haben. Neben den Kommunen aus verschiedenen Bundesländern und Größen kommen durch die Versorgerbetriebe neue Perspektiven hinzu. Jede Kommune hat andere Schwerpunkte, und das macht die Vielfalt des Austauschs aus. Das Gefühl, die Problemstellungen und Herausforderungen der anderen nachvollziehen zu können und zur Seite zu stehen, ist bereichernd. Dazu gehört auch, sich erwartungslos für die anderen einzubringen, gleichzeitig nährt es das eigene Bedürfnis nach Gemeinschaft und Unterstützung. Auch können wir durch diese Art der Zusammenarbeit die eigene Organisation aus einer neuen Perspektive erleben und selbst neue Sichtweisen auf die anderen Organisationen bekommen.

Die CoP als kreative Auszeit vom Tagesgeschäft

Bisher trafen wir uns nur online, aber wir wollen uns möglichst bald in einem Treffen vor Ort persönlich kennenlernen und auch sehen, wo und wie die Kolleginnen und Kollegen arbeiten. Nicht zuletzt fühlen sich unsere Treffen an wie eine „Auszeit“ vom Alltag, das ist ein wirklicher Kreativ- und Inspirationsraum. Und was natürlich ganz besonders förderlich ist und auf gar keinen Fall fehlen darf, ist ein persönlich wertschätzender Umgang und Humor!

Eigene CoP gefällig?

Wir hoffen, Euer Interesse ist erwacht oder Ihr habt sogar Feuer gefangen. Wir wollen euch anstiften, eine eigene Community of Practice zu gründen. Wer aus Eurem Netzwerk fällt Euch ein, den Ihr einfach mal für einen Austausch anschreiben oder noch besser direkt anrufen könntet? Wen kennt ihr vielleicht nur flüchtig, glaubt aber, dass diese Person ein interessanter Kontakt sein könnte? Welches Projekt, von dem ihr wisst, hat Euch schon immer interessiert und wer sind die Macher*innen dahinter? Wer hat eine ähnliche Funktion zu Beispiel als Verwaltungsleitung, Personaler oder Digitallotse, intern oder extern – und gerade in kleineren Gemeinden, die nicht so breit aufgestellt sind? Schaut dazu vielleicht auch mal in eure Kontakteliste in Outlook oder in den Social Media Kanälen bzw. Verbänden. Welche Themen habt Ihr, bei denen Ihr Euch andere Perspektiven, kollegiale Beratung und Austausch wünschen würdet und anbieten könnt? Wir müssen das Rad nicht immer neu erfinden und können uns bei anderen Unterstützung holen.

Wenn Ihr hier Kontakte suchen möchtet, habt Mut und schreibt unten in die Kommentarfunktion Euer Thema, einen indirekten Hinweis, wie man Eure Kontaktdaten finden kann und vielleicht meldet sich ja ein *e andere*r Leser*in dieses Beitrags, der:die ebenfalls Interesse hätte…?

Wir drücken die Daumen und wünschen Euch viel Erfolg!

Autor: Christine Gebler

Veränderungen, die bewegen.

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