Wenn von agilen Methoden gesprochen wird, neigen viele dazu agile mit Scrum gleichzusetzen. Dabei gibt es neben Scrum noch eine Vielzahl weiterer Ansätze, die nicht minder interessant sind. Einer dieser Ansätze ist Personal Kanban, das anders als Scrum nicht aus dem Bereich der Produktentwicklung stammt, sondern eher die Organisation des Tagesgeschäfts in Visier hat. Wesentliches Kernelement von Kanban ist die Visualisierung der Wertströme und der Prozessabläufe. Die Visualisierung hilft dabei, die Abläufe sichtbarer zu machen und erleichtert damit die Arbeitsplanung ungemein. Ich selbst organisiere mich nach den Personal Kanbanprinzipien und bin begeisterter Anwender. Gerade in kleinen Teams ist Personal Kanban eine gute Möglichkeit der agilen Koordination.
Grundstruktur![]()

Wesentliches Kernelement von Personal Kanban ist das Kanbanboard. Eine Tafel, die auf folgender Grundstruktur basiert:
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Aufgabenspeicher (Backlog)
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In Bearbeitung
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Erledigt
Es gibt eine Menge elektronischer Hilfsmittel, die für eine virtuelle Kanbantafel verwendet werden können. Die Erfahrung aber zeigt, dass eine analoge Tafel für den Einstieg am besten geeignet ist. Dafür braucht es nicht gleich ein Whiteboard. Ein großes Plakat reicht aus. Für die Aufgabenkarten sind häufig schon Post-its ausreichend.
Im Aufgabenspeicher werden alle Aufgaben gesammelt, die die anfallen und bearbeitet werden sollen. Die Spalte In Bearbeitung beinhaltet alle Aufgaben, die gerade im Augenblick bearbeitet werden. Die Spalte Erledigt hingegen umfasst alle Aufgaben, die abgeschlossen worden sind. Diese Struktur lässt sich übrigens beliebig anpassen, sodass die einzelnen Bearbeitungsschritte ebenfalls in eigenen Spalten dargestellt werden können. Für den Anfang empfiehlt es sich jedoch mit der einfachen Gliederung aus Backlog – In Bearbeitung – Erledigt zu beginnen.
Aufgabenbeschreibung
Für jede Aufgabe wird eine Karte erstellt, die die Aufgabe beschreibt. Die beschriebene Aufgabe sollte nach Möglichkeit innerhalb eines Tages bearbeitet werden können. Ist dies nicht möglich, empfiehlt es sich, die Aufgabe aufzudröseln und in einzelne Aufgaben zu zerlegen. Auf jeder Karte steht nur eine formulierte Aufgabe.
Um die Zugehörigkeit zu einer Kategorie oder einem Projekt zu verdeutlichen, helfen insbesondere verschiedenfarbige Post-its, wobei jede Farbe dann für eine bestimmte Kategorie oder ein Projekt steht. So zeigt sich schon auf dem ersten Blick, welche Aufgabe zu welchem Projekt gehört.
Die Aufgabenbeschreibung sollte als Ergebnis erfolgen. Ein konkretes Bild vor Augen zu haben, was erreicht werden soll erleichtert die praktische Umsetzung. Gleichzeitig gewinnt das Team durch die gemeinsame Formulierung eines Ergebnisses auch ein gemeinsames Verständnis, was erreicht werden sollte. Je genauer das Ergebnis formuliert ist, desto klarer wird auch, was getan werden muss, um das Ergebnis zu erreichen.
Beispiel:
Wenn der Tag heute zu Ende gegangen ist, möchte ich einen Blogbeitrag zum Thema Personal Kanban in der Teamorganisation für den Blog Forum Agile Verwaltung geschrieben und eingestellt haben.
Aufgabenpriorisierung
Wie bereits erwähnt werden im Aufgabenspeicher (in der Literatur häufig Backlog genannt) die Optionen – d. h. Mögliche relevante Aufgaben gesammelt. Erst danach wird entschieden, welche Aufgaben bearbeitet werden. Da nicht alle Aufgaben auf einmal abgearbeitet werden können, heißt es nach dem Sammeln zunächst einmal zu priorisieren. Die Priorisierung der Aufgaben erfolgt gemeinsam im Team. Gemeinsam wird dabei festgelegt, welche Aufgaben heute ausgeführt werden sollen. Was ist heute wichtig, sollte die oberste Frage des Teams dabei lauten.
Die geplante Menge der Aufgaben wird übrigens nach oben begrenzt: Arbeit in Bearbeitung (Work in Progress = WIP). Der WIP legt fest, wie viel Aufgaben max. für den jeweiligen Tag eingeplant werden. Dieser sollte zwar ambitioniert sein, aber aber nicht zu hoch liegen.

Die Priorität eine Aufgabe – auch im Themenspeicher – lässt sich übrigens an der Reihenfolge ablesen. Die am höchsten priorisierten Aufgaben hängen ganz oben, die am niedrigsten priorisierten Aufgaben hängen unten.
Bei der Festlegung, der maximale Arbeitsmenge ist zu berücksichtigen, dass im Laufe eines Tage immer wieder auf unerwartete und ungeplante Aufgaben hinzu kommen können. Es bietet sich an den WIP zunächst bei fünf Aufgaben pro Person anzusetzen und ihn dann entsprechend der Erfahrung des Teams noch oben oder unten anzupassen. Die Begrenzung der Aufgabenmenge träge dazu bei, dass sich das Team Gedanken machen muss, welche Prioritäten es setzen möchte.
Die entsprechenden Aufgaben werden dann für den Tag in die Spalte in Bearbeitung umgehängt. Idealerweise hat jedes Teammitglied eine eigene Unterspalte, so dass auf einen Blick sichtbar wird, wer gerade ans was arbeitet.
Sind übrigens die Aufgaben abgearbeitet, heißt es noch lange nicht, dass das entsprechende Teammitglied den Rest des Tages sich einen schönen Lenz macht. Entweder es hilft den anderen Teammitglieder deren Aufgaben zu lösen oder derjenigen oder diejenige schnappt sich aus dem priorisierten Aufgabenspeicher die nächste Aufgabe.
Fertig gestellte Aufgaben werden in die Spalte Erledigt verschoben. In der Erledigt-Spalte gibt es übrigens die Unterscheidung nach Teammitgliedern nicht. Die geleistete Arbeit ist eine Teamleistung und wird auch als solche visualisiert.
Tägliche Synchronisierung des Teams
Wichtig ist, dass das Team sich täglich – am besten zu gleichen Uhrzeit zusammenfindet und gemeinsam jeden Tag aufs neue plant, welche Aufgaben getan werden sollen. Neben der gemeinsamen Priorisierung sollte, auch immer kurz darüber gesprochen werden, was das Team am Vortag erreicht hat und welche Hindernisse aufgetreten sind. Damit die Runde nicht ausufert, bietet sich eine Zeitlimitierung (Timebox) von 15 Minuten an. Über Problemlösungen wird dabei nicht gesprochen, denn diese sind dann Gegenstand einer eigenständigen Besprechung der Beteiligten. Es geht darum, dass sich das Team gegenseitig darüber informiert, was ansteht und was zu tun ist. Gemeinsam wird festgelegt, was als Nächstes gemacht werden muss
Kontinuierliche Verbesserung
Wesentliches Element von Personal Kanban ist auch die kontinuierliche Verbesserung der eigenen Zusammenarbeit. Ähnlich wie bei Scrum empfiehlt es sich hierfür Zeit für eine Teamretrospektive einzuplanen. Am besten am Ende der Arbeitswoche. Auch hier gilt – eine Zeitlimitierung ist hilfreich, um sich auf das Wesentliche zu fokussieren. Leitfragen wie zum Beispiel
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Was hat gut diese Woche funktioniert?
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Was hat weniger gut diese Woche funktioniert?
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Was wollen wir beibehalten?
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Was wollen wir ändern?
helfen dabei das Verbesserungspotenzial zu heben. Auch hier gilt – eine Zeitlimitierung hilft ausufernde Diskussionen vorzubeugen und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Eine Timebox von 30 Minuten bietet sich daher an.

Auch hier ist eine Visualisierung hilfreich, wie im gezeigten Beispiel.
Wochenplanung
Bisher hat sich die Arbeitsplanung auf der Mikroebene bewegt – damit fehlt ein wenig der Überblick. Manche bedienen sich daher bei der Wochenplanung eines weiteren Boards, auf dem die übergeordneten Themen wie Projekte einmal pro Woche innerhalb des Teams in den Fokus gestellt werden. Die Vorgehensweise ist dabei weitgehend identisch mit der Tagesplanung, nur dass eben in diesem Fall nicht die Aufgaben im oben beschriebenen Sinne betrachtet werden. Betrachtet wird dabei die „Projektplanung“ aus Sicht des Gesamtteams.
Auch bietet sich an einmal in der Woche den Aufgabenspeicher des Aufgabenboards auf Vordermann zu bringen. D. h. Ergänzungen vorzunehmen, Priorisierungen zu ändern oder gar nicht mehr notwendige Aufgaben aus dem Aufgabenspeicher zu entfernen.
Abschließender Hinweis
Die hier beschriebene Vorgehensweise ist nicht in Stein gemeißelt. Sie ist eine Option unter vielen, die sich das jeweilige Team entsprechend anpassen kann. Es muss zum Team und seinem jeweiligen Aufgaben passen.
Weitere Informationen
Literatur
J. D. Meier: Results – the Agile Way, Innovation Playhouse, 2010
Jim Benson & Tonianne DeMaria Barry: Personal Kanban, 2011
Um in Kanban einzusteigen ist eine physische Variante wirklich am besten geeignet, da man das Prinzip vor Augen hat und etwas tun muss, damit es voran geht. Mittlerweile nutze ich allerdings die digitale Variante, die ist für mich unterwegs besser zu handhaben.
Teams hingegen können wirklich viel von Kanban profitieren. Wir haben bei uns im Startup mit der Frage, was für Vorteile es für Teams bietet, beschäftigt und unsere Ergebnisse in einem Blogeintrag ( https://blog.zenkit.com/how-kanban-boards-can-benefit-your-team-ef12254115c5 ) festgehalten. Was meinst du, bietet Kanban noch für Vorteile im Gegensatz zu Scrum? Da gibt es doch bestimmt noch mehr?
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Projekt- und Zeitmanagement mithilfe des Kanbans ist meiner Meinung nach sehr sinnvoll. Wir können die Fortschritte kontrolieren, Aufgaben sortieren, schneller Kontakt mit den Auftragnehmern und Mitarbeitern annehmen. Es gibt viele Vorteile – in Abhängigkeit davon, wie unsere Projekte und die Zusammenarbeit mit dem Team aussehen. In meiner Firma verwenden wir z. B. Kanban Tool (mehr darüber: https://kanbantool.com/de/). Wir können die Aufgaben teilen. Das sieht tatsächlich wie To-Do-Listen, aber man hat größere Kontrolle über Arbeit – klare Visualisierung der Aufgaben bei den ausgebauten Systemen der Projektausführung und die oben erwähnte tägliche Synchronisierung des Teams sind unbezahlbar. Auf dem Markt kann man viele solche Lösungen finden und sein Lieblingstool auswählen. Für mich ist es unzweifelhaft Kanban Tool 😉
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