Mobilität im ländlichen Raum

Der ländliche Raum ist geprägt von einer geringen Bevölkerungsdichte, einer weiten Entfernung zwischen den Orten und einem unzureichenden öffentlichen Nahverkehr.


Diese Faktoren erschweren die Mobilität der Menschen, die dort leben, und beeinträchtigen ihre Lebensqualität und ihre wirtschaftlichen Chancen. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, sind innovative und nachhaltige Mobilitätslösungen gefragt, die den Bedürfnissen und Möglichkeiten der ländlichen Bevölkerung entsprechen

Im ländlichen Raum stehen viele Gemeinden vor großen Herausforderungen:
Der demografische Wandel, die Abwanderung junger Menschen, der Klimawandel, der Strukturwandel in der Landwirtschaft, der Mangel an öffentlichen Dienstleistungen und Infrastrukturen.

Ergänzt durch die Ziele der Bundesregierung für mehr Nachhaltigkeit und die Klimaneutralität.
All diese Faktoren erfordern ein Umdenken in der Mobilitätsplanung und -politik.

Wie kann dieses gelingen?
Eine Bestandsaufnahme mit anschließende Ideen & aktive Projekte.

Statiscta 2020 – sehr ländliche Räume in dunklerem Grün

Das Auto

Gerade im ländlichen Raum ist bei dem Begriff Mobilität oft nur das Auto gemeint.
Denn durch die Bewegungen aus den kleinen Ortschaften zu individuellen Zeiten und mit verschiedenen Anforderungen, bietet das Automobil Flexibilität, Komfort und auch Sicherheit.

  • Durch die bessere Flächenverfügbarkeit, im ländlichen Raum, steht das Fahrzeug meist direkt vor der Tür oder gar in der eigenen Garage. Ein Zugriff auf das Fortbewegungsmittel ist jederzeit möglich.
  • Die verschiedenen Fahrzeugtypen bieten über Assistenzsysteme, Sitzheizungen usw. eine individualisierte Ausstattungsmöglichkeit.
  • Die aktuell populären SUV Typen bieten eine höhere Sitzmöglichkeit und der gesamte Fahrzeugkorpus bietet einen sehr hohen Insassenschutz

 

ÖPNV & Pendeln Stadt und Land

 

Mobilität mit dem Auto ist ein wichtiger Faktor für die Lebensqualität und die wirtschaftliche Entwicklung im ländlichen Raum. Sei es für die Pendler, die Warenkäufe des täglichen Bedarf, kulturelle Veranstaltungen, soziale Kontakte oder den Handwerker.

Diese persönliche Auto-Mobilität hat Deutschland in den letzten Jahrzenten viele Zugeständnisse gemacht (Auszug):

  • Straßen wurden breiter; Autobahnen mehrspuriger
  • Parkgebühren & Anwohnerplätze günstig angeboten
  • Autostraßen sind in Deutschland für PKW kostenlos nutzbar
  • Erholung und Naturflächen für den Verkehr umgewidmet
  • Förderungen von Dienstfahrzeugen
  • Subventionierung von Dieselkraftstoff
  • Unterstützung des längeren Pendelns per Kilometerpauschale
  • Zeitliche Prämien für den Neukauf gewährt
  • Umweltstandards für PKW wurden gelockert
Grafik aus der Statistik des Verkehrsministeriums 2022

Flächenbedarf

Deutschland hat eine Gesamtfläche von 35,7 Millionen Hektar oder 357.000 km2, von deren mit allen Autostraßen mindestens 1,8 Millionen Hektar an Fläche zur Verfügung stehen

Ein paar Fakten aus dem Bundesverkehrsministerium aus Anfang 2022
BMDV – Längenstatistik der Straßen des überörtlichen Verkehrs, Stand 01.01.2022 (bund.de)

·         Über 13.000 Kilometer Autobahn

·         Fast 38.000 Kilometer Bundesstraßen

·         Landes und Kreisstraßen nochmal rund 170.000 Kilometer

·         Die deutsche Bahn besitzt 37.000 Kilometern

Hinzurechnen sind noch die geschätzten 1,4 Millionen Hektar an öffentlichen und privaten Parkflächen
(Quelle: Umweltbundesamt, 2019)

Flächenkonkurrenz

Die Bereitstellung von Flächen für das Automobil ist fortdauernd und meist nur aufwendig wieder zurückzubauen. Damit werden andere „Nutzer“ der verfügbaren Fläche eingeschränkt.

– Landwirtschaft
– Naturschutz
– Erholung
– Wohnraumversorgung

Mit den Folgeschäden für alle Bewohner, auch wenn diese kein Auto nutzen.

Das Umweltbundesamt nennt den täglichen „Verbrauch“ von 55 Hektar für Siedlungsflächen und Verkehrsflächen.
Die Herausforderung beschreibt die Kennzahlen der Nachhaltigkeitsstrategie aus dem Jahr 2002 die Flächenneuinanspruchnahme bis zum Jahr 2030 auf täglich 30 Hektar zu reduzieren

Auch die Flächen für Parkplätze sollen nach dieser Strategie verringert werden.
Umweltbundesamt fordert Parkplatz-Rückbau in Städten – DER SPIEGEL

Quelle Statistische Bundesamt 2022

Die Kosten

Laut einer Studie des Umweltbundesamtes verursacht der Autoverkehr in Deutschland jährlich Kosten von rund 149 Milliarden Euro durch Umweltschäden, Gesundheitskosten, Unfallfolgen und Infrastrukturkosten. Das sind mehr als 1800 Euro pro Einwohner!

Außerdem leiden viele Menschen unter den Folgen von Feinstaub, Stickoxiden, Ozon und Lärm, die durch Autos ausgestoßen werden. Diese Schadstoffe können zu Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Demenz und Depressionen führen. Laut einer Schätzung der Europäischen Umweltagentur sterben in Deutschland jedes Jahr rund 60.000 Menschen vorzeitig durch Luftverschmutzung.

Was nun?

Die Mobilität der Zukunft wird nachhaltiger, vernetzter und flexibler sein. Das bedeutet, dass wir uns weniger auf das Auto verlassen und mehr alternative Verkehrsmittel wie Fahrrad, Bus, Bahn oder Carsharing nutzen werden. Das bedeutet auch, dass wir mehr digitale Lösungen einsetzen werden, um unsere Mobilität zu planen, zu buchen und zu bezahlen.

Durch eine Abkehr vom Auto als Hauptverkehrsmittel kann der öffentliche Raum an Qualität gewinnen. Der neu gewonnene Raum kann attraktiver gestaltet werden, zum Beispiel mit Grünflächen, Spielplätzen, Sitzgelegenheiten oder Kunstwerken. Der Raum kann belebter werden, weil die Menschen ihn wieder für sich entdecken. Auch kann der Raum sicherer werden, zum Beispiel mit besserer Beleuchtung, Barrierefreiheit oder Verkehrsberuhigung.

Ein paar Ideen zur Mobilität

Durch die direkte Nähe zu den Bürgerinnen und Bürgern ist es gerade im ländlichen Raum möglich, die Chancen zu nutzen und Experimente zu wagen. Hierfür kann die Verwaltung einen maßgeblichen Anteil zu beitragen.

  • Beteiligung der Bürger an der Planung und Gestaltung des öffentlichen Raums, zum Beispiel mit Bürgerwerkstätten, Online-Umfragen oder Experimentierräumen. Hier können auch Kampagnen für ein besseres Bewusstsein zählen.
  • Kooperation mit anderen Akteuren aus der Region, zum Beispiel mit Unternehmen, Vereinen oder Nachbargemeinden
  • Förderung des öffentlichen Nahverkehres, indem er attraktiver, günstiger und zuverlässiger wird. Dazu sollten auch Busse, Bahnen und Ruf-Taxis auch in den Abendstunden und am Wochenende fahren. Die Schaffung von mehr Park-and-Ride-Plätze an den Bahnhöfen und Haltestellen hilft.
  • Mehr Abstellmöglichkeiten für Fahrräder an wichtigen Orten wie Schulen, Rathäusern oder Einkaufszentren. Anbieten von Fahrradverleihsysteme oder E-Bikes. Unterstützung sollten auch Fahrradinitiativen und –kampagnen erhalten.
  • Unterstützung des Fußverkehrs, durch mehr verkehrsberuhigt Innenstädte und Ortskerne. Einrichtung von mehr Fußgängerzonen oder Shared Spaces, wo alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt sind. Bäume und Blumen am Straßenrand und ausreichend Sitzgelegenheiten oder Trinkbrunnen helfen auch. Die Organisation von autofreien Tage oder Feste, kann Bewusstsein schaffen und Lust auf eine andere Mobilität
  • Mobilitätszentren als Anlaufstelle für Bürgerinnen und Bürger, um Informationen zu den verschiedenen Optionen zu erhalten.

Was machen die Anderen

Hannover – Hannover – Lust auf Fahrrad – Hannover.de

Münster – Münster: Fahrradstadt (stadt-muenster.de)

Hamburg  – Auf grünen Wegen durch die Stadt – hamburg.de

Grenoble / FR – Grün, Grüner, Grenoble Studium | studieren weltweit (studieren-weltweit.de)

Curitiba / BR – Curitiba, Brazil BRT system – GoBRT.org

Fazit

Mobilität ist mehr als nur von A nach B zu kommen. Mobilität ist auch ein Ausdruck von Freiheit, Teilhabe und Identität. Mobilität prägt unseren Alltag, unsere Beziehungen und unsere Umwelt. Deshalb sollten wir Mobilität als etwas Veränderbares und Gestaltbares begreifen, nicht als etwas Starres und Vorgegebenes.

Dabei müssen die Mobilitätslösungen an die spezifischen Gegebenheiten und Bedarfe der ländlichen Regionen angepasst werden.
Die Attraktivität kann durch eine angepasste Mobilität, auch im ländlichen Raum erhöht werden.
Auch wenn der Weg herausfordernd ist, sollten wir ihn heute schon beschreiten. Für eine nachhaltige, inklusive und menschenorientierte Zukunft miteinander.

Weitere Quellen & Lesestoff:


Studie des Bundesministeriums für Landwirtschaft zum ländlichen Raum
https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/laendliche-regionen-im-fokus.pdf

Zukunft der Mobilität im ländlichen Raum

://www.zukunft-mobilitaet.net/171427/analyse/laendliche-regionen-mobilitaetswende-zukunft-der-mobilitaet-auf-dem-land/

Förderprojekte

https://www.bmel.de/DE/themen/laendliche-regionen/mobilitaet/mud-land-mobil.html

https://www.ble.de/DE/Projektfoerderung/Foerderungen-Auftraege/BULE/Foerdermassnahmen/Modellprojekte/LandMobil.html

https://www.bmdv.bund.de/DE/Themen/Mobilitaet/OEPNV/Foerderprogramm-Staerkung-OEPNV/foerderprogramm-staerkung-oepnv.html

Bücher

https://www.fischerverlage.de/buch/katja-diehl-autokorrektur-mobilitaet-fuer-eine-lebenswerte-welt-9783103971422

https://www.buchkomplizen.de/wider-das-system-auto.html

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