Metriken und ihre (gar nicht nur) stillen Konsequenzen
Jüngst stiess ich im Internet auf ein eingängiges Video.
Simon Sinek, ein amerikanisch-britischer Kulturanthropologe, präsentiert ein Koordinatensystem. Es geht um Leistung und Vertrauen:
Ich kann seine Aussagen nicht überprüfen, ich kenne seine Datenlagen nicht.
Was ich aber höchst relevant finde, ist die Feststellung, dass für die EIGENTLICH gewünschten Elemente resp. Eigenschaften keine bzw. kaum gängige Metriken zur Verfügung stehen.
Dass deshalb in der Praxis Dinge höher bewertet werden oder erfolgreich sind, die messbarer, beschreibbarer oder nachweisbarer sind,
einfach WEIL sie messbarer, beschreibbarer oder nachweisbarer sind.
Aber nicht unbedingt, weil sie hilfreich oder gar erwünscht wären.
Was macht den Wert einer Organisation aus?
Hauptsächlich die klassischen Bilanzwerte (finanzieller Erfolg, Immobilien, Produktionsstätten etc.) und Performanzindikatoren?
- Oder Wissensvielfalt, evtl auch Exklusivspezialwissen und Kompetenz in der Organisation?
- Qualität und Einsatzwillen der Mitarbeitenden?
- Kundentreue?
- Reaktivität bei unerwarteten Ereignissen?
- Innovationskraft? Bzw je nach Branche Innovatiosadaptationskraft?
- Vertrauenswürdigkeit?
– Aber wie zum Teufel sollen wir „sowas“ gesichert messen und bewerten?
Auf Basis wovon werden Mitarbeitende wünschenswerterweise befördert oder als Führungskräfte installiert?
In erster Linie inhaltliche Sachkenntnis und Anciennität,
Durchsetzungskraft und Ellenbogen?
- Oder auch und besonders bezüglich Führungswillen?
- Interesse an und Fähigkeit zur Befähigung und Entwicklung von Menschen, Vorgehensweisen, Strukturen und Bereichen?
- Konstruktive Schlichtung von Konflikten?
- Vertretung von Werten und kollektiven Interessen?
- Ermöglichung von noch nicht Erreichtem?
- Voraussehen von Anpassungsnotwendigkeit und Erkennen von neuen Erfolgsfaktoren?
- Erschliessung von verborgenen Talenten oder Schlüsselkompetenzen?
- Finden einer noch nie dagewesenen, situativ aber hoch passenden Lösung fern aller Standards?
- Vertrauenswürdigkeit?
– Aber wie zum …. Ihr kennt den Text schon…..
Eine vergleichbare Diskussion läuft derzeit auf systemisch anderer Stufe im Bereich des Gesundheitswesens. Wie stark kann und soll und muss ein Gesundheitswesen von klassischen betriebswirtschaftlichen Metriken und Bilanzen geprägt werden – und wo stossen wir da an qualitative, ethische, innovationsfeindliche, existenzberechtigungsgefährdende und damit zum Teil auch gefährliche, weil toxische Grenzen?
Ich bitte die geneigte Leserschaft, einmal im eigenen Arbeitsumfeld einerseits zu überprüfen, was in Alltag und Praxis wichtige Qualitäten, Eigenschaften und Aspekte von gesundem, erfolgreichen und lebenswerten Arbeitsumfeldern sind. Und andererseits, was aufgrund von Darstellbarkeit und Messbarkeit honoriert und gewürdigt wird. Bei Personen, Organisationseinheiten oder auf Stufe der Gesamtinstitution.
Eine zentrale Referenz von Messresultaten ist vergangene Erfahrung als Vergleichswert. In hoch veränderungsafinen, von Komplexität getriebenen Zeiten in denen Ursache-Wirkungsmuster schwer oder gar nicht erfassbar sind:
Wie wert-voll und erkenntnisträchtig ist der Vergleich mit dem Rückgriff auf Vergangenes, dessen Kontext schon kaum noch oder nur schwierig vergleichbar ist?
Ich habe keine abgestützten, nachweisbaren oder evidenzbasierten Antworten. Aber es ist mir wichtig, die Diskussion zu lancieren und die oft sehr automatisch zentrale Position von gesetzten Metriken hinterfragter zu machen.
Und freue mich über Rückmeldungen und Erfahrungswerte sowie Meinungen der geneigten Leserschaft dazu. Bitte. Danke.
2 Kommentare