Agile Verwaltung als adaptive, kontinuierlich lernende Organisation

Eigentlich wollte ich mich an der ganzen „Agile ist tot“-Debatte nicht beteiligen. Daran haben sich schon so viel abgearbeitet, dass es langsam mehr als abgedroschen ist. Doch da wir als Forum Agile Verwaltung das Wort „Agil“ im Namen führen, macht es vielleicht doch Sinn, darüber zu reflektieren, worum es uns ging und immer noch geht. Wir haben uns vor vielen Jahren als Selbsthilfegruppe gegründet. Wir waren damals ein kleines Häufchen vermeintlich rebellischer Verwaltungsmenschen. Vermeintlich rebellisch, weil wir keine Revolution oder Rebellion im Sinne eines Umsturzes anzetteln wollten. Uns einte die Erkenntnis, dass die öffentliche Verwaltung einiges gut kann und konnte – sie aber auch von Herausforderungen stand und steht, die eine Erweiterung des Werkzeugkoffers benötigt. Uns einte die Erkenntnis, dass wir einen Verwaltung brauchen, die nicht nur Stabilität aus dem Effeff beherrscht, sondern auch mit Komplexität und unerwarteten Herausforderungen souverän umgehen kann. Und wir haben „Agilität“ nie als etwas Neues gesehen, sondern als Renaissance und Rückbesinnung, auf das auf was wirklich ankommt: Zusammenarbeit, um gute Ergebnisse zu erzielen.

Dazu passt ein Gedankenblitz in meinem privaten Blog, der obwohl er schon 10 Jahre alt ist, für mich immer noch passt:

Obwohl ich ein großer Freund agiler Methoden bin, so bleiben sie doch nur Methoden. Es sind Hilfsmittel hinter denen sich eine bestimmte Grundhaltung oder besser Geisteshaltung verbirgt. Eine Geisteshaltung, die meiner Meinung nach diametral zu der Idee steht, agile Methoden als Allheilmittel für den Umgang mit Komplexität zu sehen. Aber genau dies tun – wie bereits erwähnt – im wachsenden Umfang viele. Diese „Agileologen“ erhöhen die Idee einer Methodik, einer – aus meiner Sicht kritischrationalistischen Denkweise – zu einer Ideologie mit dem Anspruch auf „absolute Wahrheit“, ohne sich eigentlich bewusst zu sein, wie schizophren dies eigentlich ist.

Der Grundgedanke der agilen Methoden – auch wenn er nicht im agilen Manifest dokumentiert ist – lautet, dass die Welt komplex ist. In einer komplexen Welt gibt es keine absolute Wahrheit oder perfekte Lösung. Anders ausgedrückt: DIE Lösung existiert nicht. Genauso wenig existiert DIE Methode, die zu DER Lösung führt. Es gibt kein Allheilmittel. Es existieren viele Wege, viele Methoden und Ansätze. Eben dieser Grundgedanke schwebt in den agilen Methoden mit. Wer agile Methoden jedoch als „Ideologie“ bezeichnet und ihnen einen absoluten Wahrheitsgehalt zuspricht, missversteht den Kerngedanken der Agilität. Er wird zum Agileologen. Damit steht er im Widerspruch zu dem, was er zu sein behauptet: ein Agilist.

Der Grundgedanke der agilen Methoden, auch wenn er im agilen Manifest nicht dokumentiert ist, lautet dass die Welt komplex ist. In einer komplexen Welt gibt es keine absolute Wahrheit, keine perfekte Lösung oder anders ausgedrückt: DIE Lösung existiert nicht. Genauso wenig existiert daher DIE Methode, die zu DER Lösung führt nicht. Es gibt kein Allheilmittel. Es existieren viele Wege, viele Methoden und Ansätze. Eben dieser Grundgedanke schwebt in den agilen Methoden mit. Wer aber agile Methoden mit dem Duktus der „Ideologie“ versieht, ihnen einen absoluten Wahrheitsgehalt zuspricht, der wiederum missversteht den Kerngedanken der Agilität. Er wird zum Agileologen. Er steht damit im Widerspruch zu dem, was behauptet zu sein: ein Agilist.

Für mich persönlich ist ein Mensch, der auf agile Methoden zurückgreift ein kritisch-rationaler Mensch, der einen Weg sucht sich dem Kern der Wahrheit zu nähern und dabei anerkennt, dass es keine absolute Wahrheit gibt. Er anerkennt in diesem Sinne, die Vorstellung, dass auch andere Wege, Ideen und Methoden zu befriedigenden Lösungen finden können und er sucht den Austausch, den Dialog mit sich scheinbar widersprechenden Ansätzen, auf der Suche nach möglichst besten Lösung. Genau, dass ist es was einen Agilisten in meinen Augen ausmacht.

Quelle: https://tomsgedankenblog.social/2015/05/14/gedankenblitz-agileologen-versus-agilisten/, aufgerufen am 17.06.2025

Kurz gefasst: Für einen Agilisten ist und bleibt „Agilität” eine von vielen Methoden. Ein Hilfsmittel. Er oder sie erkennt an, dass auch andere methodische Ansätze geeignet sein können, um die bestmögliche Lösung zu erzielen. So sehe ich es heute immer noch. Die methodischen Dogmatiker waren uns von Anfang an ein Dorn im Auge. Agilität ist und war eine Erweiterung unserer Werkzeugkiste. Den Abgesang, den einige anstimmen, halte ich daher für falsch und irreführend. Agilität ist eine von vielen Optionen. Übertragen wir das auf unser Verständnis einer agilen Verwaltung, dann ist diese eine beidhändige Organisation, die Agilität und Stabilität gleichermaßen beherrscht – ganz im Sinne von Gerd Wohlands Idee des dynamikrobusten Höchstleiters. Auch schon in die Jahre gekommen, aber immer noch gut. Als agile Verwaltung wissen wir, dass wir unterschiedlichste Aufgaben und Funktionen in einer breiten Varianz von Einflussfaktoren zu meistern haben. Wir müssen Routineaufgaben sicherstellen. Und das auf höchstem qualitativen Niveau, das hochkomplizierte Sachverhalte beinhaltet. Wer jemals an einem Bebauungsplan mitgewirkt hat, weiß sofort, was ich meine. Wir müssen als Verwaltung Standardroutinen bewältigen und dabei jedes Mal die gleiche Qualität liefern. Ein klassisches Beispiel ist das Einwohnermeldewesen mit Personalausweis und ähnlichen Dingen. Wir müssen aber auch Ideen und Lösungen für unbekannte Problemstellungen erarbeiten. Dafür haben wir Werkzeuge wie Scrum, das ursprünglich für die Entwicklung von Produkten entworfen wurde und darin bis heute unschlagbar ist.

Jenseits der Methodendiskussion ist es unser Auftrag, als Verwaltung(en) beständig dazuzulernen und unser handwerkliches Können zu verbessern. Als lernende Organisation ganz im Sinne der modernen Schlagworte Lean und Agile. Wir greifen zu Werkzeugen und Hilfsmitteln, die uns dabei unterstützen, unserem Auftrag, hochqualitative Ergebnisse zu erzielen, nachzukommen. Auch dann, wenn wir uns auf Terrain bewegen, das uns nicht genau bekannt ist. Ja, Verwaltungen haben in der Regel einen Auftrag und ein Ziel. Um diesem gerecht zu werden, braucht die Verwaltung einen Werkzeugkoffer und das handwerkliche Können, um die bestmögliche Lösung zu nutzen und das Ergebnis zu erreichen. Eine agile Verwaltung in unserem Sinne ist außerdem eine Verwaltung, die Menschen – egal in welcher Rolle – ganz im Sinne des „mündigen Bürgers“ und eines guten „Handwerkers“ befähigt, Probleme zu lösen und Herausforderungen zu meistern. Das war, ist und wird auch in Zukunft das Ziel unseres Forums sein. Wir betrachten agile Methoden seit jeher als Erweiterung unseres Werkzeugkoffers. Für uns bedeutet Agilität adaptives, reflektiertes und beständiges Lernen und Anpassen. Unser klares Ziel und unser Auftrag sind es, die bestmögliche Lösung zu finden und umzusetzen. Und das nicht im stillen Kämmerlein, sondern mit allen Beteiligten. Wir verstehen uns als Forum, das als Austauschplattform, Impulsgeber, Unterstützer und Vernetzungsort dient, um Impulse, Ideen und Gedanken auszutauschen und damit die öffentliche Verwaltung zukunftsfähig zu machen.

Das ist heute nötiger denn je. Denn wir haben nach wie vor ein qualitatives Bürokratieproblem, das nicht nur für den Bürger, sondern auch für die Verwaltung selbst ein Ärgernis ist. Manche Bürokratiekritiker mögen das anders sehen und hätten am liebsten einen Nachtwächterstaat, in dem Rechtsstaatlichkeit, Verlässlichkeit, Demokratie und gesellschaftliche Solidarität kaum eine Rolle spielen. Ein Blick über den großen Teich sollte wachrütteln.

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