Sicher haben alle es sofort erkannt – die Rede ist von … tadaaa …: KOORDINATION.
Koordination gilt gemeinhin als wichtig, mitlaufend und selbstverständlich. Oft ist es aber so, dass sie recht wenig sicht- und spürbar ist und nicht immer ganz so selbstverständlich gut funktioniert. Sie ist eine dieser Leistungen, die erst erkannt und thematisiert werden, wenn sie nicht vorhanden sind oder Fehler passieren. Das ist schade – Koordination hat mehr Aufmerksamkeit und Wert verdient.
Der Begriff Koordination „beinhaltet in seiner allgemeinen Bedeutung das Aufeinanderabstimmen, die gegenseitige Zuordnung verschiedener menschlicher, sozialer, wirtschaftlicher oder technischer Vorgänge“ [Wikipedia]. Koordination ist also klar nicht das gleiche wie Kooperation, die als Kernkompetenz in aller Munde ist … .
Ich bin der Überzeugung, dass Koordination als Aufgabe und Fertigkeit einen eigenen Platz verdient. Sie ist ein ehrbares, erlernbares Handwerk, das wichtige Aspekte zusammenführt und vereint. Sie ist weniger eine reine Tätigkeit als ein kontinuierlicher Prozess.
Im folgenden Bild habe ich versucht, Koordination als System von Elementen darzustellen:
Der Reihe nach von links nach rechts:
Koordination verlangt System- und Fachwissen. Ich benenne in Projekten für die Unterstützung der Koordination gelegentlich einen „Master of Consequences“; eine Person, die den Betrieb sehr gut kennt und mit ihrer Fachlichkeit kombiniert dafür prädestiniert ist, multiple Auswirkungen von Vorhaben bis ins x-te Glied abzuschätzen, weiterzudenken und zu beschreiben.
In der Regel erfüllt Koordination einen bestimmten Auftrag. Das heisst, sie muss in stetigem Dialog mit der auftraggebenden Instanz sein (können) und adaptiv auf Ziel und Umfeld der Vorhaben aufmerksam (re-)agieren.
Systemisches Grundwissen ist für Koordinationsaufgaben meiner Erfahrung nach unter Umständen sehr, sehr hilfreich und sinnvoll – und wird oft unterschätzt:
Essentiell sind bewusste kontinuierliche Wahrnehmungen im System: erkannte und bekannte Regelmässigkeiten, formale und informelle Kulturausprägungen, Abweichungen, Veränderungen, Peaks in Bezug auf Prozesse, Personen und Entwicklungen im Allgemeinen – all diese geben wichtige Informationen und Hinweise, die koordiniertes Vorgehen ermöglichen – oder behindern. Das Prinzip der Unterschiedsbasierung (nach Varga von Kibéd/Sparrer) kann dabei ein überaus hilfreiches Instrument sein. Die Feststellung, ob und wie eine Veränderung sich auswirkt und vor allem welche Reaktionen sie auslöst, ist ein hilfreicher Indikator für die Deutung des Zusammenspiels von Aspekten. Daraus lässt sich oft eine pragmatische, systemadäquate Basis für Zugänge zu einzelnen, auch nicht geplanten Situationen ableiten.
Koordination beinhaltet auch Steuerung. Sie muss – trotz adaptiven Vorgehens – die grobe Richtung des koordinierten Vorhabens beibehalten. Sie muss situativ zwischen verschiedenen Anspruchsgruppen moderieren können und Information und Beratung bereithalten und verteilen.
Wer koordiniert, muss für Kommunikation besorgt sein. Einen hohen Anteil hat das verlässliche und zeitlich passende Formulieren und zur Verfügung stellen des generierten Wissens und der vorhandenen Teilelemente und ihres Aufeinanderabstimmens und ihres Zusammenwirkens – als push wie als pull.
Koordination ist ein Strauss von Handlungen und Know-How – viele davon bewegen sich auf der Metaebene. Es sind diverse Fachleute, die die Leistung an sich erbringen – wer koordiniert, kümmert sich besonders und ergänzend dazu um die Zwischenräume und Nahtstellen dazwischen.
Es gibt verschiedene Metaphern dazu:
- Der Dirigent, der die verschiedenen Künstler beim Spielen des Werkes eines Komponisten ins harmonische Zusammenspiel führt und zur Maitrise der Musiker seine eigenen Akzente hinzufügt und ein einzigartiges, situatives Gesamtkunstwerk ermöglicht.
- Der Verkehrspolizist, der selbst gar nicht fährt, aber den Verkehr mit allen Verkehrsteilnehmern mit ihren unterschiedlichen Vehikeln oder Füssen auf dem Weg zu ihren verschiedenen Zielen flüssig und am Funktionieren hält.
- Der Leistungssportler, der viele minutiöse einzelne Bewegungsabläufe so aufeinander abstimmt und perfekt einsetzt, dass er in ihrer guten Kombination Höchstleistungen erbringen kann.
- Der Uhrmacher, der ….
Alle im Zusammenspiel mit vielen Elementen Meister ihres Fachs. Versierte Koordinationsmeisterinnen und –meister verdienen die gleiche Anerkennung.
Und auch hier als agile These, dass Koordination nicht zwingend von einer Person gewährleistet werden muss. Auch Koordination kann durch ein talentgemischtes zuständiges Team, vielleicht sogar besser als durch eine zuständige Person, erbracht werden. Also vielleicht weniger der Dirigent allein, sondern alle Mitglieder des Orchesters inklusive des Dirigenten und des Komponisten als Teil des Ganzen? Koordination als kombiniertes Gesamtkunsthandwerk?
Wenn… wenn… wenn Koordination nicht als x die Unbekannte der Gleichung bleibt, sondern Thema und Inhalt von Gesprächen und Handlungen wird. Und bewusst gekonnt bearbeitet.
Wie sehen die geneigten Leserinnen und Leser das? Ist Koordination unterschätzt? Gibt es weitere Aspekte, die gutem Koordinationshandwerk dienlich sind? Gibt es gute Bilder, um sie zu beschreiben?