Job Methods, Toyota Kata, Agile Kata: in kleinen Schritten besser werden
In diesem Blog stellen wir immer wieder neue Techniken vor, um sich zu verbessern. Es ist schnell verwirrend, wenn man mit Begriffen wie Scrum, Agilität, OKRs konfrontiert wird. Muss man die in der Verwaltung umsetzen? Darf man die Methoden anpassen? Es gibt eine Frage, mit der man das Ganze wieder sortieren kann. Es folgt ein Bericht aus einem Kundenworkshop.
Wir schaffen nicht alles – Was müssen wir überhaupt schaffen?
Ich war kürzlich bei einem Kunden. Jemand hat mir den Termin organisiert. Aber ich wurde aus der Beschreibung nicht wirklich schlau. So machte ich meine Verunsicherung gleich zu Beginn transparent und fragte die anwesenden Mitarbeiter: „Warum bin ich hier?“
Eine sehr offene Frage, zu der auch keine Antwort kam. Ich fragte nach: „Es scheint Euch um Agiles Arbeiten zu gehen. Schafft Ihr denn alles, was Ihr Euch vorgenommen habt bzw. was von Euch erwartet wird?“
Einige Mitarbeiter blickten in die Runde und hofften, dass jemand anders das Schweigen bricht. Endlich sprach es jemand aus: „Nein, wir schaffen nicht alles, was wir wollen.“
Ich wollte noch einmal wissen, ob die Anwesenden etwas tun wollen, um die Situation zu verbessern. Da kam ein ausdrückliches „Ja“. Nun hatte ich mein Mandat für die nächsten Schritte. Aber was sind die nächsten Schritte? Auf die Schnelle Kanban, Scrum oder OKRs einführen? Das passt nicht. Wir haben etwas anderes gemacht.

Was ist unsere Arbeit?
Um Dinge konkret zu verbessern, haben wir in kleinen Gruppen Vorgänge und Prozesse gesammelt, die immer wieder vorkommen. Dieser Kunde war gut organisiert und hatte schnell einen Überblick über alles bereit.
An dieser Stelle habe ich die Technik Toyota Kata vorgestellt. Die Ursprünge dieser Technik liegen im TWI-Programm in den USA zur Zeit des Zweiten Weltkriegs. Was macht man, wenn man mehr produzieren muss und gleichzeitig nicht mehr Leute und nicht mehr Material bekommt? Die Ersparnis kann nur aus dem regelmäßigen Hinterfragen der bestehenden Prozesse kommen. Das war die Aufgabe des sog. Job Methods Trainings. Daraus wurde später Toyota Kata bzw. Agile Kata abgeleitet.
Der Ablauf ist ganz einfach:
- Wir besprechen unsere Herausforderung: Wo wollen wir grundsätzlich hin?
- Wir stellen fest, was die nächsten guten Zielbedingungen sind.
- Wir stellen fest, wo wir aktuell stehen.
- Wir machen viele kleine Experimente, bis wir die Zielbedingungen erreicht haben.
Was ist der Unterschied zwischen Zielen und Zielbedingungen?
Nehmen wir das Beispiel „Berlin Marathon“. Ein Ziel könnte lauten: „Am Berlin-Marathon teilnehmen und lebend unter den ersten 200 Läufer:innen ankommen.„
Um dieses Ziel zu erreichen, müssen bestimmte Zielbedingungen oder Erfolgsfaktoren gelten. Das wären zum Beispiel:
- Training nach Trainingsplan: mind. dreimal/Woche laufen
- Gesund essen: pflanzlich, keine stark industriell verarbeiteten Nahrungsmittel
- Ausreichend schlafen: 8 h/Nacht
Jetzt müssen wir aber erst einmal feststellen, was der aktuelle Zustand ist: vielleicht mache ich im Moment gar kein Sport. Auch meine Ess- und Schlafgewohnheiten stehen besseren Ergebnissen im Weg.
Wenn ich im Moment unregelmäßig kurz schlafe, sollte ich erst einmal herausfinden, wie ich zu mehr Schlaf komme. Das nächste Experiment könnte sein, abends das Mobiltelefon wegzulassen und weniger in den sozialen Medien zu versacken. Wenn ich das geschafft habe, und nur dann, suche ich mir die nächsten Experimente.
Mir ist ein schönes Zitat von Buckminster Fuller eingefallen: „There is no such thing as a failed experiment, only experiments with unexpected outcomes.“
Nicht zu schnell handeln
Nach der Erklärung des Ablaufs haben sich kleine Gruppen gebildet. Sie haben sich jeweils ein Thema genommen und ganz systematisch Fragen gestellt:
- Was ist die eigentliche Herausforderung? Welche Mengen müssen wir hier abliefern? In welcher Zeit? In welcher Qualität?
- Was wären gute, nächste Zielbedinungen? Wenn man keine Ziele weiß, könnte man sich an folgende Regel halten: verdopple das Gute, halbiere das Schlechte.
- Wo stehen wir gerade? Das war in vielen Fällen nicht klar. Das war die Gelegenheit, Dinge konkret zu zählen.
- Was könnten konkrete nächste Experimente sein? Hier kamen schon erste Ideen.
Es ist wichtig, sich ganz mechanisch diese Fragen zu stellen und keinen Schritt auszulassen. Wir neigen dazu, zu schnell zu einer Lösung zu springen.
In ein paar Stunden hatten alle im Raum Ideen für die nächsten Schritte entwickelt. Sie können nun in kleinen Schritten ihre Arbeit verbessern. Natürlich werden die Teams irgendwann Punkte erreichen, an denen sie grundsätzlich ihre Arbeitsweise prüfen müssen. Fragmentiertes Arbeiten und Multitasking hilft keinem. Aber auch hierfür kann man sich ja Zielbedinungen definieren:
- Keiner arbeitet in mehr als 2 Projekten gleichzeitig.
- Wichtige Entscheidungen können in einer Stunde getroffen werden.
- Wir wollen täglich etwas verbessern.
- usw.
Mich hat das Gefühl der Selbstwirksamkeit der Menschen im Raum am Ende erfreut. Auf den Feedbackzetteln standen Aussagen wie:
- Ein klares Ziel ist wichtig.
- Große Probleme kann man zerlegen.
- Großes Ziel in kleine Teilziele zerlegen, die kurzfristig umsetzbar sind.
- Fokussiertes Arbeiten hilft zu mehr Effektivität.
- Prozesse von hinten (vom Ergebnis) her denken.
Wer mehr über Toyota oder Agile Kata lernen will, findet Literatur über die o. g. Links.