Das ist jetzt ein Experiment. Wir wollen euch, die Leserinnen und Leser unseres Blogs, einladen, mit uns gemeinsam ein Zielbild einer modernen, offenen, innovativen, beweglichen Verwaltung im Jahre 2040 zu entwerfen. Und dabei alle Schranken, die uns die Skepsis, der Zweifel, die Scham und – ja, leider auch der gesunde Menschenverstand und die realistischen Einschätzungen – auferlegen, für einen Moment beiseite lassen.
Eine Gestalt von Zukunft entstehen lassen
Die Idee stammt aus dem Buchprojekt des FAV „Agile Verwaltung 2040“. Zu Beginn dieses Projekts – vor ziemlich genau einem Jahr – hatten wir schon eine Vision entworfen. Die beginnt so:
„Wir wollen eine Verwaltung schaffen, die sich nicht gegenüber der Gesellschaft abgrenzt und hinter Unzuständigkeiten verschanzt, sondern ihren Blick nach außen richtet und sich für alle Bedarfe der gesellschaftlichen und individuellen Lebensgestaltung öffnet. Eine Verwaltung, die das Feld der Innovation nicht nur der Wirtschaft überlässt, sondern selbstbewusst und selbstverständlich Aufgaben anpackt und Projekte startet, die Horizonte erweitern, die langfristig und im Bewusstsein komplexer Wechselwirkungen angelegt sind und andere Akteure zum Mitmachen aktivieren. Eine solche Verwaltung schafft Plattformen, Experimentierräume und Brücken für Bürger*innen und Unternehmen, um mit ihnen in einen Dialog zu treten, der wirklichen Austausch ermöglicht und Resonanz erzeugt.“
Und aktuell sind wir dabei, eine erste Buchversion zu erstellen. Circa 60-70% der Kapitel sind fertig – und sie sind oft schon ziemlich gut. Aber ein Gesamtbild, das die verschiedenen Einzelaspekte und Puzzleteile zu einer Gestalt zusammenfügt, wird daraus (noch) nicht präsent.
Und da hatte Jan die Idee: „Wir schreiben ein Kapitel wie einen kleinen Roman. Ein Arbeitstag im Leben eines Sachbearbeiters in einer Verwaltung, z.B. einer Stadt. Wie arbeitet er? Was hat sich konkret im Alltag verändert? Wie denkt er zurück? Wie nach vorne, links und rechts?“

Und damit haben wir jetzt angefangen. Ein erster winziger Abschnitt ist geschrieben, und zwar so:
Ein Tag im Leben des Björn Reincke
Der Tagesplan
In seinem Büro machte Björn sich seinen Tagesplan. Dafür brauchte er eine Viertelstunde, länger als andere, aber der Aufwand lohnte sich für ihn.
„Mein Büro“ – Gott sei Dank gibt es das wieder. Vor fünf Jahren war mit dem zwanghaften Großbüro für alle Schluss gemacht worden und jeder hatte wieder Anspruch auf einen eigenen Rückzugsbereich. Acht Quadratmeter – völlig ausreichend. Und hier kann ich auch meine Post-It’s aufhängen.
Daran hatten die ganzen Umstellungen nichts geändert: Björn machte sich seinen haptischen Plan in Form von Post-It’s, die sich im Tagesverlauf bedächtig von links nach rechts schoben, von der Spalte „ToDo“ über „aktiv“ nach „erledigt“. Er versuchte, möglichst viele Entscheidungen auf den Tagesbeginn zu konzentrieren – das entlastet den Cortex, wie man weiß.
Was habe ich denn heute? Von 9 bis 12:30 Uhr Öffentlichkeitsfenster. Das ist gut, das ist immer spannend. Mittagspause. Von 15 bis 15:30 Team-Kaizen. Scheiße. Da ist die Stimmung zurzeit nicht gut. Frank nervt alle mit seiner depressiven Grundstimmung, die sich ins Team reinfrisst wie der Wurm in den Apfel. Ich fühle mich dem hilflos ausgeliefert, und den anderen geht es ähnlich. („Wurm im Apfel. Ist das nicht diskriminierend? Wo bleiben meine Werte der Sanftheit, verdammt!“)
Ich muss mir was gönnen. Etwas was mich nach dem Kaizen total wieder aufbaut, worauf ich mich freue. Also heute keine Arbeit an den aktiven Bauanträgen. Aber ich könnte mich mit Liza verabreden, ob sie mit mir das nächste Treffen des Bürgerrats vorbereitet. Tolle Idee!
Dann muss ich dringend anfangen, meine Moderation für die Verkehrs-Arena vorzubereiten. Dafür muss ich irgendwie noch eine Stunde rausquetschen. 13:30 bis 14:30 – das ginge. Und jetzt gleich eine halbe Stunde Channelsync – das ist auch ausreichend. Dann ist der Tag schon voll.
Die tägliche Wissensarbeit
Also los mit Channelsync. Der Eingangskorb von BusyNestle enthielt 32 Feeds aus aktiven Vorgängen, vier Termine mit Slots für das heutige Öffentlichkeitsfenster, 13 Knowledge-News und drei DM‘s.
Die Knowledge-News kann ich immer am schnellsten verarbeiten, damit fange ich an. DM’s sind oft aufwendiger, die schiebe ich ans Ende des Korb-Backlogs. Knowledge-News – was haben wir denn da? „Stadt Stuttgart meldet durchgängige agile Aufbaustruktur“. Na, die haben gut reden. Die haben Herrenberg um die Ecke und können abkupfern. „576. Leistung nach OZG ist flächendeckend umgesetzt. In drei Landkreisen ist die praktische Schießprüfung remote über YouTube möglich.“ Wegklicken. Das hier klang schon interessanter: „Mecklenburg-Vorpommern ersetzt Landesbauordnung durch BauleitrahmenVO“. Könnte sich lohnen, das merge ich ins Lesefach.“
In sechs Minuten waren die Knowledge-News durchgescannt. Drei davon waren im Lesefach gelandet, zusammen mit den drei Direct Messages von den Knowledge-Buddies. Jetzt blieben noch 24 Minuten zum eigentlichen Lesen, also vier Minuten pro News. Schon nach 20 Minuten war Björn durch – und hatte zwei Notizen in seinem Knowledge Journal generiert und seinerseits zwei DM’s an seine Buddies geschickt.
Seit zwölf Jahren war jeder Mitarbeiter angehalten, etwa 30 Minuten am Tag der Strategischen Nachdenk Initiative (Snadi) zu widmen. Damals hatte die Kampagne „1+99“, die der Leiter des Bauhofs initiiert hatte, zum Ergebnis gehabt: „Strategie-Entwicklung ist nicht die Angelegenheit der obersten 1% der Verwaltung – also OB und Dezernenten – sondern aller Mitarbeiter“. Jede Sachbearbeiterin sollte ihre spezifischen Aufgaben, für die sie zuständig war, täglich am Fernziel aller öffentlichen Verwaltungen ausrichten: Die Klimakatastrophe endlich zu stoppen und die bisherigen, täglich auftretenden Verheerungen kreativ abzumildern.
Dafür waren im Rahmen von Snadi verschiedene Prozesse aufgesetzt worden – unter anderem zur Beobachtung von Megatrends, zur schnellen Aufnahme von allgemeinem wie auch fachspezifischem Wissen aus dem WNAK (Wissensnetz Agiler Kommunen) wie auch der Peer-to-peer-Kommunikation mit den persönlichen drei Knowledge-Buddies. Von der Blumenwiese dieser Prozesse konnte sich jeder Beschäftigte seinen eigenen Strauß pflücken – also eine Auswahl zusammenstellen, die seinen Vorlieben entsprach. Auch die halbe Stunde Beteiligung an Snadi pro Tag war eine reine Richtgröße – niemand überprüfte das.
Das Öffentlichkeitsfenster
Mit federnden Schritten, in denen sich seine gutgelaunte Erwartung ausdrückte, ging Björn in den Kommunikationsraum.
Jetzt könnt ihr weiterschreiben
Hier ist ein Link auf die bisher fertiggestellten Teile: https://docs.google.com/document/d/1K0xxxSad862Aw3Pibj_RIUirxZX5HE3suyR/edit?usp=sharing&ouid=1146386xxx09755774103545&rtpof=true&sd=true.
Beziehungsweise: das ist kein gültiger Link. Um die möglichen KI-Roboter fernzuhalten, sind in diesen Link an zwei Stellen Zeichenfolgen der Form xxx eingefügt. Die müsst ihr entfernen und erhaltet so einen gültigen Link. Der führt euch auf ein Dokument auf Google-Drive, in dem ihr frei editieren könnt.

„Frei editieren“ bedeutet übrigens: „völlig frei editieren“. Ihr müsst euch nicht an die lineare Reihenfolge halten. Der jetzige Text beginnt am Morgen. Aber ihr könnt genauso gern eine Tätigkeit am Nachmittag einfügen oder andere Teammitglieder einführen oder seinen Vorgesetzten (falls es den dann noch gibt).
Viel Vergnügen beim Ideen-spinnen!