Agiles Arbeiten bedeutet, Lieferfähigkeit herstellen

Am Anfang hat mich das Menschen- und Kundenzentrierte Arbeit bei Scrum magisch angezogen. Ich fand den Umgang in agilen Teams toll. Aber nach 15 Jahren wurde mir klar, dass ich einen wichtigen Punkt bei Agilität übersehen hatte.

Agile Praktiken haben einen Zweck

In den letzten zwölf Monaten habe ich mitbekommen, wie in den USA und auch in Deutschland Scrum Master entlassen wurden (z. B. bei Capital One). Der Wert dieser Rolle scheint sich nicht herumgesprochen zu haben. Ich habe mit Geschäftsführern gesprochen, die mir ein ähnliches Feedback gegeben haben: Programmierer und Projekt Manager behält man gern. Die programmieren etwas oder steuern Projekte beim Kunden. Aber die Scrum Master? Wenn man Stellen abbauen will, hat das den geringsten Effekt auf das Geschäft. Puh!

Bei LinkedIn habe ich vor einem Jahr einen Beitrag über die Bedeutung der Wirtschaftlichkeit des Scrum-Master-Rolle geschrieben. Scrum Master und andere agile Führungskräfte müssen für sich die Rechnung aufmachen, wie sich ihre Rolle rechnet oder finanziert. Wer viel mehr nützt, als er kostet, muss sich weniger Sorgen um seine Zukunft machen. Wer das nicht tut, muss sich nicht wundern, wenn jemand anders diese Rechnung aufmacht.

Alle Einzelpraktiken, die wir mit agiler Arbeit verbinden, hat einen Zweck: Wir stellen (manchmal wieder) Lieferfähigkeit her. Das ist vielleicht ungewohnt. Aber es ist auch eine gute Nachricht. Sie hilft uns beim Planen der Führungsarbeit.

Was bedeutet Lieferfähigkeit (in der Verwaltung)?

An jede Organisation werden Erwartungen gestellt:

  • Wirtschaftliche Unternehmen müssen Kunden finden, damit sie sich finanzieren und Mitarbeiter bezahlen können.
  • Gemeinnützige Organisationen wollen Impact haben, damit sich etwas ändert und sich Leute engagieren.

Das gilt auch für Institutionen der Verwaltung. Jede Institution hat bei der Gründung einen Auftrag mitbekommen.

Lieferfähigkeit ist für mich die Fähigkeit einer Organisation, das zu liefern, was ihre Stakeholder erwarten.

Die Stakeholder einer Verwaltungseinheit sind Bürger, die Politik oder andere Institutionen.

Fragen zur Lieferfähigkeit in der Verwaltung

Im Teamworkblog habe ich schon ein paar Fragen zur Lieferfähigkeit für Scrum Master:innen formuliert. Fangen wir an, diese Fragen auf die Verwaltung zu übertragen:

  • Wer erwartet etwas von uns? (Wir fangen bei den Bürger:innen an.)
  • Was sollen wir liefern? Meist sind es Dienstleistungen. Wie oft kommen welche Vorgänge vor? Wie schnell sollen wir sie abschließen, in welcher Qualität?
  • Welche Kompetenzen brauchen wir, um zu liefern? Haben wir diese Kompetenzen? Können wir noch liefern, auch wenn Schlüsselpersonen ausfallen? Was ist unsere Strategie, Wissenslücken zu schließen?
  • Haben wir die entsprechenden Mittel, um zu liefern? Wenn nicht, wie bekommen wir die nötigen Mittel?
  • Ist unsere Arbeit gut finanziert? Wenn nicht, was ist unsere Strategie, um an ausreichend Geld zu kommen?
  • Liefern wir in der erwarteten Zeit? Wenn nicht, was ist unsere Strategie, um Zeit zu sparen oder um mehr Zeit zu bekommen?

Die Antworten auf diese Fragen helfen uns beim Planen agiler Arbeit. Wir können zielgerichteter arbeiten. Maßnahmen zur Verbesserung und zur Organisationsentwicklung können an die Lieferfähigkeit gekoppelt werden. So können alle Beteiligten selbst sehen, ob diese Arbeit die Lieferprozesse verbessert.

Wann habt Ihr das letzte Mal über Eure Lieferfähigkeit gesprochen?

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Ein Kommentar


  1. Ich bin etwas hin- und hergerissen bei dem Artikel. Die Ursprünge von Agilität lagen (auch) in der Softwarekrise um die Jahrtausendwende begründet. IT-Projekte wurden immer größer, bis hin zur völligen Handlungsfähigkeit. Auch die deutsche Verwaltung hatte ihre IT-Krisen, beispielsweise die einheitliche Software für die deutschen Finanzämter, ein Projekt, dass jetzt seit 30 Jahren läuft (https://www.computerwoche.de/a/it-projekt-der-finanzverwaltung-geraet-zum-desaster,3550295Aber, im Kontext der Verwaltung von der Wiederherstellung der Lieferfähigkeit zu sprechen, wird die Herzen der Amtsleiter, Dezernenten und Kämmerer nicht höher schlagen lassen. Zumindest vom Wording her nicht.Die Probleme sind Aufgabenverdichtung, Überlastungsanzeigen und stellenweise hohe Demotivation der Beteiligten. Gleichzeitig scheinen die Möglichkeiten, durch Veränderungen der Prozesse oder Automatisierung hier eine signifikante Verbesserung zu erreichen, sehr gering zu sein.

    Daher benötigen wir möglicherweise eine andere Art von Kompetenz, ich denke jetzt einfach mal etwas frei, die diese ganzen losen Enden wieder zusammen bringt, so ähnlich, wie in der IT-Welt mit Devons die damals völlig getrennten Kompetenzen der Entwicklung und Betrieb zusammengebracht wurden.

    Vielleicht den Agile Process Coach, der mit #Veränderungskraft #Teamentwicklung und hoher #Prozesskompetenz daran arbeitet, die Arbeitswelt der Verwaltung jeden Tag ein Stück besser zu machen. Mir scheinen Aspekte des Lean Managements übersetzt in die Verwaltungswelt dafür geeigneter zu sein. Aber man darf niemals #Lean sagen.

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