Oft taucht die Frage auf, was ist eigentlich Agilität. Nun, es gibt keine einfache Definition. Zumindest nicht in dem Sinne, wie wir den Begriff im Forum Agile Verwaltung verstehen. Agile ist für uns eine Geisteshaltung. Eine Geisteshaltung die Basis des agilen Manifests (der Softwareentwicklung) und den dort definierten 12 Prinzipien basiert. Wenn der Begriff Agilität aus der Softwareentwicklung stammt, was hat dies mit der öffentlichen Verwaltung zu tun? Dieser Frage müssen wir uns des Öfteren stellen. Werfen wir daher einen kurzen Blick auf das agile Manifest
Das Agile Manifest
Die Komplexität, mit der wir zu kämpfen haben, gewinnt täglich an Fahrt. Sie ist nicht neu. Sie war schon immer da. Neu ist aber, die extrem hohe Veränderungsgeschwindigkeit, mit der wir uns zunehmend auseinandersetzen müssen. Noch während wir Entscheidungen beraten, verändert sich die Faktenlage und wir müssen wieder umdenken. Diese Veränderung trifft nahezu alle Branchen, so auch die öffentliche Verwaltung. Ein extremes Beispiel durften wir im Rahmen der sogenannten Flüchtlingskrise erleben, die sich zu einer waschechten Verwaltungskrise ausgewachsen hat und über Monate hinweg sichtbar gemacht hat, wie wenig die öffentlich-rechtlichen Strukturen auf plötzlich auftretende Herausforderungen und extreme Veränderungen der Rahmenbedingungen reagieren können.
Mit einer ähnlichen Komplexität hat die Softwareentwicklung bereits seit einigen Jahren zu kämpfen. Und immer wieder stellten Softwareentwickler fest, dass klassische Denkweisen nicht geeignet waren und sind, die daraus resultierenden Schwierigkeiten zu lösen. Auch dort hatten Entwickler schwer mit überbordenden Prozessen und Hindernissen zu kämpfen, die mit der eigentlichen Entwicklungsarbeit wenig, bis gar nichts zu tun hatten und die Qualität bezogen auf das Ergebnis (im Sinne einer Zufriedenheit aller Beteiligten) schwer getrübt haben. Dies war Anlass genug für die Softwareentwickler, die Frage aufzuwerfen, wie sie trotz dieser Rahmenbedingungen zu besseren Ergebnissen im Sinne aller Beteiligten kommen.
Ihre Erkenntnis ist einfach zusammengefasst: Nur wenn alle Beteiligten (Entwickler, Kunden, Lieferanten) gemeinsam an einem Strang ziehen, kann es gelingen unter den Bedingungen höchster Komplexität echten Nutzen für alle Beteiligten zu stiften.
Aus dieser Erkenntnis entstand das Agile Manifest (ich habe im Folgenden zum Besseren Verständnis und zur einfacheren Übertragbarkeit den Begriff Software durch Dienstleistung ersetzt):
„Wir erschließen bessere Wege, Dienstleistungen zu entwickeln, indem wir es selbst tun und anderen dabei helfen. Durch diese Tätigkeit haben wir diese Werte zu schätzen gelernt:
- Individuen und Interaktionen mehr als Prozesse und Werkzeuge
- Funktionierende Dienstleistungen mehr als umfassende Dokumentation
- Zusammenarbeit mit dem Kunden mehr als Vertragsverhandlung
- Reagieren auf Veränderung mehr als das Befolgen eines Plans
Das heißt, obwohl wir die Werte auf der rechten Seite wichtig finden, schätzen wir die Werte auf der linken Seite höher ein.“ [Quelle: http://agilemanifesto.org/iso/de/manifesto.html]
Um Missverständnissen vorzubeugen: Die Autoren des Manifests verteufeln die rechte Seite nicht. Sie legen lediglich einen höheren Wert auf die Werte der linken Seite.
Agilität in diesem Sinne heißt, die soziale Dimension der Arbeit und Zusammenarbeit mit allen Beteiligten höher zu bewerten, als die rein technischen Aspekte. Prozesse und Werkzeuge sind Hilfsmittel, die von Menschen ausgeübt werden. Sie dürfen aber nicht zum Selbstzweck werden. Der Fokus liegt auf den Bedürfnissen aller Beteiligten und dem Stiften von Mehrwert oder Nutzen. Echtem Nutzen. Prozesse nur des Prozesses willen zu etablieren schafft keinen Nutzen. Eine umfassende Dokumentation eines Vorgangs löst das Problem nicht. Und obrigkeitsstaatlich von oben herab dem Bürger zu diktieren, was er zu tun und zu lassen hat, funktioniert in den meisten Fällen kaum – insbesondere dann, wenn wir auf seine Mitwirkung angewiesen sind. Agilität bedeutet, dass der Fokus der Arbeit nicht auf seitenlanger Befriedigung des bürokratischen Papierdrachens liegt. Bürokratie in diesem Sinne ist ein notwendiges Übel, dass es zwar braucht, aber das nicht zum Selbstzweck werden darf. Aber genau dies erscheint allzu oft der Fall zu sein.
Der eine oder andere erinnert sich vielleicht noch an den Blogbeitrag von Wolf Steinbrecher über die Online-Abwicklung der Fahrzeugabmeldung in einer Zulassungsstelle eines Landratsamts.
Fokus „Kundennutzen“
Auch wenn der Kundenbegriff nicht immer und nicht ohne Weiteres in der öffentlichen Verwaltung anwendbar zu sein scheint und bedauerlicherweise in der Vergangenheit viel Schindluder getrieben wurde, es geht letztendlich immer um den Fokus auf den Kunden oder Auftraggeber, der zu jeder Zeit in eingebunden werden soll. Kommunikation ist daher ein zentrales Element agiler Methoden – und zwar nicht nur innerhalb des Teams, sondern mit allen Projektbeteiligten. Der Auftraggeber wird beim Abschluss eines jeden Zwischenschritts informiert und hat die Möglichkeit, Rückmeldung zu geben. In dem bekanntesten agilen Projektmethodenansatz – Scrum – erfolgt dies immer am Ende eines Sprints (einer maximal vierwöchigen Planungs- und Arbeitsphase) als Teil des sogenannten Sprint Reviews.
Zurück zum Beispiel der KFZ-Zulassungsstelle – hätten die Kollegen in diesem Projekt bereits in einer frühen Projektphase auch „Kunden“ der Zulassungsstelle eingebunden, hätten sie sehr schnell gemerkt, dass der Prozess mehr Aufwand, statt weniger Aufwand für den Bürger erzeugt und er daher sicherlich nicht gewillt ist, den scheinbar bürgerfreundlichen Onlineservice zu nutzen. So hätte bereits in einer frühen Phase erkannt werden können, dass andere Möglichkeiten erschlossen werden müssen. Optionen, wären sie berücksichtigt worden, einen höheren erkennbaren Nutzen für die Zielgruppe erschlossen hätten.
Kundenfokus heißt auch – und da können wir noch sehr vieles aus der Lean-Welt lernen, insbesondere dort, wo die Grundideen des Toyota-Prinzips gelebt werden – Prozesse, Abläufe danach auszurichten, ob sie einen Nutzen für die Zielgruppe stiften. Es geht darum nicht in die Falle des Prozesses um des Prozesses willen zu tappen, sondern tatsächlich im jedem Schritt zu bedenken, welchen Weg ist der für die Zielpersonen, die damit Arbeiten müssen sinnvoll, einfach zu bewältigen und schafft tatsächlich einen Nutzen.
12 agile Prinzipien
Die Autoren des agilen Manifests haben basierend auf den oben genannten Werten 12 Prinzipien definiert, die diese Wertehaltung nochmals ausformulieren (zum besseren Verständnis habe ich auch hier die Softwarebegrifflichkeiten entsprechend ersetzt):
1. Unsere höchste Priorität ist es, den Kunden durch frühe und kontinuierliche Auslieferung unseres Produkts/unserer Dienstleistung zufrieden zu stellen.
Im klassischen Projektmanagement bekommt der Kunde üblicherweise das Endprodukt am Ende der Projektphase präsentiert. Agile Methoden wie Scrum, Kanban u. ä. folgen einem anderen Ansatz. Hier werden kontinuierlich, d. h. in regelmäßigen Abständen fertige Teilentwicklungen präsentiert und vorgestellt, um bereits in der Entwicklungsphase und vor allem früh, Rückmeldungen des Auftraggebers oder der Zielgruppe zu gewinnen, die ihrerseits wiederum in die Entwicklung einfließen können. Auf diese Art und Weise sollen Missverständnisse minimiert, neue Erkenntnisse berücksichtigt und verändernde Rahmenbedingungen bereits im Entwicklungsprozess selbst antizipiert werden. In der klassischen Entwicklung erfolgt die Auslieferung am Ende und dann passiert, was wir alle kennen: am Ende haben wir zwar, was wir bestellt haben – stellen aber fest, dass es nicht wirklich dem entspricht, was wir eigentlich bräuchten. Zu einen haben sich Rahmenbedingungen verändert, neue Erkenntnisse führen zu neu Bewertungen von Sachverhalten und v. m. Sprich, wir haben Zeit und Geld investiert, in etwas dass am Ende doch nicht dem entspricht, was wir benötigen.
2. Heiße Anforderungsänderungen selbst spät in der Entwicklung willkommen. Agile Prozesse nutzen Veränderungen zum Wettbewerbsvorteil des Kunden.
Folglich sind Änderungen der Anforderungen jederzeit willkommen, sie werden nicht als lästig empfunden. Ganz im Gegenteil: Das Ziel ist es, unter den gegebenen Rahmenbedingungen möglichst das Beste zu schaffen, das zum aktuellen Zeitpunkt für den Kunden/Auftraggeber den maximalen Nutzen stiftet. Ein agiler Grundsatz lautet: Scheitere früh, scheitere schnell. Je früher wir erkennen, dass etwas nicht zielführend ist, desto früher können wir Gegenwirken und den Kurs neu bestimmen.
3. Liefere funktionierende Produkte/Dienstleistungen regelmäßig innerhalb weniger Wochen oder Monate und bevorzuge dabei die kürzere Zeitspanne.
Die Punkte 1. und 2. können nur dann funktionieren, wenn die Ergebnisse in regelmäßigen und möglichst kurzen Abständen präsentiert werden. Scrum zum Beispiel sieht einen solchen Zyklus mit einer Gesamtlänge von maximal 4 Wochen. In jedem dieser Abschnitte wird ein voll „funktionsfähiger“ Teilaspekt präsentiert, getestet und begutachtet. Daraus lässt sich dann für die folgenden Schritte ableiten, ob und inwieweit Anpassungsbedarfe bestehen und neue Erkenntnisse ableiten, die dazu führen, am Ende eine bessere Leistung zu liefern.
4. Fachleute aus den verschiedenen Bereichen müssen während des Projektes täglich zusammenarbeiten.
Agile Teams sind interdisziplinäre Teams. Alle erforderlichen Funktionen, die zur Erstellung eines Produkts oder einer Dienstleistung erforderlich sind, sind Teil des Projektteams. Damit die Abstimmung im Team funktioniert, treffen sich die Teammitglieder täglich zu einer kurzen Abstimmungsrunde. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass jeder vom jedem weiß, was dieser gerade macht und wo es eventuell Überschneidungen, Probleme oder Unterstützungsbedarf gibt. Das Team „synchronisiert“ sich selbst. In aller Regel reicht dafür eine Timebox von ca. 15 Minuten aus.
Gerade bei den Problemstellungen, denen sich die öffentliche Verwaltung zu stellen hat, ist Interdisziplinarität zwischenzeitlich extrem wichtig geworden. Statt, dass wie bisher Fachbereiche in Silos abgekapselt ihre einzelnen Teilbereich abarbeiten, geht es darum auch gemeinsam das große Ganze im Auge zu behalten, sodass mögliche Probleme bereits in einer frühen Phase erkannt und bearbeitet werden können.
5. Errichte Projekte rund um motivierte Individuen. Gib ihnen das Umfeld und die Unterstützung, die sie benötigen und vertraue darauf, dass sie die Aufgabe erledigen.
Agile Methoden gehen davon aus, dass jeder von sich aus motiviert ist und deshalb auch in der Lage, nach bestem Wissen und Können seine Fähigkeiten in das Team einzubringen. Alles, was es hierfür braucht, ist ein geeignetes Umfeld, das den Rahmen hierfür bietet. Ein solches Team muss nicht an die Hand genommen werden, sondern braucht eine klare „Produktvision“, die es dann eigenständig umsetzt. Permanente Kontrolle wirkt in einem solchen Team kontraproduktiv. Das Team spricht von sich aus auftretende Probleme an und wird entsprechend an das Management herantreten, das die Rahmenbedingungen zu schaffen hat, wenn es das Problem nicht selbst beheben kann. Aufgabe des Managements oder der Führung ist es daher den Raum zu schaffen, der es dem Team erlaubt, sich voll und ganz auf seine Aufgabe zu konzentrieren. Im Gegenzug kann das Management darauf vertrauen, dass das Team die entsprechenden Aufgaben meistert. Hier zeigt sich, dass anderes als gerne kolportiert wird, mit agilen Methoden Führung obsolet wird. Ganz im Gegenteil. Aber Führung wird anspruchsvoller. Das Konzept der dienenden Führung (Servant Leadership) ist nicht ohne Grund im agilen Umfeld entstanden.
6. Die effizienteste und effektivste Methode, Informationen an und innerhalb eines Teams zu übermitteln, ist im Gespräch von Angesicht zu Angesicht.
Auch wenn es lapidar klingen mag – die Praxis zeigt, dass dies ein großes Thema ist: die Kommunikation von Angesicht zu Angesicht. Sicherlich kann mensch das eine oder andere per E-Mail oder über das Intranet kommunizieren. Aber bei komplexen Sachlagen ist die Kommunikation von Angesicht zu Angesicht nach wie vor der effizienteste und qualitativ beste Weg. Und da agile Methoden einen besonders hohen Wert auf Kommunikation legen, ist natürlich auch naheliegend, dass das Thema entsprechend gewürdigt wird.
Statt über Aktenvermerke und E-Mails langwierig zu kommunizieren, treffen sich agile Teams täglich. 15 Minuten sind ausreichend. Was ist seit gestern passiert, was ist für heute geplant und wo gibt es Herausforderungen sowie Bedarf für vertiefenden Informationsaustausch. So ist jeder im Team im Bilde. Gemeinsam wird am Ende der Woche geplant und eine in einer gemeinsamen Rückschau überlegt, was künftig verbessert werden kann. Informationen fließen schneller, das gemeinsame Verständnis wird verbessert. Durch die enge Kommunikation mit den Betroffenen – also auch mit dem Auftraggeber, Kunden, Beteiligten aus anderen Abteilungen durch regelmäßige „Rückschauen“ auf einen bestimmten Zeitraum erschließen sich Informationsquellen, die Aufschlüsse über Verbesserungspotenziale, Anpassungsbedarfe und mögliche Herausforderungen liefern. Aber auch das gemeinsame Verständnis aller Beteiligten wird deutlich verbessert, weil alle Beteiligten die Hintergründe besser verstehen. Das erleichtert vieles.
7. Funktionierende Dienstleistungen/Produkte ist sind das wichtigste Fortschrittsmaß.
Hier geht es darum möglichst einen Nutzen für den Auftraggeber bzw. für den Kunden zu schaffen. Dieser ist das Maß aller Dinge. Nicht die überkorrekt ausgefüllte Dokumentation, das exakte Reporting ist das Maß guter Projektarbeit, sondern einzig und allein das Ergebnis. Was haben wir von dem erreicht, was wir in diesem Planungszeitraum erreichen wollten. Wie oft wird gemessen, wie lange wer für was braucht und wie oft irgendetwas von a nach b geschafft wird – ohne jedoch drauf zu achten, was am Ende dabei herauskommt? Das Dokumentieren von Arbeitsschritten erscheint oft wichtiger, wie letztendlich das Ergebnis, dass erzielt worden ist. Diesem Ungleichgewicht stellt sich das 7. Prinzip entgegen.
8. Agile Prozesse fördern nachhaltige Entwicklung. Die Auftraggeber, das Team und die Nutzer der Dienstleistung sollten ein gleichmäßiges Tempo auf unbegrenzte Zeit halten können.
Agilität vermeidet falsches Heldentum, im Sinne von „Verausgaben“ (Überstunden, 12-Stunden-Arbeitstage oder gar nachts durcharbeiten sind tabu). Sämtliche agile Methoden und Ansätze gehen davon aus, dass ein kontinuierlicher, gleichbleibender Rhythmus gesünder und produktiver ist und bessere Ergebnisse zeitigt als „Hauruckverfahren“, die letztendlich dazu führen, dass die Beteiligten verbrannt werden und dauerhaft in Leistungstiefs fallen. Der regelmäßige Rhythmus gibt darüber hinaus die Möglichkeit, ein gewisses Maß an Verlässlichkeit zu schaffen und unnötigen Arbeitsdruck zu vermeiden. In diesem Sinne werden Arbeitsspitzen als Warnsignale verstanden, die darauf hindeuten, dass es irgendetwas nicht funktioniert und daher näher betrachtet werden muss.
9. Ständiges Augenmerk auf fachliche Exzellenz und gute Gestaltung der Arbeitsabläufe fördert Agilität.
Wesentliche Voraussetzung, damit dies alle funktionieren kann, ist – wie sollte es auch anders sein – dass jedes Teammitglied über einen hohen Grad an fachlichem, sozialen und organisatorischen Können verfügt. Nur so erkennt das Team Handlungsmöglichkeiten und auch Herausforderungen und kann adäquate Lösungen erarbeiten. Die kontinuierliche Weiterentwicklung der Teamfähigkeiten, der internen Arbeitsabläufe und die permanente Weiterentwicklung der „Werkzeugkiste“ ist Voraussetzung für die Agilität, da nur so auf die möglichen Veränderungen reagiert werden kann.
10. Einfachheit – die Kunst, die Menge nicht getaner Arbeit zu maximieren – ist essenziell.
Es mag im ersten Moment etwas kurios klingen, dass die Kunst darin besteht, die Menge der nicht getaner Arbeit zu maximieren. Aber beim genaueren Überlegen wird klar, was damit gemeint ist: Es geht darum, Nutzen zu stiften und unnötige Arbeiten zu vermeiden, die keinen Nutzwert schaffen. Statt vieler Zwischenschritte, die sich als unnötig erweisen, geht es darum, die Dinge möglichst einfach zu machen, zu „verschlanken“, wo es geht. Sprich: Alles „über Bord“ zu werfen, was nichts zum gewünschten Ergebnis beiträgt. D. h. auch zu hinterfragen, ob das was mensch tut, tatsächlich auch zum Ergebnis beiträgt oder nur aus „Tradition“ so gemacht wird. In eine ähnliche Richtung geht auch das 12. Prinzip, auf das wir noch eingehen werden.
11. Die besten Arbeitsrahmen, Anforderungen und Entwürfe entstehen durch selbstorganisierte Teams.
Agile Teams sind selbstorganisiert. Sie wissen am Besten, welchen Arbeitsrahmen sie zur Lösung brauchen und wie sie sich selbst organisieren, damit sie zusammenarbeiten können. Da sich das Team täglich mit dem gemeinsamen Thema auseinandersetzt, verfügt es auch über die Expertise, die es benötigt, um Anforderungen, Entwürfe und Arbeitsrahmen so zu gestalten, dass am Ende ein für alle befriedigendes Ergebnis herauskommt.
Das Team fixiert sich nicht auf Stellenbeschreibungen, die im Detail festlegen, wer was zu tun hat. Sondern das Team definiert sich über Rollen. Nehmen wir Scrum – eine der bekanntesten Methoden der agilen Produktentwicklung. Dort wird zwischen drei Rollen unterschieden. Mehr nicht. Es gibt einen sogenannten Scrum Master, der das Team begleitet, unterstützt und berät. Es gibt den Produkteigentümer, der innerhalb des Teams die Interessen des Auftraggebers vertritt und auch den Kontakt nach außen hin zum Auftraggeber sicherstellt und es gibt das Entwicklerteam. Das Entwicklerteam setzt sich aus allen Funktionen, die zu Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind zusammen. Alle verfügen im Idealfall über eine breite Grundkenntnis und jeweils Spezialkenntnisse, sodass jeder im Team andere Teammitglieder unterstützen können. Gemeinsam mit dem Scrum Master und dem Produkteigentümer bildet das Entwicklerteam ein Scrumteam.
12. In regelmäßigen Abständen reflektiert das Team, wie es effektiver werden kann und passt sein Verhalten entsprechend an.
Die kontinuierliche Verbesserung des Teams und seiner Zusammenarbeit ist von zentraler Bedeutung. Ein neues Team funktioniert nicht von Anfang an perfekt. Es muss sich finden. Es muss sich selbst entwickeln und es muss sich mit den sich verändernden Rahmenbedingungen entwickeln, wenn es sich einmal gefunden hat. Im Lean Management wurde der Begriff Kaizen geprägt. Die Idee des Kaizen spiegelt sich auch im agilen Manifest wieder.
Es gibt keine Perfektion, sondern immer nur die im Augenblick beste Lösung.
In diesem Sinne ist die kontinuierliche Weiterentwicklung ein zentrales Element, dem mit regelmäßigen Teamreflexionen Rechnung getragen wird. Zusammengefasst: Verbesserung heißt hier nicht einfach nur Prozesse und Strukturen fortzuentwickeln, sondern im ganzheitlichen Sinne voranzuschreiten. Die Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten, die soziale Ebene miteinzubeziehen und als eine der wichtigsten Stellschrauben zu sehen.
Resümee
Wie sich hoffentlich gezeigt hat, legt das agile Manifest einen großen Wert auf die soziale Dimension der Arbeit. Kommunikation zwischen allen Beteiligten im Sinne einer maximalen Nutzenstiftung für den Auftraggeber wird zum zentralen Kriterium. In der guten Zusammenarbeit aller Beteiligten liegt nach dieser Geisteshaltung die Lösung komplexer Sachverhalte, denen wir uns letztendlich nur Schritt für Schritt annähern können. Das agile Manifest erfindet das Rad nicht neu. Es führt nur verschiedene Erkenntnisse aus den verschiedensten Bereichen zusammen.
Agile Methoden in diesem Sinne, sind Hilfsmittel, die die Geisteshaltung des agilen Manifest mit Leben befüllen und unterstützen sollen. Aber nicht die Methode ist das Ausschlaggebende, sondern die Geisteshaltung. Eine Geisteshaltung, die sich offen gegenüber Veränderungen zeigt und alle Betroffenen zu Beteiligten macht. Aber nur so, lassen die künftigen Herausforderungen der öffentlichen Verwaltung stemmen und das Feld der Herausforderungen ist breit. Selbst der Teil, den wir bereits überschauen können. Ganz zu schweigen, die Teile die wir bei Weitem noch nicht überschauen geschweige denn erahnen können.
Eine aus meiner Sicht sehr umfangreiche Erklärung des agilen Manifests. Vielen Dank. Ich finde es dabei wichtig zu unterstreichen, dass die Autoren aus der Softwareentwicklung maßgeblich kommen und das auch der Schwerpunkt ist. Ich glaube auch, dass es mit dem Fokus nicht mehr zeitgemäß ist und habe einen Vorschlag, wie man es mit wenig Anpassungen universeller bekommt:
http://www.inspectandadapt.de/agiles-manifest-fuer-alle/
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