Zwischen Freiraum und Struktur

Zur Online Klausurtagung des Forum Agile Verwaltung

Als eine Gruppe von sechs außergewöhnlichen, verwaltungsbegeisterten und gleichzeitig verwaltungsgeschädigten Menschen 2016 auf die Idee kam einen Verein zu gründen, hätten sie niemals gedacht, dass es auf so viel Resonanz trifft. Die Idee: Agilität in der Verwaltung voranzutreiben.
Heute, vier Jahre später, hat der Verein einen rasanten Zuwachs bekommen. Neue Mitglieder, Anfragen, Ideen, Kooperationen – die Möglichkeiten sind so vielfältig wie die Verwaltung. Ja, die Verwaltung ist vielfältig. Die Mitglieder des Forums Agile Verwaltung e. V. kommen aus kommunalen und der Landesbehörden, aus Hochschulen und Universitäten, auch Kultureinrichtungen, Schulen, Vereinen und Unternehmen sind dabei. Es sind Sachbearbeiter und -bearbeiterinnen, Abteilungsleitungen, Amtsleitungen, Studenten und Studentinnen, Dezernate, Stabstellenverantwortliche, Beraterinnen und Berater, Projektverantwortliche und viele mehr. Alle suchen einen Ort, wo sie unter Gleichgesinnten und ohne auf Punkt und Komma achten zu müssen, ein bisschen spinnen können. Diesen „Safe Space“ finden sie im Forum Agile Verwaltung, in dem es oft um ernstzunehmende Ideen geht, ohne dabei den Spaß aus den Augen zu verlieren.

Vielfalt, Netzwerk, Dynamik
Diese Vielfalt, das Netzwerk und die Dynamik, die daraus entsteht, sind Fluch und Segen zugleich. In einer so vielfältigen und dynamischen Umwelt ist die Bedrohung oft nah, dass das Ganze implodiert. Die Stränge verknoten sich, der Motor überhitzt. Da stellt sich die Frage: Wer sind wir (noch)? Was treibt uns an? Wo kommen wir her und wo wollen wir hin?
In einer zwei Mal dreistündigen Online-Klausurtagung als virtuelles World Café gingen die Mitglieder diesen Fragen nach. Mit viel Gusto und ein bisschen Unterstützung des virtuellen Hausmeisters (und der virtuellen Hausmeisterin) entstand dabei ein klareres und auch neues Bild von den verbindenden Elementen, den Strängen, die das Forum Agile Verwaltung zusammenhalten.

Spannung zwischen Freiraum und Struktur
Während der Online-Klausur-Tagung war die Spannung zwischen Freiraum und Struktur ein zentrales Thema. Der Freiraum, den die Mitglieder im Forum genießen, bietet oftmals eine lang ersehnte Pause vom überbürokratisierten Verwaltungsalltag. Es muss nicht jede Entscheidung dreimal geprüft und bestätigt werden, bevor sie in die Umsetzung gehen kann.
Die Möglichkeit, unfertige Ideen einfach mal auszuprobieren, ohne sie genehmigen, die haushaltsrechtlichen, politischen, organisatorischen und verwaltungsablaufbedingten Konsequenzen durchdenken zum müssen, bietet eine willkommene Abwechslung. Dabei entsteht eine Projektvielfalt mit innovativen Ansätzen für die Verwaltung und Denkanstöße für die Mitglieder.
Mit einer wachsenden Anzahl an Projektideen leidet manchmal die Umsetzung. Die Ideationsphase wird noch vollumfänglich gefeiert, wenn es aber um die Prototypen geht, nimmt der Einsatz ab. Leicht traumatisiert von einer starren Projektplanung und endlosen Diskussionen vor Projektbeginn stellten sich die Mitglieder die Frage, wieviel Struktur notwendig ist? Welche Basis kann das FAV ehrenamtlichen Mitgliedern und Projektverantwortlichen bieten, sodass die Umsetzung der Ideen den roten Faden nicht verliert?

Wachstum bringt neue Herausforderungen
Eine weitere Herausforderung ist die Organisation der Mitglieder an sich: Wie können wir die wachsende Anzahl an Mitglieder unbürokratisch organisieren und gleichzeitig unseren offenen und lockeren Netzwerkcharakter beibehalten? Jede und jeder Einzelne soll sich weiterhin gut zurechtfinden. Hier stellt sich die Frage nach durchlässigen Strukturen und der Selbstorganisation.
Im Mittelpunkt steht das Bestreben, dass die Mitglieder sich selbst aussuchen können, wieviel und bei welchen Themen sie sich einbringen. Aber wie bauen wir das Netzwerk zukunftsfähig auf? Regional? Themenbezogen? Virtuell? Persönlich? Nach vielen Monaten vor dem Bildschirm ist der Wunsch, „echte“ Begegnungen zu haben, bei vielen Mitgliedern sehr groß. Gleichzeitig bieten Onlineformate die Möglichkeit, Menschen zu begegnen, mit denen die einzelnen Mitglieder im Alltag eher nicht in den Austausch gehen würden. Ein gut durchdachtes Onboarding, gepaart mit einer transparenten Übersicht über Mitmachmöglichkeiten, wurde von vielen Mitgliedern als die zentralen Säulen des Mitgliedermanagements gesehen.
Onboarding und Mitgliedermanagement, jetzt sind wir schon direkt im Sprachgebrauch, der viele Fallstricke beinhaltet. Dokumente, die Pflege brauchen. Zentrale Instrumente, die Verantwortliche brauchen. Eine wichtige Erkenntnis der Klausurtagung war, dass die Organisation des Forums einige zentrale Aufgaben hat, die Pflege brauchen und Aufwand bedeuten. Diese Aufgaben durch Prozesse, Aufgabenmatrix, Zuständigkeit (wieder so ein Wort) und vieles mehr so zu strukturieren, dass sie die Arbeit erleichtern, anstatt einfach zu verwalten ums Verwalten willen, wird das Forum noch einige Zeit begleiten.

Zusammenfassung Klausur 2. Teil in Bild und Wort…

Den Roten Faden behalten
Die Monate vor der Klausurtagung waren bestimmt von der Coronapandemie. Viele Verwaltungen mussten von heute auf morgen ihre komplette Kommunikation online stellen und schlugen sich mit virtuellen Tools, von denen viele nicht mal den Namen aussprechen können. Auch wir im Forum haben uns stark mit dem Thema virtuelle Tools beschäftigt und in der Klausurtagung kam das Thema zur Sprache. Wobei nicht so sehr die Tools im Mittelpunkt standen, sondern die Struktur dahinter. Wer macht was, mit wem? Wie kann ich mir einen Überblick schaffen, damit ich einsteigen kann? Wie wird über laufende Projekte kommuniziert? Vor allem neue Mitglieder haben an dieser Stelle eine Orientierungshilfe gewünscht in dem „FAV-Dschungel“. Fazit: Wir brauchen einen Kanal, wo alle neuen Ideen eingehen und so Information und Beteiligungsmöglichkeit unkompliziert angeboten werden. Transparenz in der Kommunikation, haben wir festgestellt, bedingt Einfachheit in den Strukturen.
Das Besondere am Forum Agile Verwaltung
Die gesammelten Erfahrungen, die vielfältigen Meinungen und die Offenheit für Diskussion und Kritik machen das Mitwirken zu einem Erlebnis. Es ist ein wichtiger Lernprozess der uns als Forum begleitet und jedes einzelne Mitglied ein Stück weiterbringt. In Hinblick auf unsere Mitgliederversammlung, die im Oktober stattfindet, werden wir die Ideen der Klausurtagung aufgreifen und zusammen mit den Mitgliedern an tragfähigen Lösungen arbeiten.

Autor: lilaasax

Lila Sax dos Santos Gomes ist freiberufliche Beraterin für mehr Gleichberechtigung in Verwaltungen und Unternehmen und CEO von Yarrow Global Consulting gGmbH.

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