„NExTcamp #2 – Verwaltung. Digital. Gestalten.“: Unter diesem Titel hat das Netzwerk NExT e. V. am 21. Januar 2021 zum zweiten Mal ein Barcamp für Menschen aus dem Öffentlichen Dienst veranstaltet. Zusammen mit Personen aus Wissenschaft und Forschung wurde über die „Behörde von morgen“ diskutiert. Wie im vergangenen Jahr hat sich das Forum Agile Verwaltung aktiv an dem Barcamp beteiligt.
Das Neue Steuerungsmodell ist tot, es lebe das Agile Steuerungsmodell?
Mit dieser pointiert formulierten Frage haben Wolf Steinbrecher und Peter Bauer dazu eingeladen, in einer der Sessions den Blick auf kommunale Steuerungsmodelle zu werfen. Ein wichtiges Thema, denn aktuell ist hier einiges in den Fluss geraten, nicht erst seit der Corona-Krise, aber sicher durch sie beschleunigt.
Für alle Fortentwicklungsbemühungen, für alle Ansätze die Verwaltung zu agilisieren, transparenter und bürgerorientierter zu machen, sie weiter für Beteiligung, Mitwirkung und Mitarbeit zu öffen braucht es
- einerseits die explizite Zustimmung und Förderung der obersten Steuerungs- und Führungsebenen, und
- andererseits Werkzeuge für die Kommunikation und Zusammenarbeit, Methoden für Steuerung und Zielfindung.
Mit anderen Worten: Es braucht ein Steuerungsmodell.
Lohnt sich die Beschäftigung mit dem Neuen Steuerungsmodell überhaupt?
Warum, könnte man fragen, soll man sich noch mit dem Neuen Steuerungsmodell (NSM) beschäftigen? Seinerzeit von der Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) in Anlehnung an das Tilburger Modell entwickelt, hat sich der Pulverdampf der Einführung längst gelegt. Das Modell ist mittlerweile fast 30 Jahre alt. Wäre es nicht besser, ein zukunftsweisendes Steuerungsmodell von Null an neu entwickeln? Die Antwort ist einfach: Vielerorts ist das NSM – wenigstens in Teilen – modus operandi. Da lohnt sich der Blick unter die Motorhaube durchaus; sei es auch nur um festzustellen, von wo aus man weitergehen kann.
Und weitergehen muss man. Zweifelsohne hat das NSM die Verwaltungslandschaft deutlich zum Positiven verändert. Klar ist aber auch, dass sich die Gesellschaft zwischenzeitlich rasend schnell fortentwickelt hat – und damit ihre Vorstellungen davon, was eine Verwaltung leisten, wie das Zusammenspiel von Verwaltung und Bürgern gestaltet werden soll. Als Stichwort seien hier nur die Diskussionen um Stuttgart 21 genannt.
Die Session
An den Anfang der Session wurde ein kurzer Einstieg in die Reformüberlegungen eines prominenter Players gestellt: Schon 2013 hat die KGSt einen Bericht veröffentlicht, in welchem die Fortentwicklung des NSM in Richtung eines „Kommunalen Steuerungsmodells (KSM)“ vorgestellt wird. Wie sich aber zeigt, lassen sich bei dem Reformkonzept – bei allen guten Ansätzen – weiterhin traditionelle Denkmuster finden:
- Die Ordnungskommune stellt immer noch der Nukleus, das Herz der Verwaltung dar.
- Die Verwaltung wird als solides Haus mit Dach (strategische Steuerung) und Baukörper (Management) gedacht, als etwas statisches und damit immobiles; nicht als etwas, was kontinuierlich fortentwickelt werden muss.
- Bürgerinnen und Bürger stehen nicht im Zentrum der Verwaltungsarbeit, sondern eher am Rande als Kundinnen und Kunden der einzelnen Produkte.
- Überlegungen zur Aufbauorganisation beinhalten immer noch die problematischen „Silo“-Strukturen.
- Gestaltung, Entwicklung und Steuerung werden als Führungsaufgabe – von oben nach unten – gedacht. In diesem Denken werden Mitarbeiter*innen geführt und Bürger*innen stellen Ansprüche an die Verwaltung; beide Gruppen sind nicht in einer gestaltenden, entwicklenden oder steuernden Rolle.
Seestern-Retrospektive zum NSM alias KSM
Ausgehend von diesem Befund wurde mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern – ganz agil – eine Seesternretrospektive zum Steuerungsmodell durchgeführt.

Zusammengefasst ist das Ergebnis der Retrospektive, dass
- das NSM nicht mehr durchgängig präsent ist,
- zentrale Elemente des NSM durchaus gelebt werden (beispielsweise sind bei vielen Produkten die Kosten bekannt, was Basis für die Gebührenerhebung ist),
- das NSM oft nicht vollständig umgesetzt worden ist.
Weiterentwicklungspotenzial besteht in Richtung
- Serviceorientierung,
- Fehlerkultur und
- Raum für neue Lösungen.
Wimmelbild „Agiles Steuerungsmodell“
Nach der Retrospektive richtete sich der Blick auf mögliche Weiterentwicklungen des Steuerungsmodells. Die Diskussion wurde befeuert durch ein Wimmelbild, in welchem verschiedene Vorschläge und Ideen für ein „Agiles Steuerungsmodell“ (so der Arbeitstitel) dargestellt waren.

Die Idee, Bürger*innen und ihre Anliegen in den Mittelpunkt zu stellen, sie ganzheitlich und nicht als Einzelfall zu betrachten, fand viel Anklang.
Für wichtig wurde erachtet, dass künftig transparenter, dezentralisierter, produktorientierter und selbstorganisiert gearbeitet und kommuniziert wird.
Ermutigende Beispiele in diese Richtung gibt es in Ängelhom/Schweden und in Estland.
Fazit
Viel zu schnell war die Zeit vorbei. Gerne hätte man weiter diskuktiert.
Das wäre aber andererseits unfair gewesen, denn es gab viele weitere Sessions, in denen Hochinteressantes diskutiert wurde. Deshalb folgender Vorschlag:
Diskutiert mit uns weiter!
und ganz besonders
- bei unserem „Barcamp – New Work in der Verwaltung 2023/2033“
Das Wimmelbild – super! 😉
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