Markus ist seit vielen Jahren Beauftragter für Bürgerschaftliches Engagement in seiner Stadt. Enthusiastisch war er an die Aufgabe herangegangen und wollte das Ganze professionell mit einem richtig guten Projektmanagement angehen. Projektmanagement ist schon seit vielen Jahren sein Steckenpferd.
Aber so einfach, wie scheint, ist es leider nicht. Wenn es um Projekte geht, bei denen die Bürger und Einwohner der Stadt beteiligt sind, das lernte Markus schnell, gelten andere Rahmenbedingungen als in klassischen Projekten, die er noch aus seiner Zeit in einem großen Unternehmen kannte. Hierarchische Beziehungen erweisen sich als kontraproduktiv, laterale Führung und intrinsische Motivation bekommen eine zentrale Bedeutung. Und umfassende, aufwendige „Spielregeln“, Reporting und alles was sonst zu einem „guten“ Projektmanagement als Grundlage gehört, ist gerade in diesen Projekten eher abschreckend. All die Regeln, Dokumente, Gremien – sie wirken allzu oft bürokratisch, schwerfällig und letztendlich frustrierend auf Freiwillige, die eine gemeinsame Vision zusammenbringt Auch ist es häufig schwierig, detaillierte Projektpläne zu erstellen, ist doch oft zu Beginn der Projekte unklar, was konkret im Projekt entstehen soll. Ständige Plananpassungen sind der Normalzustand. Es sind häufig ergebnisoffene Projekte. Das hatte er zu Beginn schwer unterschätzt. Und sich oft eine blutige Nase geholt. Also entscheidet er sich irgendwann, sich nach Alternativen umzusehen. Es muss doch einen Weg geben, der besser zu den Rahmenbedingungen passt. Einen Weg, der dem Team Raum lässt und in dem die hauptamtliche Kraft stärker in den Hintergrund tritt. Noch dazu – das ist seiner Meinung nach wichtig – braucht es frühe sichtbare Ergebnisse, damit die Motivation erhalten bleibt. Der Dialog zwischen allen Beteiligten, offen und transparent und immer auf Augenhöhe, das muss gewährleistet sein. Aber wie? Einen schlanken, auf Kommunikation und kontinuierliche Verbesserung ausgerichteten Ansatz. Das ist es, was es bräuchte.
Und da Markus als Projektmanagemententhusiast gut vernetzt ist, hört er sich in der PM-Gemeinschaft um. Dadurch hört er zum ersten Mal von Scrum. Einem Ansatz, der aus der Softwareentwicklung kommt. Ein Scrum-Team besteht aus einem Scrum Master, einem Product Owner (Produkteigentümer) und Entwicklerteam. Einen Projektleiter im klassischen Sinne gibt es nicht. Das lässt Markus aufhorchen. Das „Regelwerk“, so erfährt er, passt auf wenige Seiten. Und ist leicht anwendbar. Je mehr er sich mit Scrum beschäftigt, desto mehr merkt er, das könnte die Lösung sein.
Die Rolle des Scrum Masters – so überlegt er sich – wird von dem hauptamtlichen Teil des Projekts übernommen. Die Rolle des Product Owners übernimmt der Initativgründer. Das interaktiv-inkrementelle Vorgehen in Sprints von maximal 4 Wochen sorgt für schnelle Rückmeldungen und Ergebnisse. Die verschiedenen Aktivitäten, so lernt er, sorgen dafür, dass das Team sich beständig synchronisiert und selbst weiterentwickelt. Das gefällt ihm. Im Idealfall kann er sich dann als Scrum Master immer weiter aus dem Projekt zurückziehen. Er kann sich auf die Moderation des Prozesses beschränken und wird nicht gezwungen, als „Kontrolleur“ der Verwaltung den „Bösewicht“ zu mimen. Vielmehr kann er sich darauf konzentrieren, zu helfen und Probleme zu lösen. Ein paar „Anpassungen“, so stellt er fest, müssten vielleicht noch erfolgen, aber ganz sicher ist er sich dabei nicht. Einen Daily Scrum mit ehrenamtlichen Mitstreitern zu machen wird vermutlich nur sehr schwer möglich sein. Aber ein wöchentlicher Rythmus, reicht das? Auch dürften die Begrifflichkeiten den Einen oder Anderen etwas stören. Sie sind vielleicht doch etwas zu sehr an der Softwareentwicklung angelehnt. Ob es dafür auch Alternativen gibt? Oder ist es doch nicht problematisch?
Aber das sollte das kleinste Problem sein, denkt er sich. Und die Idee reift immer weiter. Deshalb entscheidet sich Markus eines Tages, mit Gleichgesinnten das Gespräch zu suchen. Er möchte erfahren, ob Andere – die wie er im bürgerschaftlichen Engagement tätig sind – ähnliche Gedanken haben und gewillt sind, den Gedanken weiterzuentwickeln. Und Markus ist überzeugt, Scrum und Bürgerschaftliches Engagement sind ein treffliches Paar. Der Anfang ist gemacht, denkt er sich. Es müsste doch einfach sein, weitere Mitstreiter zu gewinnen.
Was denken Sie? Hat er Recht? Lust bekommen, das Gedankenexperiment fortzuschreiben? Sie sind herzlich willkommen, mit uns zu diskutieren und Ihre Gedanken einzubringen. Nehmen Sie mit uns Kontakt auf oder schreiben Sie einen Kommentar. Wir würden uns freuen.
Ein Gedanke zu „Scrum und Bürgerschaftliches Engagement: Der Anfang eines Gedankenspiels“