Vor längerer Zeit bin ich zufällig im Blog von Stefan Wolpers über eine Idee gestolpert: Die Meta-Retrospektive.
Worum geht es genau? Der Scrum Guide definiert zum Ende jedes Sprints ein Ereignis, dass sich Retrospektive nennt. Die Retrospektive dient der Reflexion der Zusammenarbeit im Team. D. h. externe Teilnehmer sind nicht eingebunden. So wird ein sicherer Raum geschaffen, der es dem Team erlaubt, offen über die Herausforderungen, Schwierigkeiten und Defizite im operativen Tun zu sprechen und Verbesserungsmaßnahmen zu entwickeln. Die Anspruchsgruppen außerhalb des Teams sind in aller Regel über den Review in den Prozess eingebunden. Allerdings wird im Review über die Ergebnisse des Sprints gesprochen und reflektiert und nicht über die Zusammenarbeit zwischen Team und Anspruchsgruppen. Diese würde den Rahmen des Reviews sprengen, der dazu dient, konkretes Feedback zum Sprintergebnis zu generieren, dass bei der Planung des Folgesprints einfließen soll.
Was fehlt, ist ein Rahmen, in dem das Team mit Vertretern der Anspruchsgruppen gemeinsam reflektiert, wie die Zusammenarbeit zwischen Team und Interessensgruppen – also den diversen Anspruchsgruppen – funktioniert. Gerade diese Schnittstellen zu den verschiedenen Anspruchsgruppen können in der Praxis erhebliche Probleme und Reibungen erzeugen, die die Produktivität das Teams schmälern. Insbesondere dann, wenn ein agiles Team in eine – eher „klassische“ Umfeldstruktur eingebunden, die mit der agilen Arbeitsweise noch nicht vertraut ist, eine nicht zu unterschätzende Herausforderung. Genau hier kann eine Meta-Retrospektive die Lücke schließen.
Die Herausforderung besteht meist darin, dass der Teilnehmerkreis einer Meta-Retrospektive schnell sehr groß werden kann. Wie haben es nicht mit einem klar abgegrenzten Team mit maximal 9 Personen zu tun, sondern mit einem deutlich größeren Kreis von Personen. Schnell kommt man auf einen Teilnehmerkreis 15 und mehr Vertretern der unterschiedlichen Fraktionen. Da es in einem großen Plenum mit mehr als 8 Personen schwierig ist, produktiv ergebnisorientiert zu arbeiten, bieten sich – auf Gruppenarbeit basierende – Moderationstechniken an. Die Meta-Retrospektive sollte daher sehr gut vorbereitet sein und von einem erfahrenen Moderator begleitet werden, der auch die Fallstricke entsprechender Gruppendymamiken einordnen kann.
Auch bei der Meta-Retrospektive bietet sich an, sich an den fünf Phasen einer Retrospektive zu orientieren. Die Eröffnung erfolgt dann zum Beispiel im Plenum über ein Stimmungsbild in Form eines Raumdiagramms. Danach werden Gruppen bis zu acht Personen gebildet, die in die Phasen 2 und Phasen 3 jeweils reflektieren. Die Aufgabenstellung orientiert sich meist an den den entsprechenden Fragestellungen, wie wir sie in der Team-Retrospektive zur Anwendung bringen: Wobei der Fokus insbesondere auf der Zusammenarbeit liegt.
Hilfreiche methodische Ansätze finden sich zum Beispiel im Methodenkoffer der Liberating Structurs. Aber auch die Bearbeitung mit Großgruppenmoderationstechniken wie World Café bietet sich an.
Da Meta-Retrospektiven aufwendiger sind, macht es wenig Sinn, sie in derselben Häufigkeit stattfinden zu lassen, wie im Falle einer Team-Retrospektive. Trotzdem bietet sich an, diese regelmäßig durchzuführen, beispielsweise einmal im Quartal oder beim Erreichen eines „Meilensteines“. Es gibt immer etwas, was man verbessern und weiterentwickeln kann – auch in der Zusammenarbeit.