Der 4. und 5. November 2020 waren zwei ganz besondere Tage. Warum? Weil viele tolle, neugierige, aufgeschlossene, kreative und mutige Menschen unser neues Konferenzformat angenommen haben. Unsere Herbstkonferenz Agile Verwaltung – Willkommen in Agilhausen war unsere erste virtuelle Konferenz und wir sind dankbar, dass wir so unsere 6. Auflage durchführen konnten.
Damit haben alle gezeigt, dass die Verwaltung in Bewegung ist, die digitale Teilhabe einfach dazugehört und Agilität sehr gut passt. Das Netzwerk der Agilisten in der Verwaltung ist wieder ein Stück gewachsen.
Das zeigt auch das Ergebnis unserer Umfrage auf der Konferenz:

Die Teilnehmenden kommen aus ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz. In Form aktiver Netzwerkarbeit hat das Orga-Team ehrenamtlich die Konferenz auf den Weg gebracht und ein breites Themenspektrum auf die Beine gestellt. Nun hatten die Teilnehmenden die Qual der Wahl, welchen Themen sie sich widmen werden. Dank des virtuellen Formats war ein Wechsel zwischen den Sessions schnell und einfach möglich.
Willkommen in Agilhausen
Was wäre, wenn wir uns eine Verwaltung wie ein Baukastensystem zusammenstellen könnten? Wir würden gute Erfahrungen kombinieren mit innovativen Ansätzen. Wir würden neue Ideen ausprobieren und das Bisherige infrage stellen. Wir würden anfangen neu und laut über Zusammenarbeit, Vergütung, Gesundheit, Kooperationen, Haltung, Netzwerke und vieles mehr nachzudenken. Wir würden daraus unsere individuelle am Menschen ausgerichtete Organisation und somit Verwaltung entwickeln. Wir würden dort beginnen wo wir stehen und das Alte mit Neuem kombinieren. Wir sehen Selbstverständlichkeiten als den Sand im Getriebe an und verstehen Zeit als ein wertvolles Element. Das ist Agilhausen und das konnten die Teilnehmenden live erleben.

Was gibt es Neues aus der Agilen Verwaltung?
New Work im Bauhof Herrenberg – vom Start-up zum Preisträger
Bereits auf unserer Konferenz in Ettlingen im Februar hatten wir Stefan Kraus vom Bauhof in Herrenberg zu Gast. Alle waren so begeistert, dass wir unbedingt in die Fortsetzung gehen wollten.
Der Begriff New Work ist von der Bedeutung her so groß, dass sich viele Menschen schwer tun zu verstehen, was damit im eigentlichen Sinne gemeint ist. Doch was bedeutet das in der Praxis? Es ist ein steiniger und langer Weg, der sich lohnt zu gehen. Wenn die Menschen aktiv an der Zukunft der eigenen Arbeitsaufgaben arbeiten und die Rahmenbedingungen mitgestalten können, entsteht unglaublich viel Energie. Neue Ideen und kreative Lösungen werden geboren und umgesetzt.
Es ist mehr als nur ein Bauhof. Selbstorganisation wird in Herrenberg gelebt. Die Verantwortung liegt nun im Team und die Menschen machen es großartig. Die Kollegen sind motivierter und gestalten ihre Abläufe mit Leidenschaft. Auch die Eingruppierungen der Kollegen hat sich positiv verändert.
Aus dem Start-up ist nun ein Preisträger geworden. Das TUG Herrenberg hat den eGovernment Preis 2020 als bestes Modernisierungsprojekt gewonnen. Dazu gratulieren wir herzlich und sind sehr gespannt, wie es weitergeht.
Vorträge, Workshops, Vertiefungen, Café-Talk oder Lean-Coffee
An beiden Konferenztagen standen den Teilnehmenden viele Vorträge und Workshops zur Verfügung. Wer in ein Thema tiefer einsteigen wollte, konnte dies gemeinsam mit den Referierenden tun. Wer sich über Tratsch und Klatsch aus Agilhausen informieren wollte, ging ins virtuelle Lean-Coffee. Wer Lust auf einen Plausch in der Pause hatte, fand sich in dem virtuellen Café-Raum ein. Dank der virtuellen Plattform konnten wir echtes Konferenzfeeling erzeugen. Alle konnten sich frei in der virtuellen Welt von Agilhausen bewegen. Und wer Lust auf ein Vernetzung-Speeddating hatte, probierte es spontan aus.

Vergütung agil gestalten – Verbundenheit bedarf einer neuen Währung
Mit Britta Redmann hatten wir eine Expertin zu Gast, um Vergütung neu zu denken. Sind neue Arbeitsformen eine neue Währung?
Auf der einen Seite stehen die großen Herausforderungen durch die Digitalisierung, den demografischen Wandel und den Wertewandel. Auf der anderen Seite gewinnen die Wünsche, Bedürfnisse, Werte von Mitarbeitenden immer mehr an Bedeutung. Neue Arbeitswelten schaffen neue Arbeitsformen und die Rollen von Arbeitgebenden, Arbeitnehmenden und Betriebs -/Personalräten ändern sich. Zusätzlich verändert sich die Art und Weise, wie Aufgaben wahrgenommen werden.
Mitarbeitende sind nicht nur Aufgabenempfänger:innen, sie sind Partner mit der Fähigkeit, mit den modernen agilen Arbeitsformen positiv motiviert umgehen zu können. Daher steht Partizipation und Augenhöhe im Vordergrund, genauso wie agile Organisationsgestaltung. Der Umgang mit der Vergütung gehört zur Unternehmenskultur dazu. Das hat Auswirkung auf die Vergütungssysteme.
Es rücken neue Entlohnungsformen ins Blickfeld wie zum Beispiel das Wunschgehalt, das selbst gewählte Gehalt und die transparenten Gehälter. Das allein ist jedoch nur ein kleiner Teil. Durch neue Arbeitsformen und Möglichkeiten verliert ein rein finanziell geprägten Vergütungssystem seine Wirkung. Neue Arbeit braucht vielfältige Währungen, die vorteilhaft für Menschen und Unternehmen sind. Ein Arbeitsvertrag regelt im Grunde nur die Eckpunkte des Arbeitsverhältnisses. Wie wir jedoch die Zusammenarbeit ausgestalten, liegt in unseren eigenen Händen. Die Möglichkeit selbstorganisiert zu arbeiten, mitzubestimmen, Handlungsspielräume geben und nutzen, Entscheidungsfreiheit zur Verfügung stellen, Wahlmöglichkeiten der zeitlichen Ausgestaltung der Zusammenarbeit und vieles mehr sind neue und wichtige Bausteine eines zukunftsfähigen Vergütungssystems. Das bedeutet: „Agiler Spirit: Vergütung ist mehr als Geld – mit Emotion Verbindung schaffen!“
Agile Zusammenarbeit ist vielfältig

Agile Zusammenarbeit ist vielfältig und zieht sich wie ein roter Faden durch die Verwaltung.
Müssen es immer hundertseitige Konzepte sein? Ganz klare Antwort: Nein. Einfach anfangen und gemeinsam fit für die Zukunft werden durch einen kooperativen Wissenstransfer. Markus Schönell zeigte eindrucksvoll „Nur wer die Grundlagen der digitalen Welt beherrscht, kann sie verstehen und sich richtig in ihr bewegen. Wir lernen von uns für uns.“ Mit dem „Digital Buddy“ trifft er den Zahn der Zeit. Eine echt geniale Lösung, bei der der Mensch konsequent im Fokus steht. Es muss nicht immer groß sein. Oft sind es die kleinen Dinge, die uns wirklich weiterbringen. „Starte klein, aber starte!“ ist sein Fazit mit Blick in die Zukunft.
Gesundes Arbeiten ist komplex weiß Eliane Obrist. Wie gesund ist agil? Diese Frage lässt sich nicht mit einem Satz beantworten. Die Auswirkungen auf uns Menschen sind vielfältig. Daher sind ein ganzheitlicher Ansatz und ein neuer Blickwinkel erforderlich. Neue Arbeitsformen bringen neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit und erfordern jedoch eine stärkere Achtsamkeit. Selbstfürsorge wird wichtiger denn je, um sich in selbstorganisierten Teams nicht selbst zu überfordern. Mehr Vielfalt bringt auch mehr Spannungen zwischen uns Menschen, die durch gute Kommunikation gelöst werden können. Das ist nur ein kleiner Ausschnitt. Er zeigt jedoch, dass es nicht damit getan ist Agilität einfach so einzuführen. Es gehört viel mehr dazu Agilität wirklich und ganzheitlich zu leben.
Nun sind wir nicht allein auf der Welt und wissen auch nicht alles. Manchmal benötigen wir die Unterstützung von weiteren Expertinnen und Experten, die nicht aus unserer Verwaltung kommen. Wie findest du Unterstützung, wenn das öffentliche Vergabeverfahren manchmal zu unflexibel ist? Mit dem agil.ageement hat Thomas Molitor einen kooperativen, partnerschaftlichen und, aus Sicht von Verwaltungen, innovativen Ansatz vorgestellt. Auftraggeber und potenzieller Auftragnehmer gehen einen kleinen Teil des Weges. Dann wird entscheiden. So wissen alle Beteiligten von Beginn an, auf welche Reise sie sich gemeinsam einlassen.
Wie kann eine Customer Journey im öffentlichen Dienst aussehen? Die Antwort darauf hatte Michael Sost. Er zeigte, welche Bedeutung der Menschen (als Beteiligter oder Kunde) in der Dienstleistungsentwicklung hat. Hier spielt das Prozessdenken eine wichtige Rolle. Ein wichtiges Werkzeug ist dabei die Customer Journey Map, die die Bedürfnisse der beteiligten Menschen an dem zu entwickelnden Dienstleistungsprozess sichtbar macht. Sehr eindrucksvoll und toll dargestellt, das finden auch die vielen Besucher dieses Vortrages.
Agile Kultur kann mehr, dass haben Christopher Vila, Henning Mohr und Jasmin Vogel vom Netzwerk Agile Kultur an vielen Beispielen dargestellt. Das Denken und Handeln in Netzwerken sind in der Kultur stärker ausgeprägt, als in klassischen Verwaltungsstrukturen. Der aktive Wissenstransfer ist fester Bestandteil in Kulturorganisationen und ein Garant für kontinuierliche Weiterentwicklung. Damit können Kulturorganisationen die Innovationstreiber und Vorreiter für die Verwaltung der Zukunft sein.
Was hindert Frauen (und oft auch Männer) in herkömmlichen Strukturen Führungsaufgaben zu übernehmen? Und welche neuen Möglichkeiten entstehen für die persönliche Entwicklung wie auch für die öffentliche Verwaltung als Arbeitgeberin, wenn sich das Führungsverständnis im Sinne einer Agilen Führung wandelt? Die Antwort auf diese Fragen hat Birgit Schiche in ihrem Workshop Agile Führung – eine Chance (nicht nur) für Frauen mit den Teilnehmenden erarbeitet.
Wie können wir Agil priorisieren? Gibt es eine einfache Methode, die auch in Zeiten von Homeoffice durch die Nutzung von Collaboration-Tools funktioniert? Auch hier wieder die ganz klare Antwort: Ja. Christian Konz zeigt mit der Methode „Big Wall“ wie einfach es sein kann, sich einem komplexen Thema innovativ zu widmen. In dem Workshop fanden sich die Teilnehmenden zusammen und konnten gleich loslegen. Damit konnten die Teilnehmenden das Agile Prinzip „Einfachheit“ sofort erleben und erste Ergebnisse erarbeiten.

„Nichts ist selbstverständlich“ so lautete die Botschaft als Impuls aus Agilhausen von Falk Golinsky. Es gilt aufmerksam und achtsam zu sein. Das ist eine wichtige Voraussetzung, um Zusammenarbeit neu zu denken.
Ich könnte jetzt einfach weiterschreiben und von den vielen tollen Impulsen und dem roten Faden durch eine Agile Verwaltung und somit durch Agilhausen berichten. Doch stöbert selbst durch die Präsentationen, die euch die Referierenden zur Verfügung gestellt haben. Die Dokumentation wird in den kommenden Tagen hier weiter aufgebaut. Schaue rein, es lohnt sich.
Disskussionen im Plenum
Zum Abschluss des ersten Konferenztages haben wir mit Britta Redmann und Stefan Kraus diskutiert, ob neue Arbeit in der Verwaltung, ein Umdenken in der Vergütung benötigt? Ja, es braucht ein Umdenken. Jedoch darf das Thema Vergütung nicht an erster Stelle in der Entwicklung stehen. Es gehört dazu, wenn die Organisation reif dazu ist. Das bedeutet, dass der Weg der agilen Transformation durchaus seine Zeit braucht. Je nach Entwicklung kann es durchaus möglich sein, nach zwei oder drei Jahren das Themenfeld Vergütung anzugehen. Dafür gibt es jedoch keine Blaupause. Zeit ist definitiv ein wichtiger Bestandteil eines neuen Vergütungssystems. Auch die leistungsorientierte Bezahlung hat durchaus seine Berechtigung, wenn es fair und transparent umgesetzt wird. Jedoch darf es hier kein Gießkannenprinzip geben. In Herrenberg begeben sich die Kolleginnen und Kollegen dafür in einen moderieren Prozess und entscheiden selbstorganisiert und gemeinschaftlich ob und wie viel ein leistungsorientierter Vergütungsbestandteil gezahlt wird. Das war vor einigen Jahren undenkbar. Jetzt gehört es dazu und zeigt deutlich den hohen Reifegrad der Organisation und der vertrauensvollen Unternehmenskultur.
Zum Abschluss der Konferenz stand die Frage im Raum „Wie sieht die Verwaltung in 10 Jahren aus?“ Es sind unterschiedliche Blickwinkel und Erfahrungswerte, die hier Einfluss haben. Wenn wir den Blick in die Zukunft wagen dann sind es viele Aspekte, die eine Rolle spielen. Spontan haben die Teilnehmenden diese Aspekte gesammelt. Wir haben es auf der Dokuseite festgehalten.
Traditionen leben
Auch wenn wir uns virtuell zu unserer Konferenz zusammengefunden haben, war es uns ein Bedürfnis Traditionen zu pflegen. So haben wir unsere Kudowand in die virtuelle Welt mitgenommen. Die Vernetzung und der Austausch wurden in virtuellen Räumen gepflegt und zwei bekannte Gesichter haben die Konferenz eröffnet. Das traditionelle „Konferenz-Du“ gehört natürlich auch dazu.
Die Dokumentation über Twitter gehört zu den guten Traditionen unserer Konferenz. Schau unter #FAV2020, was die Teilnehmenden über und aus der Konferenz berichteten.
Was sagen die Teilnehmenden?
„Es war mir wirklich eine Freude. Ihr habt da ein tolles Format auf die Beine gestellt. Ich muss sagen, das war bis jetzt die beste online Veranstaltung, an der ich teilgenommen habe.“
„Besten Dank für eine weitere tolle und inspirierende Konferenz im anderen Format.“
„Die Plattform ist sehr angenehm – man kann durchs Haus schlendern und fühlt sich fast physisch anwesend.“
„Danke schön für neue Impulse, neue Kontakte, Eure tolle Arbeit. Super Format! Online Prämiere gelungen :-)“
„Danke für die tollen Angebote“.
„Wirklich gut – für mich überraschend – war das Keynote-Thema am ersten Tag. Bauhof ist nicht meine „Ecke“, aber was da passiert ist schon!“
„Gerade das Thema Beschaffung wurde mit sehr vielen guten Praxis Tipps in der Session gestaltet. Vielen Dank. Das hilft mir gerade sehr weiter!!“
„…vielen vielen Dank nochmals für diese tolle Konferenz! Ich konnte wirklich ein paar sehr spannende Impulse … zu agilen Methoden in der öffentlichen Verwaltung mitnehmen.“
„Freue mich, das Forum agil lernen und lehren gefunden zu haben!“
„Die Überleitung zur ersten Key Note absolut großartig. Sehr witzig und so charmant. Danke“
„Vielen Dank für die interessante Tagung und ein dickes Kompliment auch von meiner Seite an die Organisation und Durchführung! Solche virtuellen Anlässe sollte es mehr geben, so muss man als Schweizer nicht weit reisen … :-)“
„…super Sache war das! … Ich finde, es ist ein klasse Konferenzformat, mit engagierten Teilnehmern.“
„… ein großes Kompliment für diese Konferenz! Nicht nur inhaltlich aber auch organisatorisch top!“
„Es hat sehr viel Spaß gemacht und mich begeistert, wie viele Interessierte und Pioniere es doch gibt. Das beflügelt mich sehr in meinem Tun und inspiriert auch.“
„Danke für die tollen und spannenden Themen! Mir ist es manchmal leider etwas schwergefallen, mich bei den einzelnen Slots zu entscheiden. Aber ich habe es sehr begrüßt, online spontan zwischen den Sessions auch wechseln zu können. :-)“
„Toll, dass es euch gibt. Bitte macht weiter so!“
Ein großes Dankeschön
Ein großes Dankeschön geht an die vielen fleißigen Unterstützer, Helfer, Impuls- und Ratgeber und unseren Sponsor.
Vielen, vielen Dank.
Nach der Konferenz ist vor der Konferenz
Die nächste Konferenz und spannende Themen sind bereits im Gedanken vorhanden. Wir werden dazu bald berichten.
Das ist ganz wunderbare Zusammenfassung der Konferenz, lieber Falk, und die geteilten Inhalte kann ich gut nutzen, um inhouse anderen Kolleginnen und Kollegen davon anschaulich zu berichten.
Ich fand es wirklich bestens organisiert – auch die Zweiteilung in halbe Tage war gut – das digitale Format fordert die Aufmerksamkeit doch noch einmal anders.
Ich bin gespannt, unter welchem Stern die nächste Runde steht…
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