In den ersten Praxisbeispielen Agile Methoden im nicht-agilen Umfeld und Umgang mit Veränderung waren diverse Methoden und Aspekte agilen Arbeitens bereits ein Thema. All diese methodisch-organisatorischen Ansätze zeichnen sich dadurch aus, dass sie agiles Arbeiten ermöglichen ohne in Widerspruch oder Konkurrenz zur gegebenen Struktur einer Behörde zu treten. Sie stellen Bestehendes nicht in Frage und können Wege öffnen ohne Brücken abzubrechen:
- bereichsübergreifendes Abstecken des Feldes mit gemeinsam festgelegten Kriterien
- klare Rahmen und feste Struktur von regelmässigen Takt- oder Koordinationssitzungen und die Arbeitsphasen dazwischen
- Funktionstandems aus Linie und Stab, die gemeinsam aus ihren unterschiedlichen Blickwinkeln doch gemeinsam für je ein Themengebiet verantwortlich sind,
- Zwischenergebnisse, die jeweils eigenständig nutzbar sein sollen auf dem Weg zum Endprodukt,
- temporäre Teams als Lösungsansatz und Lernplatz im Umgang mit Veränderung
Ergänzen lässt sich diese Liste als weiteres Beispiel auch mit dem Aspekt der ‚etappierten Zuständigkeiten‘:
In einem, nennen wir es „Verlaufsteam“ finden sich verschiedene Anspruchsgruppenvertretende – und das heisst ja immer auch Experten – zusammen. Sie haben sich bereits darauf eingelassen, gemeinsam an einer Problemlösung, an einem Geschäft, an einem Querschnittsthema oder an einem Projekt zu arbeiten. Sie haben im Rahmen des Anliegens aufgrund oder gar anstatt ihrer Funktionen geklärte Rollen erhalten. Selbstverantwortliche Teams ohne innere Hierarchien sind ein hoher Anspruch. Es gehört viel gegenseitiges Vertrauen dazu. Auch ist das eigene Arbeiten ohne vorgesetzten Anführer und ohne untergeordnete Ausführer durchaus nicht einfach so machbar, wenn man andere Strukturen gewöhnt ist und gelernt hat, sich auf Hierarchien zu verlassen. Hier braucht es neben dem Willen auch durchaus Übung, Erfahrung und Zeit zum Lernen. Wo soll die nun herkommen?
In Anerkennung der unterschiedlichen Expertisen der verschiedenen Mitglieder eines Verlaufsteams könnte anstelle eines selbstorganisierten Teams ohne Lead, je nach dem derzeitigen Arbeitsschwerpunkt des Teams, der Lead wechseln. Geht es zum Beispiel um eine Konzeptentwicklung, könnte während der Voranalyse und der Erhebung des IST-Zustands eine Person aus dem Stab den Lead übernehmen und die Arbeiten des Teams koordinieren. Wenn die inhaltliche Modellentwicklung ansteht, wandert der Lead weiter an ein Teammitglied mit der entsprechenden Fachlichkeit – die anderen arbeiten ihr zu. Sobald es darum geht, das nun schon recht weit gedrungene Konzept umsetzungs- oder publikationsreif zu machen, übernimmt mit Unterstützung des Teams jemand aus dem Amt, das später hauptsächlich umsetzen wird oder aber vielleicht ein Teammitglied aus dem Referat Öffentlichkeitsarbeit den Lead. Schon sehr früh, bei der Konstituierung des Teams, können solche Überlegungen eine Rolle spielen und den Umsetzungsaspekt verankern.
So bleiben hierarchische Sockel zwar erhalten, sie passen sich aber adaptiv – oder gar agil? – der jeweiligen Phase der Erarbeitung sinnvoll an. Alle Mitglieder des Verlaufsteams haben durch den wechselnden Lead ein vertieftes Wissen zum laufenden Geschäft. Die Zusammenarbeitsform wechselt, aber alle sind mal Teammitglieder, mal im koordinierenden Lead.
Im besten Fall bildet das Vertrauen. In jedem Fall konzentriert es die Arbeiten auf das Ziel und das Produkt hin. Seine Bedürfnisse stehen im Vordergrund und seine Umsetzung ist im Fokus – beide bestimmen die innere Organisation des Teams.
Im Idealfall führt die etappierte Zuständigkeit vielleicht sogar auf Dauer dazu, dass sich eine hierarchiefreiere selbstorganisierte Zusammenarbeit ohne Bedarf nach Leads einstellt.