
Jede Organisation hat einen Verbesserungsmuskel. Wie jeder andere Muskel muss der Verbesserungsmuskel regelmäßig trainiert werden, damit er nicht verkümmert. Wenn in einer Organisation der Verbesserungsmuskel regelmäßig trainiert wird, dann ist das Weiterentwickeln und Reflektieren in der Organisation fester Bestandteil des Arbeitsalltags. Damit meine ich, dass auf allen Ebenen einer Organisation das permanente Reflektieren, Weiterentwickeln der Abläufe und Prozesse und der Zusammenarbeit aller Akteure ganz selbstverständlicher Teil des alltäglichen Handelns ist. Das Bewusstsein und alle Sinne sind geschärft, immer auf der Suche nach Möglichkeiten, die Dinge besser Gelingen zu lassen. Kaizen – als die Philosophie des permanenten Lernens und Weiterentwickelns – ist für mich daher selbstverständlicher Teil der agilen Organisationskultur – auch und gerade in der öffentlichen Verwaltung.
Was sind Verbesserungen?
Wenn ich von Verbesserungen spreche, dann meine ich nicht, was Gunther Duck in „Heute schon einen Prozess optimiert“, Campus 2022 als Effizienzneurose beschreibt, die die Effektivität des Handelns nahezu ausblendet.
Verbesserungen dürfen nicht zulasten der Ergebnisqualität gehen. Ganz im Gegenteil, sie tragen dazu bei, dass die Qualität des Ergebnisses besser wird. Und sie müssen sich auch daran messen lassen, dass für die Beteiligten das Leben leichter machen.
Prozesse vom Ergebnis kommenden Denken
Wenn wir Verbesserungen erzielen wollen, bedeutet dies, dass wir unsere Abläufe und Prozesse von „rechts nach links“ betrachten. Wir stellen uns beständig die Frage, für wen machen wir etwas und was braucht der Nächste in der Kette, um nahtlos mit unseren Zwischenergebnissen weiterzuarbeiten. Im Fokus steht, was es braucht damit wir zum gewünschten Ergebnis kommen. Wir nähern uns vom Ergebnis kommend unseren Prozessen und Abläufen an. Reflektieren beständig, was es braucht, damit die Dinge gelingen können und wie wir sie noch besser gelingen lassen können. Wir richten unser Augenmerk drauf, was wirklich notwendig ist und was wir weglassen können, weil es keinen Nutzen stiftet.
Gerade deshalb ist die regelmäßige Reflexion unserer Zusammenarbeit und der Ergebnisqualität so wichtig. Das beständige Hinterfragen, was wollen wir für wen und weshalb erreichen und was braucht es wirklich, um das zu liefern, dass wirklich einen Nutzen stiftet. Wenn wir das konsequent über die ganze „Kette“ tun, macht es allen Beteiligten einfacher, dort anzuknüpfen und weiterzuarbeiten. Es schont die Nerven aller Beteiligten.
Wie Routinen, Visualisierung und Richtung uns dabei helfen können, den Verbesserungsmuskel zu stärken
Dieses Hinterfragen gelingt am besten, wenn wir es beständig und immer wieder einüben, sodass wir ohne lange nachzudenken zu müssen, sofort sehen, wo wir Verbesserungspotenziale haben. Wenn wir einen gut durchtrainiert Verbesserungsmuskel haben, fällt uns leicht, weil wird durch beständig Übung fokussiert auf der Suche nach Verbesserungsmöglichkeiten sind und diese erkennen. Reflexionsroutinen wie in die agilen Retrospektiven und im Review am Ende jeder Iteration sind nur zwei typische Beispiele hierfür. Die Verbesserungs- und Coaching-Kata unterstützt diese Routine ebenso. Unser Bewusstsein ist geschärft und die Suche nach Optionen ist Teil unseres alltäglichen Handelns und Denkens. Regelmäßige Reflexionen im Sinne als Routinen fördern den Verbesserungsmuskel. Wenn wir in der gemeinsamen täglichen Sychronsiation im Team als Ritual darüber sprechen, was uns aufgefallen ist und wo wir ein Möglichkeit sehen, etwas einfacher zu machen, über Hindernisse sprechen und wie wir diese angehen ist dies bereits ein erster Schritt. Ein gelungenes Beispiel ist für mich immer wieder die Arbeitsweise im Herrenberger Bauhof. Beständig wird mit offenen Augen nach Möglichkeiten gesucht, wie man Dinge besser machen und weiterentwickeln kann. Wie können wir uns als Mitarbeiter das Leben leichter machen, gleichzeitig bessere Ergebnisse für die Abnehmer unserer Arbeit erreichen und dabei auch noch knappe Geld- und Zeitressourcen einsparen, ist dort ein zentraler Leitsatz. Das funktioniert in allen Bereichen der öffentlichen Verwaltung. Nicht nur im Bauhof, wie das Beispiel eines Kulturamts belegt, dass ich selbst miterleben durfte.
Damit wir die Chance haben, Verbesserungen zu entwickeln, müssen wir das Implizite explizit machen. Nur was wir sehen und wahrnehmen, können wir auch steuern und bearbeiteten. Mit Obeya und Kanbanboard zum Beispiel können wir wichtige Informationen visuell sichtbar machen und auf diese Weise Zusammenhänge erkennen. Wir erhalten durch sie die Chance, Blockaden zu erkennen und zu identifizieren. Die Visualisierung hilft zu verstehen, wo es Engstellen gibt und welche Auswirkungen sie haben können.
Wenn wir Verbesserungen entwickeln, brauchen wir einen Referenzpunkt, der unseren Bemühungen Richtung gibt, damit wir erkennen können, was wir wie verbessern wollen, damit wir uns fokussiert auf die Themen konzentrieren können, die unsere Organisation voranbringen. Eine Möglichkeit hierzu zum Beispiel der Nordstern, der uns jeder Zeit erlaubt, eine Standortbestimmung vornehmen zu können.
Resümee
Verbesserungen fallen nicht vom Himmel. Es braucht ein Bewusstsein, um Potenziale zu erkennen und Verbesserungen überhaupt erst als solche zu identifizieren. Der Verbesserungsmuskel der Organisation will trainiert sein, damit er sein volles Potenzial entfalten kann. Routinen, Visualisierung und eine Richtung sind wichtige Faktoren für das Trainieren des Verbesserungsmuskels in einer Organisation. Ausdauer und Beständigkeit sind wie bei einem Langstreckenläufer das Ergebnis beständigen Trainings durch aktives Tun. Nur wenn wir den Verbesserungsmuskel unserer Organisation regelmäßig trainieren, schaffen wir das notwendige Bewusstsein und Verständnis.
Ein spannender Artikel über ein sehr wichtiges Thema!
Herzlichen Dank dafür!
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